Als der Vorsitzende Richter Rupert Heindl im Namen des Volkes das Urteil spricht, als er die Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ankündigt, da scheint Uli Hoeneß für einen Moment zu erstarren.
Fast regungslos steht er zunächst da, als kämen die Worte von irgendwo weit weg, als beträfen sie ihn gar nicht. Danach, während Heindl das Urteil begründet, da wirkt der Präsident des FC Bayern München, als koche er innerlich, er presst die Lippen fest zusammen, fast scheint es, als kämpfe er gegen Tränen an.
Der Fall Uli Hoeneß: Die Chronologie
Hoeneß geht in Revision
Nein, es klicken keine Handschellen im Gerichtssaal. Hoeneß verlässt den Saal, er bleibt auf freiem Fuß, so lange, bis das Urteil rechtskräftig ist. Und Hoeneß ist kaum zur Tür raus, da sagt sein Anwalt Hanns Feigen: "Wir werden das Urteil natürlich angreifen."
Das bedeutet: Der Fall geht zum Bundesgerichtshof. Dieser kann die Revision verwerfen, er kann selbst ein Urteil fällen oder die ganze Sache zurück nach München verweisen, an eine andere Kammer. Das könnte sich gut und gerne ein Jahr hinziehen.
Strafe bis zu 50 Millionen Euro
Aber zunächst ist da dieses Urteil. Hoeneß, das rechnet ihm Richter Heindl noch mal vor, hat mindestens 26,927 Millionen Euro Steuern hinterzogen, genau genommen sind es 28,462 Millionen, weil der Solidaritätszuschlag noch dazukommt.
Unabhängig vom Urteil: Es wird am Ende definitiv nicht bei dieser Summe bleiben. Hoeneß wird Strafe und Verzugszinsen zahlen müssen - die Gesamtsumme, die er an die Staatskasse entrichten muss, dürfte an die 50 Millionen Euro herankommen.
Selbstanzeige unwirksam
Grund für die Verurteilung, und das macht Richter Heindl sehr deutlich: Die Selbstanzeige, mit der sich Hoeneß, von Recherchen des Magazins Stern getrieben, reinwaschen wollte, mit der er straffrei davonkommen wollte, ist in den Augen des Gerichts unwirksam.
In vielerlei Hinsicht. Vor allem aber, weil sie unvollständig war: "Sie hatten nicht alles, was sie brauchten, und haben es trotzdem riskiert", muss sich Hoeneß von Heindl vorhalten lassen. Er blickt starr geradeaus, ab und zu reibt er sich die Augen.
Richter Heindl belehrt Hoeneß
Im Grunde sagt Heindl zu Hoeneß: Sie hätten alle Zeit der Welt gehabt, reinen Tisch zu machen, dann aber haben sie auch mit ihrer Selbstanzeige alles falsch gemacht, was Sie falsch machen konnten. Unvollständig eingereicht, dann die Angaben nicht wie gefordert im vollen Umfang berichtigt, undsoweiter.
"Die Selbstanzeige erfolgte nicht aus freien Stücken, auch wenn Sie das nach wie vor glauben machen wollen", sagt Heindl, oder: "Sie haben selbst eingeräumt, dass Sie auf Zeit gespielt haben." Oder: "Das war keine missglückte Selbstanzeige, sondern eine unzureichende."
"Steuerhinterziehung ist ein Vorsatzdelikt"
Hoeneß muss sich noch ein paar weitere Dinge sagen lassen, die allem Anschein nach nicht Teil der Welt sind, in der er zu leben glaubt. "Steuerhinterziehung ist ein Vorsatzdelikt", sagt Heindl.
Und die Einlassungen von Hoeneß, er habe gar nicht genau gewusst, was die Schweizer Bank da mit seinen beiden Konten gemacht habe, kontert der Vorsitzende Richter mit dem einfachen Satz: "Die Berufung darauf, die Bank habe alles alleine gemacht, wollen wir ihnen nicht abnehmen." Ob Hoeneß versteht, was Heindl da sagt?
Geständnis zu Hoeneß Gunsten gewertet
Schon kurz nach Ende der Plädoyers am Vormittag hatte Hoeneß nicht gewirkt wie einer, der weiß, worum es geht. In einem der wichtigsten Momente eines jeden Prozesses zeigte er keine Demut. "Haben Sie noch etwas zu sagen", fragte ihn Heindl, der Angeklagte habe ja schließlich das letzte Wort.
Nein, er schließe sich den Ausführungen seines Anwalts an, "ich hätte es nicht besser sagen können", entgegnete Hoeneß. Heindl hakt nach, doch Hoeneß sagt nichts wie: Es tut mir leid, ich bereue, ich bitte um ein mildes Urteil.
Ein Freispruch, also eine Einstellung des Verfahrens, "war zu keinem Zeitpunkt zu erwarten", muss sich Hoeneß nachher von Heindl sagen lassen. Immerhin: Das Geständnis habe die Kammer "erheblich zu Ihren Gunsten gewertet". Das bedeutet: Herr Hoeneß, es hätte noch viel schlimmer kommen können für sie. Der Staatsanwalt hatte schließlich fünfeinhalb Jahre Haft gefordert.
Tag 3: Hoeneß hofft auf Einstellung des Verfahrens