Brauchtum zum Vergessen

Von Stefan Rommel
Manuel Neuer darf doch tatsächlich nicht mehr mit der Generation der 30er Jahre genannt werden
© Imago

Weil Manuel Neuer womöglich zu Bayern München wechselt, wird er von Teilen der Schalker Fans in der größten Stunde seiner Laufbahn bepöbelt. Neuer selbst stellt sich auch in diesen bitteren Momenten quasi vor die Fans. Die haben das mit ihrer kindlich-naiven Haltung aber gar nicht mehr verdient. Ein Kommentar.

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KommentarManuel Neuer hat am Wochenende seinen vorläufigen Karrierehöhepunkt als Sportler erlebt, er ist mit Schalke 04 deutscher Pokalsieger geworden.

Aber in die Stunden seines größten Triumphs mischten sich auch bedenkliche Zwischentöne, die dem Menschen Manuel Neuer sehr weh tun und Teile der Schalker Fan-Szene als naiv, engstirnig und ignorant darstellen.

Die unüberhörbaren Pfiffe und die aggressive Boshaftigkeit einiger Fans sind der blanke Hohn für einen Spieler, der selbst einst in der Kurve stand und seit 20 Jahren die Knochen für den Verein hinhält.

Auch wenn die Dinge beim FC Schalke 04 manchmal etwas anders laufen, müssen die Anhänger auch hier begreifen: Kein Spieler ist das persönliche Eigentum der Fans! Und jeder Profi hat selbstverständlich das Recht auf freie Berufswahl. Völlig egal, wie tief er mit einem Verein verwurzelt ist.

Dass er sich dann in der Stunde der Glückseligkeit auffallend zurücknehmen muss, weil er die Pfiffe gegen seine Person nur schwer ertragen kann, ist an sich schon blamabel genug. Dass er damit zu einem gewissen Teil die Fans auch vor sich selbst schützen muss, ein schlechter Witz.

Manuel Neuer wollte partout nicht wie alle anderen seiner Mannschaftskollegen alleine mit dem Pokal in den Händen vor die Kurve treten. Raul musste als Schutzschild mitanpacken, quasi um gefeit zu sein vor den gellenden Pfiffen.

Alle Welt hätte gehört und gesehen, wie seine Fans ihn, der bis zur letzten Sekunde an diesem Verein hängen wird, bloßstellen. Die Fans, die er immer verteidigt und nach außen vertreten hat - ob nun gewollt oder ungewollt. Und die fallen ihm derart in den Rücken.

Dass ihm später beim Korso durch die Massen ein einzelner Fan eine scheuert, ist selbstverständlich nicht repräsentativ und die Tat eines einzelnen Schwachkopfs, aber sie fügt sich ins zerrissene Bild.

Schalke 04 und seine Fans sollten froh sein, einen Spieler wie Manuel Neuer in ihren Reihen zu haben. Und selbst wenn er bald den Schritt zu den Bayern machen sollte, wird dem Verein selbst im schmerzhaften Abschied eine letzte Dienstleistung zuteil.

25 Millionen Euro Ablöse sind für keinen Klub der Welt ein bisschen Taschengeld. Für einen Verein wie Schalke 04 sogar überlebensnotwendig.

Man kann sich nicht über die Millionen aus Russland und einen dementsprechend weiter kostspieligen Kader und Stars freuen - und auf der anderen Seite das Business nicht mitmachen wollen, weil einem das liebste Spielzeug selbst entrissen wird. Dann sollen plötzlich alte Werte wie Tradition und Treue wieder zählen?

Die entsprechenden Teile der Schalker Fans sollten ihre verblendete und heuchlerische Sicht der Dinge aufgeben.

Mit den wahren Idealen des Fan-Seins hat das schon lange nichts mehr zu tun. Sondern nur noch mit dem sonderbaren Zwang, blindwütig und ohne jegliche Reflexion einer Attitüde zu folgen.

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