"Heidel und Weinzierl waren geschockt"

Axel Schuster arbeitete bei Mainz 05 mit Christian Heidel und wechselte mit ihm zum FC Schalke 04
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SPOX: Wie war denn eigentlich Ihr allererstes Aufeinandertreffen mit Heidel?

Schuster: Das weiß ich gar nicht mehr genau. Ganz am Anfang hatte ich nur mit dem Jugendleiter zu tun. Christian wird bestimmt mal irgendwo mit mir zusammen herumgestanden haben. Wir waren zum Zeitpunkt des Bayern-Spiels auch noch nicht so befreundet wie heute, er ist ja sogar mein Trauzeuge. Christian hat aber schon damals vom ersten Tag an niemanden gebremst, andere Ideen zugelassen und auch Fehler zugestanden. Er beansprucht nichts für sich und hat keine Angst, sein Wissen weiterzugeben. Ich habe von ihm die gesamten Grundzüge dieses Geschäfts erlernt.

SPOX: Gab es dann eine Initialzündung für den Job als Teammanager?

Schuster: Das war zwei Tage vor Weihnachten 1999 ein Pokalviertelfinalspiel gegen Bayern München im Olympiastadion, die bis dato größte Partie der Mainzer Geschichte. Man hatte intern die Idee, daraus die größte Auswärtsfahrt zu machen. Da zwischen Auslosung und Spiel nicht so viel Zeit war, bedurfte es einer Person, die sich ausschließlich um dieses Projekt kümmert. Christian fragte mich dann, ob ich das nicht machen wolle.

SPOX: Und dann?

Schuster: Sind wir mit vier Sonderzügen und 50 Bussen dorthin gefahren. Ich weiß noch, wie Carsten Jancker und Oliver Kahn nach dem Spiel sagten, dass sie so etwas noch nie erlebt hätten. Wir hatten ein echtes Heimspiel in München. Es waren 11.000 Zuschauer da, 8000 kamen aus Mainz. Die Bayern hatten nicht mal die Gegengerade vom Schnee geräumt. (lacht)

SPOX: Das reicht also schon aus, um Teammanager zu werden?

Schuster: Ich habe mich damals auch um den Aufenthalt der Mannschaft in München und den Trainingsplatz gekümmert. Unser Trainer Wolfgang Frank sagte nach dieser Geschichte dann aber zu Christian: Den brauche ich, der muss mir im Abstiegskampf die Dinge organisieren. Christian sagte, ich solle doch im Januar mit ins Trainingslager fahren. Ich habe meine Bücher eingepackt und bin mitgekommen, auch wenn ich vor Ort kein einziges Training gesehen habe, weil ich nur währenddessen zum Lernen fürs Examen kam.

SPOX: In den nächsten Monaten kam Mainz sportlich nicht wirklich zur Ruhe, es wurde sehr schnell auch für Sie turbulent.

Schuster: Man darf dabei nicht vergessen, dass der Verein mit inklusive mir zwei Angestellten auf der Geschäftsstelle noch immer winzig war. Wolfgang Frank ging im April, sein Co-Trainer Dirk Karkuth wurde bis Saisonende Cheftrainer, wir hielten die Klasse, im Sommer kam Rene Vandereycken, vier Monate später übernahm Eckhard Krautzun und blieb drei Monate, bis am 28. Februar 2001 Jürgen Klopp Trainer wurde. Die 14 Monate ab diesem Spiel in München waren schon verrückt, danach war nur noch Langweile angesagt. (lacht)

SPOX: Als Klopp Cheftrainer wurde, gab man Ihnen einen Vollzeitvertrag. Haben Sie da lange überlegen müssen?

Schuster: Das war letztlich ein fließender Übergang, da die einzelnen Trainer zuvor schon darauf bestanden haben, mit mir einen täglichen Ansprechpartner zu haben, während Christian in seinem Büro saß. Die Verhandlungen zwischen Christian und mir haben nie länger als eine Tasse Espresso gedauert. Meistens waren wir uns schon einig und haben erst danach daran genippt.

SPOX: Heidel sagte, Sie seien sauer auf ihn gewesen, da er Sie nicht gefragt hatte, ob Sie mit ihm nach Schalke kommen würden. Stimmt das?

Schuster: Er hat mich nicht abgeworben und auch nicht den ersten Schritt gemacht. Das ist uns beiden auch wichtig. Ich war aber natürlich nicht sauer, sondern wusste von der ersten Kontaktaufnahme an über das Thema Schalke Bescheid. Ich selbst habe mich erst damit auseinandergesetzt, als er mir sagte, er würde das jetzt machen. Für ihn war es anfangs ja gar kein Gedanke, dass er wirklich einmal zusagen würde.

SPOX: Weshalb haben Sie sich nicht selbst in Mainz als möglicher Heidel-Nachfolger positioniert?

Schuster: Erstens wusste ich nicht sicher, ob ich noch der Beste für Mainz sein kann. Ich bin ein Mensch, der beispielsweise auch nicht zwei Mal am selben Ort Urlaub machen kann, weil es mich sonst langweilt. Ich brauche Fortschritt und Mainz 05 ist mittlerweile an einem Punkt angekommen, wo eine weitere wirkliche Entwicklung gar nicht so schnell umzusetzen ist. Im Moment befindet sich der Klub eher in einer Phase, in der man das Erreichte stabilisieren muss. Ich dachte mir: Vielleicht gibt es stattdessen jemanden, für den Mainz 05 eine riesige Herausforderung ist und der so vor Ideen und Elan sprüht, dass er den Job letztlich auf Dauer besser machen kann als ich.

SPOX: Und zweitens?

Schuster: Gab es im Hinterkopf mit Schalke eine mögliche andere Option. Ich habe es vor allem für mich selbst als unrealistisch angesehen, in Mainz die Nachfolge von Christian Heidel anzutreten. Ich habe seit 1999 dieses Rollenverständnis gespielt und zu allen Menschen im Verein eine ziemliche Nähe. Aus dieser Gemengelage heraus solche Fußstapfen zu füllen und sich dabei selbst noch profilieren zu müssen, das habe ich für mich schlicht nicht gesehen.