"Chelsea ist ein sehr gutes Vorbild"

Roman Neustädter gewann in der vergangenen Saison beide Derbys mit Schalke gegen Dortmund
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SPOX: Sie sind mittlerweile die uneingeschränkte Nummer eins auf der Doppel-Sechs. Wie sehen Sie selbst Ihre Leistungen?

Neustädter: Ich bin stabiler geworben und habe kein unterirdisches Spiel gezeigt - wobei ich selbstkritisch sein muss. Speziell gegen Hamburg und gegen die Bayern war meine Leistung nicht wirklich grandios. Insgesamt aber bin ich zufrieden mit mir, speziell mit den Auftritten bei den Siegen gegen Leverkusen, in Mainz und den ersten beiden Champions-League-Spielen.

SPOX: Wo sehen Sie noch den meisten Bedarf für Verbesserungen?

Neustädter: In erster Linie beim Tore schießen. Braunschweig war schon mal ein guter Anfang. (lacht) Außderdem versuche ich, das Spiel noch intensiver zu lesen, um auch ohne Ball mehr Einfluss darauf zu nehmen. Indem man klüger läuft und so Räume für den ballführenden Mitspieler schafft oder indem ich die Räume so zustelle, dass der Gegner seinen Angriff auf die andere Spielfeldseite lenkt, wo wir den Ball leichter erobern können. Das sind alles Dinge, die unwichtig erscheinen und kaum auffallen - und am Ende genauso essentiell sind wie ein erfolgreiches Dribbling.

SPOX: Wie oft reden Sie noch mit Ihrem Vater? Peter Neustädter war selbst lange Jahre Profi und gilt als Ihr größter Kritiker.

Neustädter: Ab und zu reden wir noch über die Spiele und er kritisiert einzelne Situation, mittlerweile hat er allerdings ein Normalmaß gefunden. (lacht) Es pusht mich mehr, als es mich aufregt. Grundsätzlich reden wir nicht mehr so viel über den Fußball an sich. So langsam musste ich mich emanzipieren, ich bin dieses Jahr immerhin 25 Jahre alt geworden.

Neustädter und Jones im Bundesliga-Vergleich:

SPOX: Wie geht es Ihrem 19-jährigen Bruder Daniel? Er wurde immer als großes Verteidiger-Talent bezeichnet und wechselte im Sommer von Twente Enschede zum Regionalligsten Koblenz, wo Ihr Vater ihn trainierte. Doch nach dessen Entlassung wurde sechs Wochen später ebenfalls der Vertrag mit Ihrem Bruder aufgelöst.

Neustädter: Es ist alles ein bisschen dumm gelaufen. Mein Bruder hat ein großes Kämpferherz und darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er sucht einen Verein, um sich bis Winter fit zu halten und dann muss man sehen, wie es weiter geht. Ihm muss bewusst sein, dass es nicht bei jedem karrieretechnisch gleich von 0 auf 100 gehen kann. Ich habe mit 18, 19 Jahren auch noch nicht Bundesliga gespielt, sondern erst einmal Erfahrungen sammeln und mich auf der Karriereleiter Stufe für Stufe hocharbeiten müssen. Bei ihm könnte es ähnlich laufen. Das Problem: Es ist für ihn schwieriger, geduldig zu sein, weil er sieht, wo ich jetzt bin. Er setzt sich dabei vielleicht zu sehr unter Druck. Gleichzeitig kann ich mich gut in ihn hineinversetzen. Ich weiß, wie es bei mir war, als ich mit 21 Jahren von Mainz nach Mönchengladbach ging und erstmals von zuhause ausgezogen bin. Da will man seinen eigenen Kopf durchsetzen.

SPOX: Ist es umso erstaunlicher, wie ein Julian Draxler auftritt?

Neustädter: Julian ist ein Phänomen. Ein Wahnsinn, dass er erst vor kurzem seinen 20. Geburtstag gefeiert hat. Doch das darf man nicht als Regel ansehen. Er ist für sein Alter unglaublich klar im Kopf und weiß genau, was er will. Unter anderem ein Verdienst der Eltern, die ihn immer auf dem Boden halten. Man mag es nicht glauben, wer ihn spielen sieht: Aber Julian ist vom Typ her ein Arbeiter.

SPOX: Schalkes Mannschaft hat sich deutlich verjüngt. Mit Max Meyer und Leon Goretzka gehören zwei 18-Jährige zum erweiterten Stamm. Wie veränderte das Ihre Rolle im Team?

Neustädter: Es hört sich in meinem Alter vielleicht merkwürdig an, aber mir kommt manchmal der Gedanke, wie schnell die Zeit vergeht. Zwar bin ich erst 25, aber damit 7 Jahre älter als Max oder Leon. Deswegen versuche ich ab und an, sie zur Seite zu nehmen und mit ihnen zu sprechen. Ich weiß noch, wie ich früher in eine Mannschaft kam und immer froh war, wenn sich einer der Älteren mit einem unterhielt. In diese Rolle wachse ich gerade hinein. Die Jungs machen es einem aber leicht. Es ist faszinierend, wie reif die Nachwuchsspieler mittlerweile sind. Nicht nur mental, sondern fußballerisch, taktisch und körperlich. Die jungen Spieler von heute sind viel weiter als wir damals. Bei uns wurde selbst in der A-Jugend noch auf einem Ascheplatz trainiert.

SPOX: Einer der neuen Anführer der jungen Schalker ist Kevin-Prince Boateng. Wie tritt er auf?

Neustädter: Ich kenne ihn schon länger, seit drei, vier Jahren. Wir haben uns damals über gemeinsame Freunde kennengelernt und standen seitdem regelmäßig in Kontakt und trafen uns ab und zu im Urlaub. Daher wusste ich, dass er ein sehr netter Mensch ist. Ich glaube, er hat aus der Zeit bei Milan sehr viel mitgenommen, als er in einer Mannschaft spielte mit Spielern wie Gattuso oder Pirlo, die alles gewonnen haben. Dort hat er viel gelernt und reifte zu einer echten Führungspersönlichkeit. Er ist für uns auch außerhalb des Platzes sehr wichtig.

SPOX: Als es um Schalkes defensives Mittelfeld ging, listeten Sie Boateng mit auf. Sehen wir bald eine Doppel-Sechs Neustädter/Boateng?

Neustädter: Er hätte es drauf, ich glaube nur, er ist mit seinen Qualitäten in der Offensive fast wertvoller. Er könnte ja sogar Stürmer spielen, der sich fallen lässt und so unberechenbar für den Gegner ist. Aber man weiß ja nie, wie es im Fußball läuft und vielleicht räumen wir zusammen im Mittelfeld ordentlich auf. Ich fände es spannend und würde mich freuen.

Roman Neustädter im Steckbrief

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