Baustelle 1: Der Cheftrainer-Posten
Es gleicht einem seltsamen Schauspiel, das seit der Jahreswende in Hoffenheim zu beobachten ist. Als Reflex auf die Trennung vom allzu forschen Ralf Rangnick rief der Verein trotz eines sicheren Mittelfeld-Platzes den Kampf um den Klassenerhalt aus. Als Nachfolger Marco Pezzaiuoli jedoch dämmerte, dass ihm die Vorsicht als Ängstlichkeit ausgelegt wird und er auch bei den Spielern nur über eine geringe Glaubwürdigkeit verfügt, versuchte er sich plötzlich in der Rhetorik seines Ex-Chefs Rangnick.
Um sein Profil zu schärfen und sich neu zu positionieren, suchte er wahlweise den Konflikt mit etablierten Spielern (Simunic), verteilte Geldstrafen (Salihovic), sprach Suspendierungen aus (Simunic und Salihovic) und gab in der Öffentlichkeit schlagartig den ambitionierten Vorsatz aus, Sechster werden zu wollen. Das alles wirkte jedoch aufgesetzt, weswegen er sich mit seinem Aktionismus fast schon selbst karikierte.
Dass Manager Ernst Tanner ("Das ist viel zu wenig") und Gönner Dietmar Hopp ("Unser Abschneiden ist sehr enttäuschend") nicht erst seit dem Misserfolg der letzten Woche am Vermögen Pezzaiuolis zweifelten, ist hinlänglich bekannt. In den vergangenen acht Bundesliga-Partien gewann Hoffenheim nur einmal, hinzu kam das Pokalaus gegen Zweitligist Cottbus.
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Die Trennung zum Sommer hin ist demnach die logische Folge, zumal es Tanner gelang, einen der meist umworbenen Trainer Deutschlands für 1899 zu gewinnen: Es fehlt nur noch die offizielle Bestätigung, dass St. Paulis Trainer Holger Stanislawiski seinen Vertrag für 250.000 Euro aufgelöst wird und ab kommender Saison Hoffenheim übernimmt. Mit ihm kommen wohl Co-Trainer Andre Trulsen und Teammanager/Pressesprecher Christian Bönig. "Stanislawski ist der Favorit. Es würde mich sehr freuen, wenn das klappt", sagt Hopp.
Pezzaiuoli mag kompetent sein, aber anders als sein allseits angespannter Vorgänger wird Stanislawski dem Klub mit seiner verbindlich-offenen Art etwas mehr Wärme spenden und Hoffenheim Charakter verleihen. Über die fachliche Befähigung bestehen ohnehin keine Bedenken. Stanislawski marschierte mit wenig Geld und vielen Drittliga-Spielern bis in die Bundesliga und schloss parallel den Fußballlehrer-Kurs als Jahrgangsbester ab.