Zum zweiten Mal in Folge sicherte sich der 1. FC Nürnberg die Bundesliga-Zugehörigkeit über die Relegationsspiele. Auch in der kommenden Saison geht es für den Club um nichts anderes als den Klassenerhalt. Kein leichtes Unterfangen, bedenkt man doch, dass allein sechs Leihspieler die Franken verlassen. Der Kader von Trainer Dieter Hecking wird kräftig umgebaut.
Dass es beim 1. FC Nürnberg nicht leicht werden würde, wusste Dieter Hecking, als er die Franken im Dezember 2009 auf Tabellenplatz 17 mit vier Punkten Rückstand auf den Relegationsrang übernahm.
Dass es "das schwerste Jahr" seiner Karriere werden würde, ahnte Hecking aber wohl noch nicht. Erst in der Relegation sicherte sich der Club den Klassenerhalt und verhinderte damit im letzten Moment den Abstieg.
Was wird aus Pinola?
Den zu vermeiden, ist auch für die kommende Saison das vorrangige Ziel in Nürnberg. Leichter als in der abgelaufenen Spielzeit dürfte dies für den Club aber auch in der neuen Saison nicht werden.
Denn: Aus dem aktuellen Kader stehen, Stand heute, die Leihspieler Breno, Andreas Ottl, Havard Nordtveit, Marcel Risse, Mikael Tavares und Eric Choupo-Moting nicht mehr zur Verfügung.
Zudem ist die Zukunft der Leistungsträger Javier Pinola (Vertrag läuft aus), Ilkay Gündogan und Dennis Diekmeier (Interesse anderer Klubs) noch nicht abschließend geklärt.
Drei Neue schon verpflichtet
"Der Kader wird ein neues Gesicht bekommen", sagt Hecking deshalb. "Es ist immer schwierig, Dinge zu versprechen. Aber eines ist sicher: Wir werden ein Team haben, das von Anfang an in der Lage ist, in der Bundesliga zu bestehen."
Drei Neuzugänge stehen bereits fest: Almog Cohen (21, Mittelfeld) kommt von Maccabi Netanya, Rubin Okotie (22, Sturm) von Austria Wien und Julian Schieber (21, Sturm) auf Leihbasis vom VfB Stuttgart.
Wer noch dazu kommt, hängt auch vom Finanziellen ab. Der Abstieg 2008 hat ein Loch im mittleren einstelligen Millionenbereich in die Club-Kassen gerissen, die nun auch mit Transferüberschüssen wieder gefüllt werden sollen.
Vom einen oder anderen Akteur will und muss sich Nürnberg also noch trennen, auf einigen Positionen will und muss der Club allerdings auch noch etwas tun. Eine Bestandsaufnahme nach Mannschaftsteilen.
Tor
Aktuell: Raphael Schäfer, Alexander Stephan
Perspektivspieler: Dominik Brunnhübner, Daniel Batz
Im Tor ist der Club für einen Abstiegskandidaten mit Schäfer als Nummer eins ausgezeichnet besetzt. Der 31-Jährige ist der Führungsspieler schlechthin bei den Franken und leistete sich in der abgelaufenen Saison nur wenige Patzer.
Dahinter wartet mit Stephan ein talentierter Keeper auf seine Chance, ohne allerdings Ansprüche zu stellen. Daniel Klewer hat seine Karriere endgültig beendet. Dennoch hat Nürnberg im Tor keinen Bedarf.
Die Abwehr: Ein Schwede oder doch wieder Breno?
Das Mittelfeld: Ottl soll bleiben, ein Ex-Nürnberger zurückkehren
Der Angriff: Vieles hängt an Charisteas
Innenverteidigung
Aktuell: Dominic Maroh, Andreas Wolf
Perspektivspieler: Tomasz Welnicki, Philipp Wollscheid
Weil Breno nach ein paar Spielen in der Rückrunde ausfiel, war die defensive Sicherheit dahin. Maroh und Wolf machten ihre Sache zwar ordentlich, leisteten sich allerdings auch regelmäßige Aussetzer. Eine komplette Saison auf hohem Niveau ist beiden nicht unbedingt zuzutrauen, zumal Kapitän Wolf nach seinem Kreuzbandriss im Sommer 2008 nie an die Klasse vergangener Tage anknüpfen konnte.
Mit Welnicki und vor allem Wollscheid hat Club zwar zwei Talente und mit Pinola (bei Verbleib) eine Notlösung in der Hinterhand, doch die Verantwortlichen wissen, dass sie etwas tun müssen und sondieren den Markt.
Was sollte sich tun? Ein gestandener, bundesliga-tauglicher Innenverteidiger muss auf jeden Fall noch kommen.
Kandidaten:
Per Nilsson (27, 1899 Hoffenheim): Ist der absolute Wunschkandidat beim Club. Spieler und Verein sind sich einig. "Fakt ist: Ich will nicht irgendwohin wechseln, sondern zum FCN", sagte Nilsson der "Abendzeitung". Zwischen den beiden Klubs laufen noch Verhandlungen um die Ablösesumme.
Breno (20, Bayern München): Die Münchner planen mit ihm. Aber: Sollte Breno nach seinem Kreuzbandriss Anlaufschwierigkeiten offenbaren, käme der Club für ein erneutes Leihgeschäft infrage.
Außenverteidigung
Aktuell: Pascal Bieler, Javier Pinola (beide links), Dennis Diekmeier (rechts), Juri Judt (links und rechts)
Perspektivspieler: Marvin Plattenhardt
Mit Pinola und Diekmeier hat der Club zwei starke Spieler auf den Außenbahnen. Bei beiden ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob sie auch im kommenden Jahr in Nürnberg spielen.
Pinola liegt ein neues Vertragsangebot vor, aber auch zahlreiche Anfragen anderer Klubs. Diekmeier wäre schon in der Winterpause fast nach Wolfsburg gewechselt. Bieler und Judt fehlt die Klasse, konstant gute Leistungen abzurufen. U-17-Europameister Plattenhardt ist wohl erst mittelfristig eine Alternative.
Was sollte sich tun? Gehen Pinola und/oder Diekmeier, müssen die Nürnberger annähernd gleichwertigen Ersatz verpflichten. "Wir hätten einen Plan B in der Hinterhand", sagt Hecking. Bleiben beide, besteht kein Handlungsbedarf.
Kandidaten:
Steven Cherundolo (31, Hannover 96): Vertrag in Hannover läuft aus. Würde gerne in Niedersachsen bleiben, konnte sich aber noch nicht mit 96 einigen. Hecking kennt ihn aus seiner Zeit bei H96 noch bestens.
Stanislav Angelow (32, Energie Cottbus): Lehnte ein Vertragsangebot von Energie ab und verlässt Cottbus nach drei Jahren. Wäre in der Defensive vielseitig einsetzbar.
Das Tor: Die richtige Mischung
Das Mittelfeld: Ottl soll bleiben, ein Ex-Nürnberger zurückkehren
Der Angriff: Vieles hängt an Charisteas
Defensives Mittelfeld
Aktuell: Ilkay Gündogan, Juri Judt, Peter Perchtold, Almog Cohen
Perspektivspieler: Jonatan Kotzke
Aktuell die größte Baustelle beim Club. Broich und Mnari wurden abgegeben, bei Tavares ließ man die Kaufoption verstreichen und Ottl muss zurück zu den Bayern. Heißt: Weil Gündogan etwas offensiver stärker ist, Judt als Rechtsverteidiger besser zurechtkommt und Perchtold keine Rolle mehr spielt, hat Nürnberg momentan mit dem unerfahrenen Cohen nur einen echten Sechser im Kader.
Aber: Hecking ließ in der Rückrunde teilweise sogar mit drei defensiven Mittelfeldspielern agieren, hat nun jedoch kaum Optionen. Zumal hinter Gündogan zahlreiche Klubs (u.a. Leverkusen) her sind. "Ich rate ihm von einem Wechsel ab. Bei uns kann er seine Schule fertig machen und sich auf dem Platz weiterentwicklen", sagt der FCN-Coach.
Was sollte sich tun? Ein erfahrener Mann muss noch kommen. Plant Hecking mit einer Doppelsechs wäre wohl ein weiterer Neuer, der Youngster Gündogan und Neuling Cohen entlasten kann, notwendig.
Kandidaten:
Andreas Ottl (25, Bayern München): Kehrt nach einem halben Jahr nach München zurück, wird's aber dort schwer haben. Nürnberg würde ihn gerne halten (Hecking: "Wir haben die Dinge angeschoben"). Ottl selbst hält sich noch bedeckt.
Jens Hegeler (22, Bayer Leverkusen): War zuletzt von Leverkusen an Augsburg ausgeliehen und ein Grund für die starke Saison des FCA. Muss nun allerdings zurück zu Bayer und könnte erneut verliehen werden.
Offensives Mittelfeld
Aktuell: Mike Frantz, Ilkay Gündogan, Marek Mintal, Albert Bunjaku, Christian Eigler
Gegen Ende der Saison setzte Hecking häufig auf ein 4-1-4-1-System, in dem die gelernten Stürmer Eigler und Bunjaku in der offensiven Vierer-Mittelfeldreihe agierten. Auch für die kommende Spielzeit ist diese Ausrichtung durchaus eine Variante.
Allerdings: Durch Risses Rückkehr nach Leverkusen und den Verkauf von Gygax fehlen dafür die Alternativen, sollte sich eine der Offensivkräfte verletzten oder nicht in Form sein.
Nicht ernsthaft in Betracht kommt mit dem aktuellen Personal ein System mit einem zentralen offensiven Mittelfeldspieler. Denn: Gündogan ist am besten, wenn er zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld pendelt und Routinier Mintal fehlte zuletzt die Durchschlagskraft.
Was sollte sich tun? Auf Teufel komm raus muss der Club im offensiven Mittelfeld nicht nachbessern. Ein Spieler mit Perspektive (ähnlich wie Risse) für die Außenbahn wäre allerdings von Vorteil.
Kandidat:
Michael Görlitz (23, Halmstads BK): Rechter offensiver Mittelfeldspieler. War schon in der Winterpause ein heißer Kandidat in Nürnberg. Wurde in der Club-Jugend ausgebildet. Auch Leverkusen und St. Pauli sollen interessiert sein. Sagt: "Es gibt von einigen Vereinen Interesse und ich möchte jetzt den nächsten Schritt machen."
Das Tor: Die richtige Mischung
Die Abwehr: Ein Schwede oder doch wieder Breno?
Der Angriff: Vieles hängt an Charisteas
Angriff
Aktuell: Albert Bunjaku, Christian Eigler, Julian Schieber, Rubin Okotie, Isaac Boakye, Angelos Charisteas
Perspektivspieler: Niklas Hörber
Eric Choupo-Moting war zuletzt im Sturmzentrum gesetzt, kehrt nun allerdings nach einem Jahr Ausleihe zurück nach Hamburg. Mit Schieber und Okotie wurden dafür gleich zwei talentierte Angreifer verpflichtet, wenngleich vor allem bei Okotie wegen einer langen Verletzungspause noch offen ist, wie schnell er in der Bundesliga Fuß fasst.
Keine Verwendung mehr hat Nürnberg für Angelos Charisteas. "Es ist besser, wenn man sich trennt", sagt Hecking über den Griechen, der sich mit einer guten WM möglichst für andere Klubs interessant machen soll. Der Vertrag von Boakye läuft aus, auch er darf gehen.
Ob die Franken im Angriff noch etwas machen, hängt zum einen davon ab, ob und für wie viel Geld Charisteas verkauft werden kann und in welchen System Hecking für die kommende Spielzeit plant.
Was sollte sich tun? Zweimal hat der Club im Angriff bereits zugeschlagen, ein weiterer Stürmer kommt wohl nur, wenn sich kurzfristig ein Schnäppchen realisieren lässt. Mit der aktuellen Besetzung steht man zumindest ordentlich da.
Kandidat:
Eric Choupo-Moting (21, Hamburger SV): Überzeugte in der Endphase der Saison als einzige Spitze. Muss nun wieder zurück zum HSV, wo Coach Armin Veh allerdings nicht mit ihm plant. Gibt's eine kostengünstige Lösung, könnte er nach Nürnberg zurückkehren. Auch über Sami Allagui von Nachbar Greuther Fürth wurde bereits spekuliert.
Das Tor: Die richtige Mischung
Die Abwehr: Ein Schwede oder doch wieder Breno?
Das Mittelfeld: Ottl soll bleiben, ein Ex-Nürnberger zurückkehren