Bayern: Fehlendes Konzept? "Lächerlich"

SPOX
12. November 200914:00
Die starken Männer des FC Bayern München: Karl-Heinz Rummenigge, Uli HoeneßGetty
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Das "SZ"-Interview von Philipp Lahm hat beim FC Bayern München hohe Wellen geschlagen. Am Montag musste der Nationalspieler in Uli Hoeneß' Büro zum Rapport und entschuldigte sich anschließend für den Weg an die Öffentlichkeit.

Der Inhalt stand aber weiter im Raum und führte zu einer Diskussion, ob Lahm mit seiner Kritik an Transferpolitik und Vereinsphilosophie Recht hat. "Ich sage Ihnen: Lahm hat in fast allen Punkten unrecht", sagt Hoeneß jetzt in einem Interview mit der "Zeit".

Dass dem FC Bayern ein langfristiges Konzept fehle, findet der scheidende Manager einfach nur "lächerlich". Franz Beckenbauer habe die einzig richtige Antwort gegeben. "Das System ist überhaupt nicht entscheidend, denn eine gute Fußballmannschaft muss verschiedene Systeme spielen können. Die Spielphilosophie bestimmt der Trainer."

Barcelona? "400 Millionen Euro Schulden: super Philosophie!"

Die von Lahm als positive Beispiele genannten Großvereine wie der FC Barcelona, FC Arsenal oder Manchester United wischt Hoeneß rigoros weg. Barcelona? "400 Millionen Euro Schulden: super Philosophie!"

Arsenal? "Können Sie mir sagen, wann die zuletzt einen internationalen Titel geholt haben? Arsene Wenger hat, soviel ich weiß, noch nie einen internationalen Titel gewonnen. Tolles Beispiel!"

ManUtd und das Festhalten an Alex Ferguson in Krisenzeiten? "Hat nach dem Kauf durch die Glazer-Familie 700 Millionen Euro Schulden. Außerdem ist das sehr lange her, die Zeit würde der Trainer heute auch nicht mehr bekommen."

Hinter Lahms Kritik steckt Roman Grill

Noch mehr als die Inhalte des Lahm'schen Interviews nerven Hoeneß aber die Umstände: "Lahm liegt zu 90 Prozent falsch, und jetzt sage ich Ihnen, wer dahintersteckt: Roman Grill, sein Berater, der ja auch mal hier gearbeitet hat, will seinen Mandanten positionieren - als Kapitän, als Führungsfigur."

Auf Grill ist Hoeneß überhaupt nicht gut zu sprechen, denn der hatte auch behauptet, dass Lahm schon zwei-, dreimal beim Vorstand gewesen sei und die Dinge angesprochen habe. "Wenn Lahm nur einmal bei mir gewesen wäre, hätte ich mich mit ihm auseinandergesetzt. Wir wollen mündige Spieler! Aber er war nie da", so Hoeneß.

Einen schlechten Einfluss soll Grill auch auf Michael Rensing haben, der am Mittwoch über seinen Abschied aus München sprach. "Auch unser Torwart Michael Rensing gibt, seit Grill sein Berater ist, plötzlich jede Woche ein Interview - und was für ein Schmarren er erzählt hat! Die letzten Chancen hier erster Torwart zu werden, hat er sich durch die Interviews genommen. Das kann es doch nicht sein", schimpft Hoeneß.

"Dummes Zeug"

Auch Lahms Kritik am fehlenden Weitblick bei den Transfers und ganz besonders bei den Verpflichtungen von Arjen Robben und Mario Gomez tut der 57-Jährige als "dummes Zeug" ab. "Mit Robben kann man auch 4-4-2 spielen."

Und im Fall Gomez? "Da sage ich, wir vom Verein haben noch nie einen Spieler gekauft und nachher selbst aufgestellt. Wir waren der Meinung, wenn wir den kaufen, wird er spielen. Was jetzt passiert, widerspricht ja dem, was landläufig geglaubt und uns nachgesagt wird, nämlich dass wir Druck machen auf den Trainer, damit Spieler zum Einsatz kommen."

Geht van Gaal zu weit?

Druck bekommt Trainer Louis van Gaal von außen. So viel wie noch nie zuvor in seiner Karriere, wie Hoeneß verrät. Im Moment sucht der Niederländer noch nach dem Weg zum Erfolg in München und wird von den Bossen genau beäugt.

"Wir haben gewusst, dass er Disziplin einfordern würde. Ob er nun in manchen Bereichen zu weit geht, ist eine Frage, die wir noch zu beantworten haben", sagt Hoeneß. Aber er hofft, dass sich alle Beteiligten an die Situation anpassen und es am Ende funktioniert.

"Ich bin der Letzte dieser Art"

So wie die Entwicklung des FC Bayern unter seiner Führung. Angefangen hat Hoeneß 1979, als der Verein einen Umsatz von zwölf Millionen Mark machte und sieben Millionen Schulden hatte.

"Aber nun ist das ein Laden mit 300 Millionen Euro Umsatz. Wir haben ein Stadion für 340 Millionen gebaut, ich gehe davon aus, dass es spätestens in zehn Jahren abgezahlt ist. Dann ist der FC Bayern der gesündeste Verein der Welt."

Wer den Verein dann führen wird, ist noch offen. Mit Christian Nerlinger sei schon ein passender Mann da und andere sollen noch kommen. Denn 30 Jahre am Stück würde heute keiner mehr in diesem Geschäft bestehen, sagt Hoeneß. "Die Zeit ist vorbei, ich bin der Letzte dieser Art."

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