SPOX: Natürlich ist es immer schwer, einzelne Person hervorzuheben. Aber wäre der Klassenerhalt auch ohne Sandro Wagner möglich gewesen?
Gondorf: Sandro sagt selbst, dass er seine Saison des Lebens gespielt hat. Er hat bisher noch nie so viele Tore in einer Spielzeit erzielt wie bei uns, dadurch hat er natürlich einen entscheidenden Anteil an unserem Erfolg. Aber ich sage immer noch, auch wenn es abgedroschen klingt: Bei uns ist die Mannschaft der Star. Wir konnten unser Ziel nur gemeinsam erreichen. Nicht ein Spieler war ausschlaggebend, sondern die Homogenität der gesamten Truppe war allesentscheidend. Selbst die Jungs, die sportlich kaum eine Rolle gespielt haben, haben durch ihren Einsatz im Training die Stammspieler immer wieder gepusht. Vor allem hat nie ein Ersatzspieler Stunk gemacht. Aber klar, ohne Sandros Tore wäre es nicht einfacher geworden, die Klasse zu halten.
SPOX: Wagner gilt nicht erst seit seinen Äußerungen im "Aktuellen Sportstudio" als nicht unbedingt einfacher Charakter. Welche Rolle hatte er in der Mannschaft - auch außerhalb des Platzes?
Gondorf: Er hat in der Mannschaft den gleichen Stellenwert, wie jeder andere. Natürlich ist er ein Typ mit Ecken und Kanten, aber er hat sich perfekt bei uns integriert und untergeordnet, damit wir unser gemeinsames Ziel erreichen konnten. Anders geht es bei uns gar nicht. Spieler, die meinen sie seien etwas Besonderes, wären von unserem Trainerteam überhaupt nicht verpflichtet worden. Vielleicht wird Sandro in der Öffentlichkeit ein bisschen falsch wahrgenommen.
SPOX: Aber war es nicht verwunderlich, dass er nicht mit der Mannschaft den vorzeitigen Klassenerhalt feiern wollte, sondern stattdessen direkt nach München fuhr?
Gondorf: Er ist ja noch mit nach Darmstadt gekommen und hat gemeinsam mit uns im Ratskeller gefeiert. Wir konnten alle nachvollziehen, dass er dann etwas früher fuhr, er ist eben ein totaler Familienmensch. Ich hatte das Glück, dass meine Brüder in Berlin im Stadion waren und so konnte ich am Anschluss mit ihnen feiern. Aber Sandros Familie wohnt in München, die sieht er nicht so oft. Daher hatten wir in der Mannschaft dafür absolutes Verständnis.
SPOX: Bei allen Feierlichkeiten, richten wir doch einmal den Blick auf die kommende Spielzeit. Es laufen einige Verträge aus, zudem hat der eine oder andere Spieler durch seine hervorragenden Leistungen Begehrlichkeiten geweckt. Steht nun ein großer Umbruch an?
Gondorf: Es durchaus möglich, dass sich die eine oder andere Personalie in der Mannschaft ändern wird. Nach so einer Runde stehen bestimmt einige Spieler auf dem Zettel diverser Vereine, allerdings hat der SV Darmstadt diesbezüglich noch ein Wort mitzureden - und die Spieler auch wissen, was sie an dem Verein haben. Wie es Trainer Schuster zuletzt schon gesagt hat, muss der Verein auf der anderen Seite auch abwiegen. Wenn sich eine Win-win-Situation wie möglicherweise im Falle von Sandro Wagner ergibt, muss man darüber nachdenken, ob es Sinn macht, den Spieler für eine gewisse Summe ziehen zu lassen.
SPOX: Bleiben wir doch beim Vater des Erfolgs. Denken Sie, dass Dirk Schuster auch in der kommenden Saison noch auf der Bank sitzen wird?
Gondorf: Er hat Vertrag bis 2018 und insofern gehe ich fest davon aus, dass er auch in der kommenden Saison Trainer der Lilien sein wird. Die Mannschaft ist Schusters Baby, da würde es einem sicher nicht leicht fallen, wegzugehen.
SPOX: Glauben Sie, dass sich der SV Darmstadt mit dem Klassenerhalt nun für längere Zeit in der Bundesliga etablieren kann?
Gondorf: Das ist schwierig zu beantworten, weil Darmstadt noch immer den kleinsten Etat der Liga haben wird. Natürlich fließt durch das weitere Jahr in der Erstklassigkeit wieder ein bisschen mehr Geld in die Kassen, aber die ganz großen Sprünge sind am Böllenfalltor dadurch immer noch nicht drin. Darmstadt spielt auch in der kommenden Saison vom ersten Spieltag an gegen den Abstieg. Auch in Sachen Neuzugänge wird sich Darmstadt bestimmt treu bleiben und vielleicht eher an den Spieler orientieren, die in der Vorbereitung bei anderen Bundesligisten nicht so zum Zug kommen. Nichtsdestotrotz war der Klassenerhalt ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist eine Basis gelegt worden, um sich zumindest für die nächsten Jahre dauerhaft in der 1. oder 2. Liga präsentieren zu können.
SPOX: Sie sprechen die Transfers an. Wird es im Sommer nicht schwierig, Spieler wie beispielsweise Luca Caldirola zu verpflichten. Immerhin hat sich Darmstadt etabliert und die Konkurrenz will die Lilien ja nicht wieder stärken...
Gondorf: Natürlich wird es nicht einfach für den Verein, qualitativ hochwertige Spieler zu verpflichten, weil man als Bundesligist nun anerkannt ist. Letztes Jahr dachte jeder, wir steigen mit Pauken und Trompeten ab, doch inzwischen hat man Respekt vor uns und unserer Spielweise.
SPOX: Mit den Leistungen in den letzten Wochen haben auch Sie sich auch in den Fokus mehrerer Vereine gespielt, zudem läuft Ihr Vertrag 2017 aus. Gibt's schon etwas Konkretes zu vermelden?
Gondorf: Jetzt haben wir ab nächste Woche erstmal Sommerpause, da möchte ich mich erholen. Ich habe mir über meine Zukunft noch keine Gedanken gemacht, weil ich ja ohnehin Vertrag habe und der Fokus zuletzt ausschließlich auf den Klassenerhalt lag. Den wollen wir jetzt erstmal feiern, der Rest wird sich zeigen.