Was nun, Hamburg?

Von Stefan Moser
Hamburgs Mladen Petric verletzte sich gegen Hertha BSC am Sprunggelenk
© SPOX

Unfassbar, bitter, dramatisch, einfach nur traurig: Die Hamburger reagierten geschockt über das Hinrunden-Aus von Torjäger Mladen Petric. Der 28-Jährige hatte sich am Sonntag gegen Berlin am Sprunggelenk verletzt und wurde am Mittwoch bereits operiert. Der HSV rechnet frühestens im Dezember mit der Rückkehr des Kroaten.

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"Das ist die größte Tragödie, die passieren konnte. Nun wird es brutal schwer, oben zu bleiben", war selbst David Jarolim fassungslos über die Schwere der Verletzung. Der Kapitän des Tabellen-Zweiten neigt gewöhnlich nicht zur Hysterie, doch nach dem Kreuzbandriss von Paolo Guerrero Anfang September fehlt dem HSV nun der komplette erste Sturm.

"Nun sind unsere beiden Top-Stürmer lange verletzt, das tut richtig weh. Ich kann es kaum glauben. Es wird sehr hart, das aufzufangen, denn solche Spieler kann man nicht ersetzen", sagt Jarolim.

Labbadia verteilt die Verantwortung

Die einzig verbliebene Vollzeitkraft aus der Abteilung Attacke ist Marcus Berg. Doch der schwedische Neuzugang konnte die Erwartungen bisher noch nicht erfüllen. Nach guten Ansätzen zu Saisonbeginn wirkte der 23-Jährige zuletzt häufig unsicher und verkrampft.

"Ich lasse nicht zu, dass jetzt alles nur auf ihn schaut, wir müssen das als Mannschaft auffangen", verteilte Bruno Labbadia am entsprechend die Verantwortung. Die Hauptlast aber trägt zunächst wohl der Trainer selbst. Immerhin muss er eine ganze Reihe offener Fragen beantworten.

Wird der HSV noch ein Stürmer verpflichten?

Aktueller Stand: Nein. "Wir haben den Markt sondiert, und es ist nicht geplant, noch jemanden dazu zu nehmen", sagte Bruno Labbadia am Mittwoch zur "Bild". Hamburg darf bis zur Winterpause nur noch vereinslose Profis unter Vertrag nehmen. Der vermeintlich Beste unter ihnen ist Ebi Smolarek (31). Der Ex-Dortmunder trainierte bereits zehn Tage lang auf Probe mit dem HSV - und fiel durch.

Weitere Stürmer ohne laufende Verträge wie Mark Viduka (33 / zuletzt Newcastle),  Sylvain Wiltord (35 / Marseille) oder Christian Vieri (36 / Bergamo) oder Henri Camara (32 / Stoke City) haben zwar durchaus klangvolle Namen, sind aber teilweise seit Monaten ohne Spielpraxis und trainieren nicht unter Wettkampfbedingungen. Damit wären sie für den HSV aber im besten Fall nur mittelfristige Lösungen. Labbadia: "Ihnen fehlt einfach der tägliche Mannschaftsbetrieb."

Wie will der HSV die Ausfälle kompensieren?

Bruno Labbadia muss also mit dem vorhandenen Spielermaterial eine Lösung finden. Sein größtes Problem dabei: die mangelnde Torgefährlichkeit. Piotr Trochwoski macht traditionell zu wenig aus seinem starken rechten Fuß, die Schusstechnik von David Jarolim ist in Hamburg ebenso ein Running Gag wie die Strafraum-Panik von Jonathan Pitroipa. Immerhin hat der bis eher torungefährliche Ze Roberto auf seine alten Tage die Lust am Tore schießen entdeckt.

Das Prädikat "Torjäger" verdient aber allenfalls noch Eljero Elia. Der 22-Jährige war in dieser Saison vom Flügel aus bereits zwei Mal erfolgreich. Im vergangenen Jahr spielte er schon bei Twente Enschede in der Regel im Sturm und erzielte dabei immerhin neun Liga-Tore - obwohl er auch dabei meistens eher über außen kam. Entsprechend ist Elia wohl auch Labbadias erste Option als Sturmpartner von Berg.

Um den freien Platz im linken Mittelfeld würden sich dann wohl Pitroipa und Marcell Jansen streiten: Nach auskurierter Verletzung feierte der Nationalspieler am Dienstag sein Comeback in der 2. Mannschaft. Möglicherweise wechselt auch Trochwoski wieder auf die linke Seite. Dort machte der 25-Jährige bislang seine besten Spiele. Außerdem käme er dort häufiger mit Rechts zum Abschluss - und könnte deutlich mehr Torgefahr erzeugen.

Theoretisch denkbar ist auch die Umstellung auf ein System mit Berg als einziger Spitze. Trochowksi oder Ze Roberto könnten in einem 4-2-3-1 das offensive Zentrum besetzen, Elia, Romeo Castelen oder Pitroipa wären die geeigneten Außen. Allerdings gilt Labbadia in Systemfragen nicht als besonders experimentierfreudig. Vom bevorzugten 4-4-2 wird er wohl nur im Notfall abrücken.

Wer könnte aus der zweiten Reihe noch nachrücken?

Mit Maxim Choupo-Moting hat Hamburg seinen wohl talentiertesten Nachwuchs-Stürmer nach Nürnberg ausgeliehen. Mit Tolgay Arslan und Tunay Torun stehen noch zwei 19-Jährige im Kader, die zwar beide ihre Qualitäten in der Offensive haben, jedoch keine gelernten Stürmer sind. Arslan kam im Sommer von den Dortmunder Amateuren, erhielt in der Vorbereitung die eine oder andere Chance, konnte sein Bundesliga-Tauglichkeit bislang aber nicht unter Beweis stellen.

Torun dagegen überzeugte in dieser Saison bereits in der ersten Halbzeit gegen Tel Aviv und stand zuletzt auch bei der Hertha die vollen 90 Minuten auf dem Platz.

Einen Ruf als Knipser hat er bislang jedoch nur in der Regionalliga: In der Hamburger Zweiten erzielte er immerhin drei Treffer in fünf Spielen, für die Profis ist dagegen noch ohne Torerfolg. "Jetzt bin auch ich gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen. Sollte ich wieder spielen, werde ich das in jedem Fall versuchen", übt der gebürtige Hamburger schon mal verbal seine neue Rolle als potentieller Hoffnungsträger.

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