Kevin De Bruyne verlässt den VfL Wolfsburg für irre 75 Millionen Euro und schließt sich Manchester City an. Doch was bedeutet der Wechsel für alle Parteien? Gerät der Premier-League-Wahnsinn außer Kontrolle? Und gab's noch spektakulärere Transfers in diesem Sommer? Drei SPOX-Redakteure und mySPOX-User NickyNail diskutieren.
Was bedeutet De Bruynes Wechsel für Wolfsburg?
David Kreisl (SPOX): De Bruyne ist nicht nur der beste Wolfsburger Fußballer, sondern auch das Herzstück der Mannschaft. Klar haben die Wölfe jetzt gefühlt grenzenlose finanzielle Möglichkeiten, doch gibt's erstens keinen annähernd gleichwertigen Ersatz auf dem Markt, und zweitens wird sich die Nachfolgersuche last minute auch mehr als schwierig gestalten. Für die kurzfristigen Ziele - und damit meine ich primär die Positionierung als Bayern-Jäger Nummer eins - ist der Wechsel Gift.
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Marc-Oliver Robbers (SPOX): Eigentlich hatte man ja gedacht, dass sich Wolfsburg den Mechanismen des Marktes entziehen und jedes Angebot ablehnen kann - VW sei Dank. Doch bei den abartigen Summen, die Englands Premier League gerade mit vollen Händen über Europas Ligen ausschüttet, ist auch irgendwann die Schmerzgrenze eigentlich potenter Klubs erreicht. Das Angebot abzulehnen, wäre einfach wirtschaftlicher Irrsinn gewesen. Wolfsburg wird sicher noch nachlegen, aber man darf auch nicht vergessen, dass sie mit Andre Schürrle noch einen internationalen Topspieler in der Hinterhand haben, der immer noch als Neuzugang angesehen werden muss.
Ben Barthmann (SPOX): Der beste Spieler im Kader geht, dafür regnet es Millionen. Es hätte schlimmer kommen können angesichts der Tatsache, dass Wolfsburg im Januar noch 25 Millionen Euro nach London überwies und die Wölfe auch damals auf Platz zwei der Bundesliga standen. Dass man noch lange nicht in der Liga von Manchester City und Co. mitmischt, dürfte auch jedem Verantwortlichen zuvor klar gewesen sein. Dementsprechend gilt es jetzt, einen guten Ersatz zu finden. Qualitativ klappt das vielleicht nicht ganz, deshalb ist auch mit Blick auf die Zukunft - wie im Falle Praet - zu denken.
mySPOX-User NickyNail: Der VfL verliert seinen besten Spieler. Nach dem langen Hick-Hack sind Allofs und Co. sicher gut vorbereitet und geben noch ein oder zwei Topverpflichtungen bekannt. Sitzen diese Transfers, schlagen die eineinhalb Neuzugänge Kruse und Schürrle wie gewünscht ein und entfaltet ein Maxi Arnold sein großes Potenzial, kann der Abgang von vielen Schultern aufgefangen werden.
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Macht der Wechsel aus De Bruynes Sicht sportlich Sinn?
David Kreisl (SPOX): Kommt darauf an, was De Bruyne selbst will. Titel und Champions League kann er bei beiden Klubs haben. Man kann als unangefochtener Star den Aufstieg einer aufstrebenden, aber "kleineren" Mannschaft maßgeblich mitgestalten oder man kann versuchen, sich als einer von vielen im Starensemble einer Weltklasse-Truppe zu etablieren. Beides sind sportlich attraktive Optionen - für De Bruyne ist anscheinend Letzteres verlockender.
Marc-Oliver Robbers (SPOX): Wie ehrgeizig der Belgier ist, sah man damals schon in Bremen. Dort stach seine Klasse himmelweit heraus und dennoch fand er sich im Abstiegskampf wieder. Dass er bei Chelsea aussortiert wurde, muss ihm wie eine persönliche Niederlage vorgekommen sein. Daher verwundert es nicht, dass er den Schritt zurück auf die Insel mit Vehemenz vorantrieb. Er hat dort noch etwas zu beweisen. In England muss er sofort funktionieren. Das ist eine Herausforderung, die er sich nun stellen muss. Ein Jahr vor der EM wäre es vielleicht geschickter gewesen, in Wolfsburg den leichten Weg zu gehen.
Ben Barthmann (SPOX): Titelkampf und Champions League hätte der Belgier auch in Wolfsburg haben können. Mitspieler wie Yaya Toure, David Silva, Raheem Sterling und Sergio Agüero aber nicht. Die Qualität stimmt, um im Konkurrenzkampf zu bestimmen, dazu sehe ich - abgesehen von Silva - keinen wirklich vergleichbaren Spielertypen im Kader. Also ja, der Wechsel macht aus sportlicher Sicht Sinn, die Chancen stehen gut, dass er wichtiger ein Baustein im Team von Pellegrini wird.
mySPOX-User NickyNail: Ein klares Nein. Sensibelchen De Bruyne hatte beim ruhigen VfL - einem Meisterkandidat in einer Top-Drei-Liga Europas - alle Freiheiten. Er war bei einem finanzstarken CL-Teilnehmer der unumstrittene Star. Diesen Status gibt er auf, um zurück in eine Liga zu gehen, die schon einmal zu hart für ihn war. In ein Team voller Stars, das zumindest auf europäischer Ebene den Beweis seiner Klasse bislang schuldig geblieben ist.
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Wie sinnvoll ist der Transfer aus Sicht der Citizens?
David Kreisl (SPOX): Als TV-Geld-gesegneter Premier-League-Klub mit Scheich-Hilfe muss man sich um die Finanzen ohnehin nicht sorgen - siehe den immer noch unfassbaren Sterling-Deal oder mittlerweile über 200 Millionen Euro Transferausgaben. Und solange man die Strahlkraft besitzt, um die Leute wie De Bruyne locken zu können, warum nicht? Risiko gibt's trotz des Preises nicht. Klappt's, hat man einen Weltklasse-Spieler, klappt's nicht, verscherbelt man ihn und holt den nächsten.
Marc-Oliver Robbers (SPOX): Ob ein Transfer Sinn macht, ist bei City eher zweitrangig. Es geht darum, jedes Jahr aufs Neue hochveranlagte Spieler zu präsentieren. Die Erwartungshaltung wird von Beginn an brutal sein wird. De Bruyne ist flexibel einsetzbar und wird sicher im vollgesteckten Spielplan der Engländer seine Spiele bekommen. Alle Topteams haben mittlerweile auch auf Position 15 oder 16 Weltklasse-Leute. Von daher macht es sportlich durchaus Sinn, die Ablösesumme lässt mich trotzdem an der Sinnhaftigkeit zweifeln. Vielleicht bin ich auch einfach altmodisch.
Ben Barthmann (SPOX): 23 Feldspieler sind es derzeit, mit De Bruyne 24, die dem Trainer zur Verfügung stehen. Zieht man mal die drei jungen Offensivspieler ab, ist das kein allzu großer Kader. Wie bereits in der Vorfrage angesprochen sehe ich auch keinen ähnlichen Spielertyp wie De Bruyne, abgesehen von Silva. Demnach hat sich City durchaus gut verstärkt. Geld spielt in Manchester so oder so keine Rolle, das FFP sorgt für viel, nur für keinen Sparkurs.
mySPOX-User NickyNail: Zugegeben: Bei einer möglichen Sturmreihe Sterling, Agüero, De Bruyne läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Die Citizens haben einen der heißesten Offensivspieler vom Markt genommen. Herzlichen Glückwunsch! Doch fast schon traditionell bleibt auch dieses Jahr die Frage, ob City sein Kleingeld nicht lieber in eine Verstärkung der Abwehr oder in einen echten Agüero-Ersatz investiert hätte.
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Was bedeutet der Premier-League-Wahnsinn für die BL?
David Kreisl (SPOX): Gefühlt nichts Gutes, doch bringt es wenig, jetzt Orakel zu spielen. Den nichtenglischen Klubs bleibt wenig übrig außer: Am Limit abkassieren und schauen, wie lange das ganze Konstrukt mit den surrealen Summen in nur einer Liga überhaupt gut geht. Solange City für Spieler wie Otamendi und Sterling über 100 Millionen Euro zahlt, hat es ja auch etwas Witziges.
Marc-Oliver Robbers (SPOX): Es haben ja schon etliche Bundesliga-Manager Alarm geschlagen. Die Wettbewerbsfähigkeit ist natürlich in Gefahr, wenn sich im Grunde jeder Spieler, der zwischen der Bundesliga und der Premier League wählen kann, aus finanziellen Gründen für England entscheiden muss, weil die Gehaltsunterschiede zu eklatant sind. Das Problem wird Bayern aufgrund ihrer finanziellen Potenz und der zusätzlichen Strahlkraft nicht wirklich tangieren, aber für allen Teams in Deutschland ist das ein Problem. Von daher gibt es nur eine Lösung: Immer das Maximum herausschlagen. Die bekloppten Ablösesummen mitnehmen und sinnvoll reinvestieren. Deutschlands Nachwuchsarbeit ist immer noch herausragend und ein Pfund im Wettkampf mit der Premier League. Rumheulen bringt nichts!
Ben Barthmann (SPOX): Das ist allerdings ein interessantes Thema, die Fernseheinnahmen sind einfach enorm. Ein ähnliches Potenzial ergibt sich in Deutschland nicht wirklich, dafür ist der Zuschauer hier etwas zu knauserig, um so einen TV-Vertrag durchzudrücken. Aber: Viel Geld schränkt auch gerne mal die Fantasie ein und hier punktet die Bundesliga doch auch schon in den letzten Jahren ordentlich. Was die Klubs gemessen an ihren Möglichkeiten auf die Beine stellen ist mehr als beachtlich. Dazu kommt, dass die Bundesliga die PL-Klubs endlich an die finanzielle Schmerzgrenze treibt. Siehe Roberto Firmino, Son, Baba und jetzt De Bruyne.
mySPOX-User NickyNail: Die Entwicklung ist sicherlich bedenklich - zumal die große Flut an TV-Geldern erst noch bevorsteht. Die BL-Klubs müssen sich daran gewöhnen, ihre Stars nicht immer halten zu können. Allerdings werden sie mit riesigen Transfersummen entschädigt, mit denen die starke deutsche Talentausbildung weiter vorangetrieben werden kann. Talente erhalten in der BL Spielminuten - in der PL spätestens jetzt nicht mehr.
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War De Bruynes Wechsel der Königstransfer der Sommerperiode?
David Kreisl (SPOX): Was die Summe angeht ja, was das Theater drum herum anbetrifft auch - was die Personalie an sich angeht aber definitiv nein! De Bruyne wird bei den Citizens nicht ad hoc gesetzt sein oder Star-Status innehaben. Da gibt es andere Spieler, die ihre neuen Klubs sofort weiter bringen und mehr Einfluss haben (werden). Di Maria, Vidal, Costa, Pedro, um nur einige zu nennen.
Marc-Oliver Robbers (SPOX): Glaube ich nicht. Es gibt ja noch den Kollegen van Gaal, der scheinbar mit noch verrückten Summen hantieren darf als die Scheichs nebenan. Man muss natürlich abwarten, wen Louis mit dem vielfachen Antlitz der Queen überzeugen kann, auf die Insel zu kommen, aber ich gehe fest davon aus, dass United noch richtig was aus dem Hut zaubern wird. Der Wahnsinn ist noch nicht beendet! Mal ganz davon ab, ist der Transfer von Angel di Maria zu PSG für mich noch die größere Nummer. Der Kollege war ja mit seinen 63 Millionen fast ein Schnäppchen.
Ben Barthmann (SPOX): Von der Summe her sowieso, außer van Gaal und die Red Devils rasten noch aus. Über das Wechseltheater brauchen wir gar nicht diskutieren, das war hollywoodreif. Vom sportlichen Potenzial sehe ich aber ein paar Transfers als wirkungsvoller an, Vidal Kovacic oder Depay dürften deutlicher einschlagen, den Chilenen halte ich für den Transfer des Sommers. Verhandlungstechnisch hat Sevilla sowieso alles abgeräumt. Wer mit einem Plus von 20 Millionen sowie Transfers wie Konoplyanka und Llorente aus einer Transferphase geht, der hat einen Orden verdient.
mySPOX-User NickyNail: Definitiv ja. Sollten die kolportierten 75-80 Mio. der Wahrheit entsprechen, ist KdB der teuerste Sommertransfer. In ähnliche Regionen kommen nur di Maria und Sterling. Der erste wurde von ManU verschmäht. Sein Wechsel ist ein Rückschritt. Der zweite ist drei Jahre jünger als de Bruyne und muss seine Klasse und Professionalität erst über einen längeren Zeitraum unter Beweis stellen.
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