"Auf ein Bierchen mit Mario Gomez..."

Maik Franz hat in 192 Bundesligaspielen zwölf Tore geschossen
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SPOX: Wie wären denn eigentlich Ihre Chancen gewesen, wenn es bis zum bitteren Ende gegangen wäre?

Franz: Es sah sehr danach aus, dass wir den Prozess gewinnen und wieder bei den Profis mittrainieren würden. Das wollte der Verein aber nicht, so dass wir letztlich einer Einigung zugestimmt haben. Das war auch in Ordnung so. Es lief alles fair ab, sowohl von unserer, als auch von Herthas Seite. Man darf auch nicht vergessen, dass während all dieser Zeit nichts Negatives über uns in der Presse stand. Niemand hat uns gefragt, was wir denn da Verrücktes veranstalten würden. Mich hat es daher nach all diesen Umständen unfassbar gefreut, dass ich nach der Saison auf ein Fanfest eingeladen und dort von den Anhängern verabschiedet wurde.

SPOX: Ungeachtet des Endes in Berlin: Sie haben Ihr letztes Profispiel im Mai 2013 absolviert, der letzte Einsatz überhaupt war im April 2014. Hätten Sie jemals gedacht, dass es Ihnen so ergehen könnte?

Franz: Natürlich nicht, das waren für mich drei heftige Jahre. Die liefen so beschissen, so etwas wünsche ich meinem größten Feind nicht. Das hat mich innerlich zerrissen. Ich arbeite seit neun Jahren mit meinem Mentaltrainer Holger Fischer zusammen, habe seit acht Jahren eine Freundin, dazu eine tolle Familie und einen Freundeskreis, der mich total unterstützt hat. Das ist zum Glück ein sehr stabiles Fundament. Wäre das jedoch nicht der Fall gewesen, dann hätte man auch mental wegbrechen können. Ich kann froh sein, dass ich diese Phase erst zum Ende meiner Karriere habe durchmachen müssen.

SPOX: Wie oft haben Sie in die Tischkante gebissen?

Franz: Sehr oft. Es bricht für einen Profi, erst recht mit einer gewissen Verletzungshistorie, eine Welt zusammen, wenn er mitgeteilt bekommt, dass er wieder operiert und fünf Monate pausieren muss. Da habe ich einige knallharte Tage im Krankenhaus durchmachen müssen. Man ist ja dann auch vollkommen isoliert.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Franz: Natürlich hat man seinen Zirkel, von dem ich gerade gesprochen habe, um sich. Aber dein persönliches Schicksal interessiert die Öffentlichkeit oder die Kollegen vielleicht eine Woche. Danach bist du auf dich alleine gestellt und Einzelkämpfer, musst dich täglich alleine stundenlang durch die Reha quälen. Die Rehaklinik wurde meine zweite Heimat. Wenn man das Gefühl kennt, in einem vollen Stadion aufzulaufen und sozusagen im Geschäft zu sein, dann fehlt einem diese Anerkennung natürlich auch ein Stück weit. Diese dunklen Momente machen einem deutlich, welch krasses Business der Fußball ist. Das soll kein Gejammer von mir sein, denn dafür ist man ja auch Profi und bekommt einen Haufen Kohle. Ich war gewohnt, zu spielen und mittendrin zu sein. Plötzlich ist man aber uninteressant, nicht gefragt, nicht an der Mannschaft dran - da kann der Spaß schnell flöten gehen.

SPOX: Wie werden Sie demnächst vorgehen, wenn Sie sich wieder in einen spielfitten Zustand gebracht haben?

Franz: Sobald die Nachwirkungen der OP verflogen sind, werde ich mich in der Reha wieder heran kämpfen. Danach will ich eventuell bei einem meiner Ex-Vereine mit trainieren, so dass ich zur Winterpause wieder in einem sehr guten Zustand bin. In einer idealen Welt kommt dann ein Verein, der sagt: Auf den Franz haben wir Bock.

SPOX: Wäre der Knorpelschaden nicht dazwischen gekommen, würden Sie in der amerikanischen MLS spielen. Im Sommer standen Sie kurz vor einem Wechsel zu Philadelphia Union.

Franz: Ich hatte die Flugtickets schon bei mir zu Hause liegen. Der Sommer ist natürlich meine Hoffnung. Da gab es fünf, sechs Anfragen, die fast durchgängig total interessant waren. Ich möchte unbedingt noch einmal auf den Zug aufspringen, so kann meine Karriere nicht enden.

SPOX: Was wäre Ihr Traum?

Franz: Meine große Wunschvorstellung ist ganz klar Amerika. Dort noch einmal ein, zwei Saisons ein solches Abenteuer mitzuerleben, wäre grandios.

SPOX: Nach der langen Ausfallzeit scheint es gefühlt realistischer, dass Sie irgendwo als Innenverteidiger Nummer drei oder vier unterkommen.

Franz: Ich bin zu allen Schandtaten bereit (lacht). Das würde ich mir natürlich auch anhören, keine Frage. Im Sommer meldete sich der FC Luzern mit Alex Frei und wollte mich als Backup holen. Das wäre absolut eine Option gewesen.

SPOX: Glauben Sie, dass Ihr Ruf als emotionales Raubein im Wege stehen könnte, um noch einmal in Deutschlands höchsten Ligen unterzukommen?

Franz: Für die Bundesliga reicht es wahrscheinlich deshalb nicht, weil ich quasi drei Jahre lang raus war. Mein Image gefällt mir grundsätzlich, weil es mich zu tollen Vereinen gebracht hat und es sich nun auch im Sommer gezeigt hat, dass trotz zweier sportlich bescheidener Jahre fünf, sechs Vereine ankamen, die mich verpflichten wollten. Mein Standing ist da also offenbar gut und kein Hindernis. Deshalb glaube ich, dass meine Hoffnungen, noch einmal Fuß fassen zu können, nicht unberechtigt sind.

SPOX: Stichwort Ruf: Im Februar 2008 bezeichnete Sie Mario Gomez als "Arschloch", Sie haben sich einen bissigen Konter gespart. Hatten Sie seitdem mit Gomez mal wieder Kontakt?

Franz: Wir sind uns einmal in Berlin über den Weg gelaufen. Da haben wir uns aber nur einen guten Tag gewünscht. Viele Berührungspunkte gab es sonst nicht, er spielt ja in einer völlig anderen Fußball-Welt als ich. Mir wurde von einigen, die mich und ihn gut kennen, gesagt, dass wir uns eigentlich gut verstehen würden (lacht). Ich bin in der Sache auch überhaupt nicht nachtragend. Auf ein Bierchen mit Mario Gomez würde ich jetzt schon gehen, die Geschichte liegt ja schon so lange zurück. Mittlerweile sollte man darüber schmunzeln können.

SPOX: Das haben Sie zuletzt bei Tim Wiese getan, als Sie scherzhaft auf "Twitter" einen Showkampf angeboten haben, sollte Wiese tatsächlich zum Wrestling überlaufen. Sie waren sein Zimmerkollege in der U 21: Wie beurteilen Sie das, was sich rund um ihn abgespielt hat?

Franz: Über seine Situation kann ich natürlich gar nicht lachen, weil sie wohl nochmal ein, zwei Stufen härter ist als das, was ich mitgemacht habe. Es ist wirklich schade, was mit ihm passiert ist, weil er so lange konstant starke Leistungen gebracht hat und darüber hinaus ein korrekter Mensch ist. Ich glaube, aus der Nummer mit dem Wrestling macht er sich einen Spaß und spielt da einfach nur mit. Das Krafttraining scheint für ihn derzeit ein Ventil zu sein.

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