"Bedenklich, wie sich der HSV darstellt"

Markus Schupp (l.) hatte in Kaiserslautern hin und wieder Meinungsverschiedenheiten mit Stefan Kuntz
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SPOX: Ein anderer Traditionsklub, mit dem Ihr Weg verknüpft ist, versinkt derzeit im Chaos: der Hamburger SV. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen dort?

Schupp: Es ist schwierig, das aus der Entfernung zu beurteilen. Aber es ist schon bedenklich, wie sich der Verein darstellt und wo er sich hin entwickelt hat. Ich durfte dort aktiv spielen und später als Assistenztrainer arbeiten. Ich hoffe, dass der HSV in der Liga bleibt. Aber das wird noch schwieriger als in den letzten Jahren.

SPOX: Gehen einem solche Entwicklungen in einem Ex-Verein nahe oder entwickelt man eine professionelle Distanz?

Schupp: Ich habe zum HSV eine besondere Beziehung. Außerdem weiß ich natürlich, welche infrastrukturellen Möglichkeiten beim HSV vorliegen. Eigentlich müsste der HSV aufgrund der Gegebenheiten eine gute Rolle in der Bundesliga spielen.

SPOX: Derzeit sucht der HSV nach einem Sportdirektor. Wäre eine solche Aufgabe für Sie reizvoll?

Schupp: Aus meiner damaligen Perspektive und meinen Erfahrungen kann ich nur positiv über den HSV sprechen. Das ist ein sehr guter Klub mit tollen Fans, die auch in schwierigen Zeiten hinter dem Team stehen. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen sich intensive Gedanken um die Besetzung dieser Position machen.

SPOX: Sie haben in der Vergangenheit nicht nur gute Spieler entdeckt, sondern auch mit aufstrebenden Trainern zusammengearbeitet. Beim VfR Aalen sind Sie einst mit Ralph Hasenhüttl in die 2. Liga aufgestiegen. Wie sehen Sie seinen Weg seitdem?

Schupp: Ich habe Ralphs Weg natürlich weiter verfolgt. Sein Werdegang ist überragend.

SPOX: Mittlerweile arbeitet Hasenhüttl bei RB Leipzig und mischt die Bundesliga auf. Muss Bayern den Aufsteiger schon in dieser Saison auf dem Zettel haben?

Schupp: Vielleicht gerade diese Saison, weil sie frei von allem Druck spielen. Von einem Aufsteiger erwartet man eigentlich nur, dass sie in der Liga bleiben - auch wenn sie dort andere finanzielle Möglichkeiten haben. Sie spielen erfrischend, mit viel Aufwand und Vertrauen in Ralphs System.

SPOX: Im Laufe unseres Gesprächs haben Sie Ihre Vorstellungen einer Kaderplanung erklärt. Kann man sagen, dass RB in den letzten Jahren nahe an Ihrem Ideal gearbeitet hat?

Schupp: Absolut. Das Konzept überzeugt mich. Sie holen junge Spieler, die bereits Qualität mitbringen, die man aber noch an ein System gewöhnen kann. In Leipzig finden diese Spieler Strukturen vor, wie es sie sonst nur bei etablierten Klubs gibt. Sie bringen alle Voraussetzungen mit, jahrelang um die Plätze eins bis fünf zu spielen.

SPOX: Da fallen einem wenige Gründe für einen Spieler ein, diesen Verein zu verlassen.

Schupp: Eben das ist der Punkt. Die Finanzen, die Infrastruktur und die Fachkompetenz kann man kaum noch toppen. Ralf Rangnick hat immer über den Tellerrand hinaus geschaut und das Vertrauen bekommen, alles zu entwickeln. Dann bindest du die Jungs auch emotional an diesen Verein. Wo soll ein Spieler nach Leipzig denn noch hin? Die einzige Steigerung in Deutschland ist der FC Bayern.

SPOX: Die Infrastruktur bei Leipzig beinhaltet auch das Nachwuchsleistungszentrum. Wie sehr sind solche Emporkömmlinge in der Jugendförderung eine Konkurrenz für Traditionsklubs? Der FCK hat geografisch zwar nicht mit Leipzig, aber durch Hoffenheim mit einem ähnlichen Fall zu kämpfen.

Schupp: Aus Sicht des FCK muss es höchste Priorität haben, dass man die Jugendarbeit von Hoffenheim oder Mainz auf dem Schirm hat. Dort entwickeln sich gute Spieler, aber nicht alle werden den Sprung in die erste Mannschaft schaffen - und dann muss ein Verein wie der 1. FCK da sein. Dafür ist es aber nötig, schon lange vorher eine Beziehung zu den Spielern aufzubauen. Marktkenntnis und Fleiß sind unabdingbar.

SPOX: Zum Abschluss noch einmal zu Ihrer persönlichen Zukunft: Welche Voraussetzungen müssten bei einem Angebot gegeben sein, damit es für Sie interessant wäre?

Schupp: Für mich steht im Zentrum, welchen Weg der Verein gehen möchte. Nicht der Ist-Zustand gibt den Ausschlag, sondern die Perspektive. Ich bin überzeugt, dass ich die Fähigkeit besitze, einen Verein weiter zu entwickeln. Das kann auch in der 3. Liga sein. Aber man muss ein Gefühl dafür bekommen, was der Verein vorhat. Wenn man auf einen gemeinsamen Nenner kommt, bin ich für alles offen.

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