"Nuri Sahin hat Angst vor Hunden"

Marcel Schmelzer spielt bereits seine elfte Saison für Borussia Dortmund
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Marcel Schmelzer spielt bereits seine elfte Saison für Borussia Dortmund und ist jetzt 28 Jahre alt. Der BVB-Linksverteidiger im Interview über sein Hobby Hunde, gesunden Lebenswandel, die Wahrnehmung seiner Person und Gedanken über einen Wechsel.

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SPOX: Herr Schmelzer, als wir vor drei Jahren miteinander sprachen, überlegten Sie, ob Sie mit dem Klavierspielen anfangen sollen. Und?

Marcel Schmelzer: Leider gibt es da nichts Neues. Ich habe mit ein paar Musiklehrern gesprochen und unterschiedliche Antworten bekommen. Mal hieß es, dass ich zuvor unbedingt Noten lesen können muss. Andere sagten, ich könne direkt anfangen - und zwei Tage später stand es bereits im Internet. Das war mir dann etwas zu doof. Der aktuelle Stand ist, dass mir ein guter Kumpel, der sehr gut Klavier spielt, im Sommer ein bisschen was beibringen wird.

SPOX: Ihr derzeit größtes Hobby sind Ihre beiden Hunde Oskar und Mimi. Sie engagieren sich zudem im Tierschutz und werben dafür, Hunde nicht beim Züchter, sondern im Tierheim zu kaufen oder zu adoptieren. Woher kommt Ihre Liebe zu Hunden, hatten Sie schon früher als kleines Kind in Magdeburg welche?

Schmelzer: Nein, ich habe Hunde aber schon immer gemocht. Meine beiden Großeltern hatten jeweils einen, so dass es meinen Bruder und mich immer gefreut hat, wenn wir sie besucht haben und mit den Hunden spielen konnten.

SPOX: Wie ist es dann aber als Erwachsener dazu gekommen, sich den Jack-Russell-Terrier Oskar zuzulegen?

Schmelzer: Das haben meine Frau und ich ganz am Anfang einfach klassisch entschieden, ich wollte auch schon immer mal einen Hund haben. Seitdem ist die Liebe zu diesen Tieren neu entflammt. Ich habe schließlich durch Bekannte erfahren, dass teilweise im südlichen Italien erschreckende Zustände herrschen. Dort wird der Hund in einigen Regionen nicht als Tier und bester Freund des Menschen angesehen, sondern als Gegenstand - und entsprechend wird er behandelt. So sind wir auf das Tierschutzprojekt aufmerksam geworden.

SPOX: Ihren zweiten Hund Mimi haben Sie in einem Tierheim in Apulien entdeckt, seitdem liegt Ihnen auch die Vermittlung von Straßenhunden am Herzen. Hat es Sie anfangs erstaunt, dass Sie für ein solches Thema empfänglich sind?

Schmelzer: Ein bisschen vielleicht. Durch unseren ersten Hund haben wir gemerkt, wie sehr er menschliche Züge in sich trägt und wie herzerwärmend das sein kann. Wenn Oskar gefressen hat und dann noch einmal Hunger hat, du ihm aber nichts mehr gibst und stattdessen sagst, er soll wieder auf seinen Platz gehen, dann liegt er da und würdigt dich keines Blickes mehr. (lacht) Das ist ein kleines Beispiel und das finde ich wirklich schön. Daher kann ich es auch absolut nicht nachvollziehen, wie Hunde in anderen Ländern behandelt werden.

SPOX: Welche Eigenschaften Ihrer Hunde gefallen Ihnen am besten?

Schmelzer: Die Freundlichkeit, wenn man nach Hause kommt. Ganz egal, wie mein Tag lief - die beiden freuen sich einfach. Auch deren Tag kann sonstwie verlaufen sein, sobald das tägliche Wiedersehen stattfindet, herrscht pure Freude. Die Hunde lassen mich total abschalten. Am Tag nach den Spielen gehe ich mit beiden immer auf eine große Runde. Zu sehen, welche Freude am Leben die beiden ausstrahlen, ist einfach herrlich - besonders bei Mimis Vorgeschichte.

SPOX: Nuri Sahin wohnt bei Ihnen um die Ecke, Sie fahren manchmal gemeinsam zum Training. Sind Sie auch schon einmal zusammen Gassi gegangen?

Schmelzer: Das funktioniert nicht, denn Nuri hat Angst vor Hunden. Deshalb bin ich auch meistens bei ihm zu Besuch. Wenn er zu mir kommen würde, müsste ich die Hunde wegsperren und das möchte ich nicht. Ich habe auch schon alles versucht und ihm erklärt, dass meine beiden ihm gar nichts tun würden. Mimi ist zwar groß, hat aber mehr Angst vor ihm als andersrum. Es geht allerdings trotzdem nicht.

SPOX: Sahin ist wie Sie schon lange mit dem Verein verwurzelt. Sie sind nun 28 Jahre alt und spielen aktuell bereits Ihre elfte Saison in Dortmund. Hätten Sie das anfangs für möglich gehalten?

Schmelzer: Nie im Leben. Als ich mit 17 meinen ersten Zweijahresvertrag hier unterschrieben habe, dachte ich, ich kann hier in der A-Jugend ein paar Spiele machen und dann geht es halt irgendwo anders weiter. Dann erreichte ich recht schnell den Seniorenbereich und seitdem lief es eben immer so weiter. Es freut mich extrem, eine solch lange Zeit hier zu sein - zumal ich schon als kleiner Junge großer BVB-Fan war.

SPOX: Wie zügig ging die Zeit vorüber?

Schmelzer: Es geht leider enorm schnell, das stelle ich an jedem Geburtstag fest. Besonders die erfolgreichen Jahre vergingen wie im Flug. Sollten wir künftig noch einmal an solche Erfolge anknüpfen können, dann lernt man sie bestimmt auch besser zu genießen als damals mit 22 oder 23 Jahren. Wir waren alle solch junge Burschen und sind da einfach durchmarschiert. Ich glaube, das haben wir damals gar nicht so richtig realisiert. Jetzt im Nachhinein ärgere ich mich ein wenig, denn ich hätte das eigentlich noch mehr genießen sollen.

SPOX: Wie sehr hat Sie die lange Zeit beim BVB verändert?

Schmelzer: Dortmund ist jetzt meine erste Heimat. Mein ganzes Leben spielt sich hier ab, meine Mutter und mein Bruder wohnen hier. Ich bin fast schon so lange hier wie ich in Magdeburg gewesen bin. Ich fühle mich daher als Ruhrpottler, weil ich die Art dieses Menschenschlags einfach mag. Die Leute sind total nett, sehr aufgeschlossen und vor allem immer ehrlich, es gibt keine oberflächliche Freundlichkeit. Das kommt mir als Typ entgegen und hat mich weitergebracht.

SPOX: Welche Rolle spielt in der Begegnung mit den hiesigen Menschen die Tatsache, dass der Verein eine riesige Bedeutung für sie hat?

Schmelzer: Als ich damals die Familien und Freunde meiner Schulkameraden näher kennengelernt habe, merkte ich, welche Anziehungskraft der Klub für die Leute in der Stadt hat. Das ist vielen anfangs gar nicht bewusst, wenn sie hier herkommen. Wenn du aber Leute triffst, die seit 30 Jahren in Dortmund leben und seit 20 Jahren ins Stadion gehen, dann beeindruckt das einfach. Ich glaube, ich habe die Bedeutung des Vereins schneller und frühzeitiger verstanden als andere.

SPOX: Wenn Sie sehen, wie sich solch junge Kerle wie die 17-jährigen Christian Pulisic oder Felix Passlack in der Gruppe verhalten, ist dies dann ein großer Unterschied zu Ihrer Anfangszeit?

Schmelzer: Ja. Ich war damals sehr ruhig und habe alles getan, um nicht den offensichtlichen Anschiss zu kassieren. (lacht) Heute kommen die Jungs mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein zum Profitraining. Das finde ich einerseits echt cool, anderseits sollte man den Bogen auch nicht weiter überspannen. Es geht darum, sowohl einen gewissen Respekt vor den etablierten Spielern zu haben, als auch die nötige Lockerheit, um im neuen Umfeld bestehen zu können. Christian und Felix sind ein gutes Beispiel dafür: sie gehen ruhig und respektvoll vor, bringen aber trotzdem ihre Leistung auf den Platz.

SPOX: Sie hatten in Dortmund nicht immer ein einfaches Standing. In letzter Zeit häufen sich aber besonders auf Fanseite die Stimmen, wonach Sie als heimlicher Mannschaftskapitän und echter Borusse durchgehen. Spüren Sie das auch?

Schmelzer: Wenn mich die Fans so wahrnehmen - ich habe nichts dagegen. (lacht) Dass ich zu Beginn nicht gleich der absolute Fan-Liebling war, liegt wohl auch daran, dass ich auf eine Legende wie Dede gefolgt bin und man erst einmal genauer hingeschaut hat, was der vermeintliche Nachfolger nun anstellen wird. Ich glaube, die Fans haben mit den Jahren einfach gesehen, dass bei mir zwar nicht pausenlos Weltklasse-Leistungen herauskommen, ich aber immer versprechen kann, 100 Prozent zu geben. Das ist vielleicht einer der Gründe.

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