"...dann ist er nicht unantastbar"

Der FC Bayern München startet am Mittwoch in die Saisonvorbereitung, Bastian Schweinsteiger hat als Nationalspieler noch zehn Tage frei. Voraussichtlich wird er ein weiteres Jahr bei Bayern spielen, ein Abschied aus München liegt aber immer noch in der Luft. Wäre ein Wechsel überhaupt sinnvoll? Und wie hoch ist sein Standing noch bei Guardiola? Die SPOX-Redakteure Thomas Gaber, Andreas Lehner, David Kreisl und mySPOX-User Matthi10 diskutieren.

Wäre ein Wechsel eher Chance oder Risiko?

Andreas Lehner (SPOX): Mit Blick auf die EM 2016 ein Risiko. Schweinsteiger kann in München noch immer eine gewichtige Rolle spielen und wird auch auf genügend Einsatzzeit kommen. Auch wenn er bei einem Wechsel, egal wohin, als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft sicher ein hohes Standing hätte, birgt ein Neuanfang in einer neuen Liga mit einer enorm aggressiven Presse gewisse Risiken.

Thomas Gaber (SPOX): Egal, bei welchem Verein Schweinsteiger in der kommenden Saison spielt - er wird sich durchsetzen. Bei den Bayern hat er eine riesen Lobby bei Mitspielern und Fans und seine Qualitäten sind noch immer gut genug für jede Menge Spiele, auch in der Startelf. Sollte Schweinsteiger München doch verlassen, dann weil er eine neue Herausforderung sucht, eine neue Motivation. Das würde noch ein paar zusätzliche Körner rauskitzeln. Und er würde nur zu einem Verein wechseln, der ihm den roten Teppich auslegt und bei ihm eine tragende Rolle zusichert. Ich sehe da keine Risiken.

David Kreisl (SPOX): Ich sehe für Schweinsteiger keine Risiken. Ich muss bei ihm immer an das Sprichwort vom Propheten denken, der im eigenen Land nichts wert ist. Er ist Identifikationsfigur und eine lebende Klublegende, doch heißt es in schlechteren Phasen viel zu schnell: zu alt, zu langsam, zu verletzungsanfällig, nicht ins System passend. Schweinsteiger mag sich ein paar graue Haare zugelegt haben, ist aber nicht der Fußballgreis, zu dem er gerne gemacht wird. Er würde überall eine gute Rolle spielen.

mySPOX-User Matthi10: Es wäre für beide Seiten eher ein Risiko. Zum einen müsste sich Schweinsteiger in einem neuen Umfeld gegen neue Konkurrenten beweisen, zum anderen wäre es ein großes Risiko für den FC Bayern und Pep Guardiola. Die Fans sind sehr sensibel, wenn es um ihre Aushängeschilder geht. Müller, Lahm, Schweinsteiger, Badstuber - die Verantwortlichen würden viel Kritik dafür ernten, und ein eventueller Misserfolg würde ihnen sehr schnell um die Ohren fliegen. Daher sehe ich überhaupt keinen Grund, diese Baustelle zu öffnen und Schweinsteiger abzugeben, zumal ich auch sportlich noch sehr viel von ihm erwarte.

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Andreas Lehner (SPOX): Mit van Gaal arbeitet dort ein Trainer, der ihn als zentralen Mittelfeldspieler gefördert hat. Außerdem hat United auf dieser Position Bedarf. Das würde also passen. Aber ich habe meine Zweifel, ob die Liga mit ihrer schnellen und teilweisen wilden Spielweise optimal zu Schweinsteiger passt.

Thomas Gaber (SPOX): Ja und nein. Schweinsteiger hat seinen Vertrag 2010 auch verlängert, weil er eigentlich viele Jahre mit van Gaal zusammenarbeiten wollte. Die Chemie zwischen beiden stimmt. Außerdem ist United im zentralen Mittelfeld nicht gerade akkurat aufgestellt. Der Verein lechzt nach einer schnellen Rückkehr zu großen Zeiten und Schweinsteiger könnte dabei eine führende Rolle einnehmen. Um allerdings in der Premier League bestehen zu können, ist eine außerordentliche Fitness unabdingbar. Da habe ich bei Schweinsteiger so meine Zweifel.

David Kreisl (SPOX): Personell gibt's bei den Red Devils in der Mittelfeldzentrale niemanden, der einem fitten Schweinsteiger das Wasser reichen kann. Mit Coach van Gaal würde er auf den Trainer treffen, der ihn damals in die Zentrale versetzte und so einer der einflussreichsten Faktoren in seiner Laufbahn war. Perspektivisch will United richtig groß angreifen und baggert gerade an allem, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Wenn Schweinsteiger wechseln will, wäre United die Top-Adresse.

mySPOX-User Matthi10: Der passende Verein für Bastian Schweinsteiger heißt Bayern München. Basta! Totti im Trikot von Bayern, Sergio Ramos im Trikot von ManCity, Messi im Trikot von Chelsea, Schweinsteiger im Trikot von ManUnited? Sorry, aber das will ich nicht sehen! Auch wenn so etwas manchmal natürlich passiert (siehe Frank Lampard).

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Andreas Lehner (SPOX): Dazu müsste man wissen, wie Guardiolas Topelf aussieht. Außerdem hängt diese ja auch immer vom Gegner und den speziellen Anforderungen ab. Aber wenn wirklich mal alle Spieler hundertprozentig fit sein sollten, ist das Gedränge im Mittelfeld enorm. Und dann ist Schweinsteiger sicher nicht unantastbar.

Thomas Gaber (SPOX): Ich würde gerne mal sehen, wen Guardiola in einem Champions-League-Finale auf die Bank bzw. die Tribüne setzen würde, wenn alle Spieler fit sind. Gefühlt haben im Mittelfeld Thiago, Lahm und Alaba immer ihren Platz, die anderen werden je nach Gegner ausgewählt. Insofern muss auch Schweinsteiger damit rechnen, in wichtigen Spielen auch mal draußen Platz nehmen zu müssen.

David Kreisl (SPOX): Die Bayern haben so viele Systeme im Repertoire und reagieren unter Guardiola taktisch so flexibel auf jeden Gegner wie wenig andere Teams. Deshalb ist es unmöglich, diese Frage mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Ein Champions-League-Finale mit Schweinsteiger auf der Bank wäre allerdings schwer vorstellbar.

mySPOX-User Matthi10: Guardiola hat keine Topelf. Zum einen richtet er seine Aufstellung auf den jeweiligen Gegner und die Spielweise aus, zum anderen haben wir letztes Jahr gesehen, wie viele Spieler sich während einer Saison verletzen können. Wir sollten von dem Gedanken weg, dass Vereine nur mit elf Spielern für den Anpfiff planen und den Rest nur als Ergänzung sehen. Das gibt es nicht mehr, und schon gar nicht auf diesem Niveau!

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Andreas Lehner (SPOX): Der Vergleich kommt zwar immer wieder, ist für mich aber unzulässig. Schweinsteiger ist kein Sechser, sondern Achter. Xabi ist dagegen auf die Sechs festgelegt, er kann auf keiner anderen Position spielen, und auf dieser Position sicher mit Vorteilen gegenüber Schweinsteiger. Dessen Konkurrenten sind eher Thiago, Alaba und Lahm.

Thomas Gaber (SPOX): Der Vergleich hinkt. Beide spielen auf verschiedenen Positionen und müssen entsprechend unterschiedliche Dinge auf dem Platz erledigen. Schweinsteiger ist flexibler einsetzbar und hat deshalb vielleicht einen Vorteil. Guardiola schätzt beide aufgrund ihrer Erfahrung, Spielintelligenz und Leidenschaft. Deshalb werden beide ihre Spiele machen und auch in der kommenden Saison wichtig sein für den FC Bayern.

David Kreisl (SPOX): Es ist alleine ob der unterschiedlichen Ausrichtung - Schweinstieger eher Achter, Alonso klassischer Sechser - schwer, einen Vergleich zu ziehen. Grundsätzlich passt Alonso besser zum Pep'schen Fußball. Sind alle Spieler im Kader fit, werden aber auch seine Einsatzzeiten zurückgehen.

mySPOX-User Matthi10: Xabi Alonso ist wunderbar, Schweinsteiger aber eben auch. Beide sind absolute Topspieler und haben eine Daseinsberechtigung beim FC Bayern. Alonso hat man zum Ende der vergangenen Saison die vielen Spiele angemerkt, die er mit seinen 33 Jahren absolvieren musste. Aber auch er wird bei dieser Vielzahl an Spielen gebraucht. Und Schweinsteiger wird dem FC Bayern mit seinem leidenschaftlichen Spiel auch im kommenden Jahr helfen. Voraussetzung für beide ist allerdings eine komplette und verletzungsfreie Vorbereitung.

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Andreas Lehner (SPOX): Schweinsteiger ist eine absolute Identifikationsfigur des Vereins, die Bayern würden ihn sicher nie wegschicken. Deshalb glaube ich, dass die Entscheidung über seine Zukunft allein bei Schweinsteiger liegt. Wenn er 2016 nochmal ins Ausland will, geht er. Wenn er in München bleiben will, werden beide Seiten eine Lösung finden. Barcelona hat es im Fall Xavi beispielhaft vorgemacht, wie ein langsamer Abschied in Ehren aussehen kann.

Thomas Gaber (SPOX): Da Schweinsteiger meiner Meinung nach noch mindestens zwei, drei gute Jahre drin hat, sollten die Bayern-Bosse allein wegen seiner Qualität als Fußballer versuchen, den Vertrag zu verlängern. Geht Schweinsteiger, ob 2015 oder 2016, geht auch ein Stück FC Bayern. Er alleine entscheidet, wie seine Zukunft aussieht. Ich gehe davon aus, dass Schweinsteigers letzter Arbeitstag in München der 30. Juni 2016 sein wird.

David Kreisl (SPOX): Ich glaube nicht daran, dass Schweinsteiger das letzte Pflichtspiel seiner Karriere im Bayern-Dress absolvieren wird. Aus rein wirtschaftlicher Sicht würde eine Verlängerung für die Münchner dennoch Sinn machen, weil auch ein 31- oder 32-jähriger Schweinsteiger noch ein paar Millionen Ablöse bringen würde.

mySPOX-User Matthi10:: Ich glaube, dass Schweinsteiger das erwartete Niveau noch ein, zwei Saisons abliefern kann. Voraussetzung dafür ist aber seine hundertprozentige Motivation. Schweinsteiger wird nach dem Vertragsende 2016 aber sicher keinen Vertrag unterschreiben, der nur die Hälfte des Geldes bringt. Also muss man dann nüchtern entscheiden, ob die Leistung der eines Topverdieners entspricht. Schweinsteiger ein Jahr vor Vertragsende wegzuschicken, wäre für mich - aus Fan-Sicht und auf diese spezielle Person bezogen - nicht tragbar. Es sei denn, Schweinsteiger traut sich den Kampf um die Plätze nicht zu und will selbst den Verein verlassen. Aber danach sieht es nicht wirklich aus.

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