Bibiana Steinhaus stand hilflos am Spielfeldrand. Als Bruna Amarante da Silva beim Spiel der Frauen-WM zwischen Australien und Äquatorial-Guinea den Ball im Strafraum in die Hände nahm, zeigte die ungarische Schiedsrichterin Gyoengyi Gaal einfach nicht auf den Punkt.
Wahrscheinlich hätten sogar Handball-Schiedsrichter gepfiffen und auf Schrittfehler erkannt...
Steinhaus versuchte Gaal als vierte Offizielle über das Headset noch davon zu überzeugen, dass es einen Elfmeter geben muss.
"Doch es gab anscheinend Kommunikationsprobleme, und dann ist der Ungarin die Situation davongelaufen", sagte Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter der DFB-Schiedsrichter, und beschrieb die wohl kurioseste Szene der diesjährigen Frauen-WM.
Diskussion über Handspiele
Das Ahnden von Handspielen wird spätestens seit Maradona und dessen "Hand Gottes" bei der WM 1986 in Mexiko immer wieder heiß diskutiert. Auch die DFB-Schiedsrichter sprachen bei ihrer Tagung in Altensteig-Wart wieder über diese heikle Thema.
Um Klarheit zu erhalten, wurden in der Sommerpause sogar Bremens Trainer Thomas Schaaf und der nun in der Türkei bei Eskisehirspor tätige Michael Skibbe zu Rate gezogen."Es ging darum, die Entfernungen einzuschätzen, in denen der Spieler vielleicht noch Zeit gehabt hätte, seine Hand wegzuziehen", äußerte Fröhlich. Es sei jedoch falsch zu glauben, dass bei jedem Handspiel eine Absicht vorliegt. Was also passiert, wenn der Ball "aus Versehen" gegen den ausgestreckten Arm fliegt?
In einem solchen Fall können die Unparteiischen nach eigenem Ermessen die Fahrlässigkeit ahnden - das Handspiel also pfeifen und ermahnen, aber nicht die Gelbe Karte zücken. Insbesondere im Strafraum dürfte die "Ermessensfrage" aber auch in dieser Saison wieder für Diskussionsstoff sorgen.
Verhältnis zum vierten Offiziellen steht auf dem Prüfstand
Gesprächsbedarf besteht nach Angaben von Fröhlich auch wegen des problematischen Verhältnisses zwischen dem vierten Schiedsrichter und den Trainern.
"In der kommenden Saison sollen sie die Exzesse der Trainer an der Seitenlinie unterbinden", sagte der 200-malige Bundesliga-Schiedsrichter. Es solle nicht wieder zu Szenen kommen, in denen ein Trainer dem Mann an der Linie wie einst Jürgen Klopp die Baseballkappe ins Gesicht drücke.
"Aber trotzdem muss der vierte Mann vermeiden, dass es einen Aufstehreflex gibt und er jedes Mal aufspringt, wenn der Trainer aufsteht", sagte Fröhlich.
Regeländerung angeregt
Ein weiteres Thema ist das Abseits und besonders das passive Abseits. So wurde in der Bundesliga das passive Abseits nur gepfiffen, wenn der Spieler wirklich den Ball annahm oder er dem Torhüter die Sicht versperrte: "Im Austausch mit der FIFA und der UEFA haben wir beschlossen, dass eine Ablenkung von Gegenspielern durch eine aktive Bewegung des im Abseits stehenden Spieler erfolgen muss. Dann wird Abseits gepfiffen."
Für die jetzt startende Saison gibt es noch keine Regeländerung, sondern nur eine veränderte Auslegung. Das könnte sich aber ändern: Die DFB-Schiedsrichter haben einen Antrag beim Weltverband gestellt. Dabei geht es darum, dass bei einer "Notbremse" im Strafraum der Sünder mit einer Roten Karte und einem Elfmeter bestraft wird. Geht es nach den deutschen Schiedsrichtern, soll dies künftig anders gehandhabt werden.
"Durch den Elfmeter ist die Torchance noch gegeben und es reicht, den Spieler mit einer Gelben Karte zu verwarnen", so Fröhlich. Die Schiedsrichter hoffen, dass die FIFA das ähnlich sieht und dass das International Board des Weltverbandes bei seiner nächsten Sitzung im März dem deutschen Antrag zustimmt. Dort wird auch entschieden, ob es bei der WM 2014 in Brasilien zu dem Einsatz von Torkameras kommt.
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