Jonker holte sich den Segen von van Gaal

SID
Seit Montag neuer Chefcoach des FC Bayern: Andries Jonker
© Getty

Am Montag hat Andries Jonker die erste richtige Trainingseinheit als Cheftrainer von Bayern München geleitet. Der Niederländer übernimmt bis zum Saisonende die Verantwortung für den am Sonntag entlassenen Louis van Gaal.

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Er soll der Gegenentwurf zum autoritären Louis van Gaal sein - doch auch für Andries Jonker gibt es bei Bayern München als neuer Cheftrainer auf Zeit nur ein Ziel.

"Wir müssen gewinnen und Punkte holen - mehr als Hannover. Es ist ganz klar, dass wir den dritten Platz und die Qualifikation zur Champions League erreichen müssen", sagte der 48 Jahre alte Niederländer bei seinem "Amtsantritt" und appellierte nach wochenlanger Unruhe beim deutschen Fußball-Rekordmeister "mit Nachdruck an Fans, Spieler, Stab und Vorstand, dass wir zusammenhalten müssen. Dann schaffen wir es auch".

Jonker ohne "besonderes Gefühl"

Besonderen Druck, vor allem von außen, verspüre er bei dieser besonderen Aufgabe nicht. "Alle im Verein wollen unbedingt die Champions League erreichen. Wenn das nicht gelingt, bedeutet das Ärger. Den Druck legen wir uns aber selbst auf", sagte der bisherige Assistent, der angeblich auch "kein besonderes Gefühl" verspürt, nun beim "großen FC Bayern" die Verantwortung zu tragen.

Wer deshalb bei der Pressekonferenz am Montagnachmittag an der Säbener Straße von Jonker große Sprüche, markige Ankündigungen in der Torwartfrage oder sogar eine Abrechnung mit dem entlassenen van Gaal erwartet hatte, wurde enttäuscht. Der Niederländer präsentierte sich im überfüllten Presseraum äußerst sachlich und betonte dabei, dass er nach wie vor ein gutes Verhältnis zu seinem langjährigen Vorgesetzten habe. Jonker hatte sich am Sonntag bei seiner Entscheidung sogar das Okay von van Gaal geholt.

Über Jahre habe er "eine sehr starke Verbindung zu Louis van Gaal gehabt. Wir haben bei Ajax, beim niederländischen Verband, beim FC Barcelona und jetzt auch beim FC Bayern erfolgreich und mit Vergnügen zusammengearbeitet", sagte Jonker.

Zustimmung von van Gaal

Deshalb habe er auch van Gaal angerufen: "Erst als er mir gesagt hat, wenn er in meinen Schuhen stehen würde, dann würde er den Job übernehmen, habe ich zugesagt. Das war mir sehr wichtig." Jonker ermöglichte van Gaal deshalb auch, sich am Montag vor dem Training von der Mannschaft zu verabschieden.

Im Gegensatz zu van Gaal, den Bayern-Präsident Uli Hoeneß oft als "beratungsresistent" bezeichnete, will Jonker aber die Kommunikation mit der prominent besetzten Führungsetage des Rekordmeisters suchen.

"Der Vorstand hat einige Mitglieder, die viel im Fußball erreicht haben. Eine der Konsequenzen davon ist, dass sie eine Meinung haben. Das dürfen sie auch. Ich werde versuchen, mir diese Meinungen anzuhören und Vorteile daraus zu ziehen", sagte er diplomatisch.

Jonker: Mannschaft ist intakt

Doch trotz der harschen Kritik von Hoeneß an van Gaal distanzierte sich Jonker, bisher Chefcoach beim FC Volendam, MVV Maastricht und Willem II Tilburg und ab der neuen Spielzeit Trainer der zweiten Mannschaft bei den Bayern, keineswegs von seinem Landsmann.

"Selbstverständlich" stecke in ihm ein gutes Stück van Gaal, verdeutlichte der Vater von drei Kindern. Van Gaal habe "sehr gute Arbeit" geleistet. Er habe deshalb auch ein "komisches Gefühl, dass die Gruppe auseinandergefallen ist". Gemeint hat er damit den Trainerstab.

Seine Mannschaft sieht er indes vor dem vorentscheidenden Spiel am Sonntag gegen den Tabellenzweiten Bayer Leverkusen trotz der jüngsten Enttäuschungen intakt: "Sie ist zusammen." Was er in den kommenden Tagen mit Franck Ribéry und Co. vorhat, was er verändern will, welche neue Ideen er umsetzen will, wollte Jonker jedoch nicht verraten: "Ich mache das auf meine Weise, man wird sehen, was es gebracht hat."

Torwartfrage noch offen

Auch die heiß diskutierte Torwartfrage - für Hoeneß Ausgangspunkt der "ganzen Scheiße" - ließ er am Montag noch offen: "Es ist sehr viel passiert. Ich muss meine Gedanken ordnen. Ich hatte auch noch gar keine Zeit. Deshalb möchte ich mich dazu nicht äußern. Ich mache mir am Dienstag darüber Gedanken."

Es gilt aber fast als sicher, dass Jonker im Endspurt wieder den erfahrenen Jörg Butt in Tor stellt. Der junge Thomas Kraft, der am Montag wegen Rückenproblemen mit dem Training aussetzen musste, würde wieder ins zweite Glied rücken.

Seine Forderung an die Stars bei seiner Antrittsrede am Sonntag, die Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge als "bemerkenswert" bezeichnete, sei gewesen, so Jonker, "dass wir direkt kommunizieren müssen und nicht hinten herum." Er selbst sei auch "geradeaus".

Duell mit Jupp Heynckes

Dass es am Sonntag gegen Leverkusen zum pikanten Duell mit Jupp Heynckes kommt, der die Bayern ab der kommenden Saison betreuen wird, interessierte Jonker indes nicht. Er habe Heynckes als sehr, sehr guten Stürmer in Erinnerung. Aber ansonsten habe er "keine Relation zu ihm. Dass Jupp Heynckes bei Bayer Trainer ist, geht weit an mir vorbei. Es ist ein Gegner wie andere Gegner auch, den wir schlagen müssen."

Auch für Ribéry zählt nur die Gegenwart. Das Kapitel van Gaal, zu dem der Franzose ein sehr angespanntes Verhältnis hatte, sei "jetzt vorbei. Van Gaal ist nicht wichtig für mich. Wichtig ist, dass wir nächstes Jahr in der Champions League spielen.

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