SPOX: Wie kam Ihr Leistungssprung bei der WM 2010 zustande?
Friedrich: Nach dem Abstieg und der harten Kritik in Berlin ist bei der Nationalmannschaft plötzlich eine unglaubliche Last von mir gefallen. Wenn der Kopf frei ist und man soviel Vertrauen und Unterstützung von den Trainern bekommt, dann nimmt eben alles einen ganz anderen Lauf. Außerdem habe ich erstmals ein Turnier auf der Innenverteidigerposition spielen dürfen, das hat mir auch viel Auftrieb gegeben. Ich bin innen nun mal sehr viel stärker als außen.
SPOX: Nie wieder Rechtsverteidiger?
Friedrich: Man soll nie nie sagen, aber ich denke, ich habe mich jetzt in der Mitte etabliert.
SPOX: Worüber Sie auch sehr froh sind.
Friedrich: Definitiv. Gegenüber der Zeit, in der ich als Rechtsverteidiger angefangen habe, hat sich das Spiel sehr verändert. Ich komme noch aus der Zeit, als man teilweise noch mit Dreierkette gespielt hat. Da war der Außenverteidiger noch auf die Defensive beschränkt. Jetzt gibt es Spielertypen wie Philipp Lahm, die permanent Druck nach vorne machen. Ich bin in punkto Ausdauer nicht der Stärkste. Dafür bin ich schnell, zweikampfstark und habe mittlerweile ein gutes Passspiel. Das sind alles Stärken, die man in der Innenverteidigung besser gebrauchen kann. Ein Flankengott bin ich nie gewesen.
SPOX: Wie oft haben Sie sich Ihr Tor gegen Argentinien noch mal angesehen?
Friedrich: (lacht) Nur einmal! Ja, gut. Es war jetzt kein Fallrückziehertor. Meine Freundin hat mir damals dazu gratuliert, dass ich den Ball reingestolpert habe. War schon witzig, aber egal: Es war mein erstes Länderspieltor. Den Fluch hätte ich damit besiegt.
SPOX: Gibt es für Sie einen WM-Bonus?
Friedrich: Nein, den will ich auch nicht haben. Jogi Löw weiß schon, was er an mir hat. Der Spieler, der die beste Form hat, soll spielen. Es gibt nur ein Ziel: den Erfolg.
SPOX: Wie war der Kontakt zum DFB während der Verletzungspause?
Friedrich: Der war immer da. Man hat telefoniert und sich ab und an auf Veranstaltungen getroffen. Das zeichnet auch den DFB-Stab aus: Auch wenn es mal für einen Spieler nicht so läuft und er längere Zeit nicht dabei ist, reißt der Kontakt nicht ab.
SPOX: Zum Italien-Spiel gehören Sie wieder zum Aufgebot.
Friedrich: Ja, der Trainer hat mich am Dienstag angerufen. Er hat mich gefragt, wie es mir geht, und dann haben wir uns darauf verständigt, dass ich wieder dabei bin.
SPOX: Italien in Dortmund.
Friedrich: Ja, da war was. Man kann natürlich so ein Spiel wie das Halbfinale 2006 nicht wieder gut machen. Es hat sich in diesen vier Jahren auch unglaublich viel getan. Wir sind im Aufbruch, die Italiener im Umbruch. Ich freue mich auf einen Klassiker.
SPOX: Zuletzt hat Holger Badstuber neben Per Mertesacker in der Innenverteidigung gespielt, was gewissermaßen ein Generationenwechsel war. Haben Sie überhaupt Chancen, diesen Zweikampf gegen einen Jüngeren zu gewinnen?
Friedrich: Mats Hummels darf man auch nicht vergessen, der spielt eine überragende Saison. Ich denke trotzdem, dass ich Chancen habe. Man hat bei der WM gesehen, was ich kann. Für den Trainer zählt nur die Leistung, egal wie alt man ist. Die Besten sollen spielen. Es ist doch toll für den deutschen Fußball, dass wir so viele Alternativen haben.
SPOX: Wenn Sie Michael Ballack wären - würden Sie sich das noch mal antun?
Friedrich: Michael hat den Anspruch, es allen in Deutschland noch mal zu zeigen. Es wurde so viel gesprochen, so viel gemutmaßt. Braucht man ihn, braucht man ihn nicht? Dieses Hin und Her habe ich nicht verstanden. Wenn er körperlich fit ist und seine Leistung bringt, dann gehört er ganz klar in die Nationalmannschaft.
SPOX: Komischerweise war die Diskussionen um Ballack selten sachlich. Es ging mehr um Macht und Hierarchie und weniger um das Sportliche. Konnten Sie das als Interner überhaupt nachvollziehen?
Friedrich: Das wurde teilweise zu heiß gekocht. Aus der Kapitänsfrage wurde viel mehr gemacht, als eigentlich war. Philipp Lahm hat damals lediglich gesagt, dass er die Möglichkeit auch in Zukunft wahrnehmen wird, Kapitän zu sein. Er hat ja nie gesagt: Ich bleibe jetzt Kapitän. Meiner Meinung nach hat man damals ein Thema gesucht und auch gefunden. In der Mannschaft war das dagegen nie Thema. Michael hat uns ja auch besucht. Das zeigt doch, dass er dazu gehört.
Teil 1: Arne Friedrich über seine Verletzung und den VfL Wolfsburg