Während der VfL Wolfsburg Bayern-Jäger Nummer eins ist, hängt Schalke 04 mal wieder den eigenen Ansprüchen hinterher. Woran liegt das? Warum fehlt Schalke die Konstanz? Und kann Wolfsburg sogar dem FC Bayern gefährlich werden? Vor dem direkten Duell (Sa., 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) diskutieren die SPOX-Redakteure Andreas Lehner und Florian Schimak sowie Schalke-Korrespondent Hassan Talib Haji von Goal.com und mySPOX-User trabajador.
Wolfsburg ist Zweiter, Schalke Elfter. Woher kommt die Diskrepanz?
Andreas Lehner (SPOX): Wolfsburg hat unter dem Duo Allofs/Hecking eine kontinuierliche Aufbauarbeit geleistet, die sich jetzt auszahlt. Die Mannschaft wirkt homogen und hat einen klaren Plan. Schalke sucht dagegen immer noch seine Linie und hat mit Di Matteo mal wieder einen neuen Trainer. Neben den Verletzungsproblemen ist diese Unstetigkeit für mich das Hauptproblem auf Schalke.
Florian Schimak (SPOX): Der VfL hat nach dem durchwachsenen Auftakt die Kurve bekommen und tritt in den letzten Wochen als verschworene Einheit, als richtiges Team auf. Das vermisse ich bei Schalke in dieser Saison noch. Gerade in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit hat die Truppe bewiesen, dass sie als Mannschaft ausgezeichnet funktionieren kann. Zudem hat S04 Pech mit Verletzungen: Draxler und Farfan kann man auf lange Zeit nicht adäquat ersetzen. Des Weiteren war der Trainerwechsel zu dem Zeitpunkt ein Fehler.
Hassan Talib Haji (Goal.com): Schalke 04 spürt die große Problematik um verletzte Leistungsträger. Auch wenn das nicht als Entschuldigung gelten sollte, ist es dennoch offensichtlich, dass dadurch Qualität verloren ging. Versäumnisse in der zweiten Reihe sublimieren die Gesamtsituation. Da hat der Klub meiner Meinung nach ein Qualitätsproblem. Zudem muss man natürlich erwähnen, dass der VfL clever eingekauft hat. Das nötige Kleingeld haben sie ja.
mySPOX-User trabajador: Das fehlende glückliche Händchen bei Spieler- und Trainerverpflichtungen, die Strukturen innerhalb des Vereins, vor allem aber die brutale Erwartungshaltung von Fans und Umfeld und nicht zuletzt auch das ständige Vor-sich-her-Tragen der Traumata aus dem vergangenen Jahrzehnt. Schalke spürt zudem genau den sportlichen Aufwind nicht unter den Flügeln, den die Wolfsburger derzeit genießen.
Wolfsburg ist Zweiter, Schalke Elfter. Woher kommt die Diskrepanz?
Ist Allofs ein besserer Sportdirektor als Heldt?
Kann Wolfsburg Schalke als Vorbild dienen?
Warum fehlt es Schalke seit Jahren an Konstanz?
Kann Wolfsburg kurz- wie langfristig wirklich Bayern angreifen?
Ist Allofs ein besserer Sportdirektor als Heldt?
Andreas Lehner (SPOX): Allofs hatte zum Ende seiner Zeit in Bremen einige Fehlgriffe, aber insgesamt ist er ein Ass auf dem Transfermarkt, das zeigt auch der Wolfsburger Kader. Heldt hat dagegen schon in Stuttgart mit den Millioneneinnahmen aus der Champions League nicht optimal eingekauft. Auf Schalke gefällt mir die Kaderzusammenstellung ebenfalls nicht. Es gibt zu viele Spieler für eine Position wie im offensiven Mittelfeld oder in der Innenverteidigung, dafür fehlt es an Qualität im defensiven Mittelfeld.
Florian Schimak (SPOX): Er hat zumindest in der letzten Zeit das glücklichere Händchen bei den Transfers. Allerdings hat Allofs dank VW auch andere Voraussetzungen als Heldt, der seit Jahren sparen muss und dennoch eine schlagkräftige Truppe aufstellen soll. Ein De-Bruyne-Transfer wäre für Königsblau finanziell nie in Frage gekommen. Andererseits scoutet Allofs besser, Guilavogui und Malanda sind ein Beweis dafür. Heldt hatte bei mit seinen Sommers-Transfers bisher kein Glück. Sam ist nur verletzt, Choupo-Moting taucht noch zu oft ab.
Hassan Talib Haji (Goal.com): Schwierige Frage. Jeder handelt nach seinen Möglichkeiten. Nachdem in Bremen das Geld ausging, hat Allofs ein unglückliches Händchen bewiesen. Heldt hat jedoch auch schon oft genug danebengelegen. Manager generell zu vergleichen ist meiner Meinung nach unmöglich, da sie auch ein Stück weit davon abhängig sind, welche Interessen die Spieler haben und welche Möglichkeiten der jeweilige Verein bietet. Man muss aber festhalten: Beide sind schon deutscher Meister geworden.
mySPOX-User trabajador: Beide sind ehemalige Profis, beide haben ihre Wohlfühloasen in Bremen und Stuttgart verlassen und sind in ein vermeintliches Haifischbecken gesprungen, beide pflegen eher die leisen Töne. Die Rahmenbedingungen unterscheiden sich aber fundamental. Heldt arbeitet seit Jahren mit wenig Geld im Transferbereich, Allofs ballert es ohne viel Aufhebens raus. Insgesamt halte ich Heldts Arbeit in diesem Zusammenhang für nachhaltiger.
Wolfsburg ist Zweiter, Schalke Elfter. Woher kommt die Diskrepanz?
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Kann Wolfsburg Schalke als Vorbild dienen?
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Andreas Lehner (SPOX): Wenn der VfL den eingeschlagenen Weg fortsetzt, dann langfristig ja. Der Klub hat nach der Meisterschaft 2009 die Orientierung verloren, jetzt aber wiedergefunden. Wolfsburg hat es geschafft, Ruhe in den Verein und ins Umfeld zu bringen, das fehlt bei Schalke immer noch. Bei S04 herrscht zu viel Hektik und es gibt zu viele Strömungen, um kontinuierlich in eine Richtung zu arbeiten. Ein Duo wie Allofs/Hecking würde guttun. Heldt sucht seinen Partner noch.
Florian Schimak (SPOX): Was Ruhe im Umfeld betrifft durchaus, aber da dient wohl jeder Verein als Vorbild. Die Wölfe haben ganz andere Voraussetzungen, mit VW einen potenten Sponsor, der die nächsten Jahre wohl auch nicht die Fördermittel einstellen wird. Schalke war im letzten Jahr mit den jungen Wilden und einem Trainer aus dem eigenen Nachwuchs auf einem guten Weg, sich eine eigene Identität aufzubauen. Diese Identität wurde mit der Di-Matteo-Verpflichtung wieder verändert. In Wolfsburg hielt man am nicht gerade extrovertierten und glamourösen Hecking fest - und hat nun Erfolg.
Hassan Talib Haji (Goal.com): Ich wüsste nicht, wo der VfL Wolfsburg ein Vorbild für Schalke 04 sein soll. Im Gegensatz zu den Wölfen haben die Königsblauen wesentlich mehr für die Attraktivität der Bundesliga und das internationale Renommee getan. Davon ist der VfL noch meilenweit entfernt. Natürlich haben sie kluge Entscheidungen getroffen und stehen aktuell vor dem Revierklub, aber Wolfsburg als Vorbild - das ist schon arg fern der Gesamtbetrachtung.
mySPOX-User trabajador: Ganz einfache Antwort - nein. Die beiden Vereine sind von ihrer Geschichte, ihrer Bedeutung, ihrer Tradition, ihrem Umfeld, der Zahl der Anhänger und der finanziellen Gegebenheiten sozusagen genau gegenteilig aufgestellt. Insgesamt ist Schalke den Wolfsburgern natürlich Jahrzehnte voraus, was die Tradition angeht. Dem Werbeprodukt für eine Automarke steht einer der größten Traditionsvereine gegenüber. Das wird sich S04 bewahren.
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Warum fehlt es Schalke seit Jahren an Konstanz?
Andreas Lehner (SPOX): Seit 2000 ist Schalke regelmäßig im Europapokal, insofern ist Konstanz vorhanden. Aber Schalke hat den Anspruch formuliert, Meister werden zu wollen und da fehlt es innerhalb einer Saison tatsächlich an Konstanz. Natürlich waren die Verletzungsprobleme enorm, aber die Unstetigkeit auf der Trainerposition ist für mich der Hauptgrund. Allerdings hatte S04 auch Pech, dass sich Rangnick 2011 wegen Burn-Out zurückzog. Wer weiß, wie sich Königsblau sonst entwickelt hätte.
Florian Schimak (SPOX): Weil sie nach Trauben greifen, die viel zu hoch hängen. Jedes Jahr auf neue. Man schafft es nicht, Ruhe in den Verein zu bringen. Schalke ist ein Arbeiterverein und sollte dieses Image auch verkörpern. Keller hat in der letzten Rückrunde gezeigt, dass er ein Team formen und entwickeln kann. Vor allem die jungen Spieler machten unter ihm einen Sprung. Nach wenigen Spielen in der neuen Saison verloren Tönnies und Co. allerdings wieder die Nerven und holten mit Di Matteo einen international renommierten Coach, der für mich nicht nach Gelsenkirchen passt. Zudem steht der Schweizer wieder für einen ganz anderen Spielstil. Jedes Jahr ein neuer Trainer? So kann keine Konstanz entstehen.
Hassan Talib Haji (Goal.com): Schwierig. Schalke ist in den letzten fünf Spielzeiten viermal in die Champions League eingezogen - war in den letzten zehn Jahren gar dreifacher Vizemeister. Für den Sprung nach ganz oben reichte es nicht, jedoch schafften sie ihr Minimalziel. Der Klub hat in der jüngeren Vergangenheit auf dem Transfermarkt mehr falsch als richtig gemacht. Nun muss man sich finanziell gesunden, es fehlt das Geld für wirkliche Qualität. Spieler wie Barnetta, Fuchs oder Clemens bringen den Verein nicht weiter.
mySPOX-User trabajador: Die beiden knapp verpassten Meisterschaften wirken auch heute noch nach. Seitdem giert ganz Schalke nach der Schale, der Überwindung dieser Traumata und dem Ankommen in der nationalen Spitze. Es gibt ein Machtvakuum im Aufsichtsrat, das Clemens Tönnies als starker Mann allein ausfüllt. Schalke braucht Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und vor allem die Ruhe, auch im Fall des kurzfristigen Misserfolgs an den eigenen Grundsätzen festzuhalten, nachhaltiges Wirtschaften und ein bisschen Fortune bei den Spielerverpflichtungen - dann klappt's auch irgendwann mit der Konstanz.
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Kann Wolfsburg kurz- wie langfristig wirklich Bayern angreifen?
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Andreas Lehner (SPOX): Sollten die Bayern mit ihren Verletzungssorgen auch mal schwächeln, ist der VfL in dieser Saison der größte Konkurrent. Aber ich glaube nicht, dass Watzke und Heidel mit ihren Warnungen vor einem mächtigen Wolfsburg mit VW im Rücken auf Augenhöhe von Bayern Recht haben.
Florian Schimak (SPOX): Nein. Auf keinen Fall kurzfristig, dafür ist die Qualität der Bayern in diesem Jahr zu hoch. Langfristig könnten sie sich mit dem BVB um Platz zwei streiten, aber vom Thron werden sie den FCB nicht stoßen können. 2009 hatte man einen guten Grundstein gelegt, verpasste es dann allerdings nachhaltige Arbeit zu leisten. Die Münchener sind seit über 50 Jahren die Spitze der Bundesliga, da kommt der VfL Wolfsburg auch trotz der VW-Millionen und cleverer sportlicher Verantwortlicher in nächster Zeit nicht hin. Aber: Wolfsburg kann ein dritter Leuchtturm werden.
Hassan Talib Haji (Goal.com): Kurzfristig mal, langfristig mit Sicherheit nicht.
mySPOX-User trabajador: Wolfsburgs großer Vorteil ist die praktisch nicht existente Drucksituation im Umfeld. Die Bayern sind mit praktisch allem, was sie tun, Lichtjahre von Wolfsburg entfernt. Kurzfristig ist es für Wolfsburg aber zumindest in diesem Jahr bestimmt drin, den Bayern Paroli zu bieten. Ob sie sich langfristig in der Spitze etablieren können, hängt für mich aber im Wesentlichen davon ab, wie engagiert VW hinter dem Verein steht und wie viel Geld man ihm von dort aus zur Verfügung stellt.
Wolfsburg ist Zweiter, Schalke Elfter. Woher kommt die Diskrepanz?
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