"Man ist die Geisel des Smartphones geworden"

Max Eberl ist seit 1999 ohne Unterbrechung bei Borussia Mönchengladbach angestellt
© getty

Max Eberl hat mit Borussia Mönchengladbach eine unstete Hinrunde erlebt und Trainer Andre Schubert durch Dieter Hecking ersetzt. Im ersten Teil des Interviews spricht der Manager über seine Probleme mit Social Media, den Zusammenhang mit der Wahl in den USA sowie die Hoffnung auf mehr als nur Idioten.

Hier geht's zum zweiten Teil des Interviews mit Max Eberl

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SPOX: Herr Eberl, haben Sie eigentlich einen privaten Facebook-Account oder sonst irgendein Profil in den sozialen Medien?

Max Eberl: Nichts dergleichen.

SPOX: Warum nicht?

Eberl: Mir fehlt dort die Geradlinigkeit. Man versteckt sich hinter einem Nickname und scheint tun und lassen zu können, was man will. Ich möchte meinen Mitmenschen in die Augen schauen und direkt anstatt anonym kommunizieren. Ich mag da eine etwas altbackene Einstellung haben, aber mit dieser Welt habe ich einfach nichts am Hut. Sie ist mir fremd und ich habe vor ihr auch ein wenig Respekt.

SPOX: Inwiefern?

Eberl: Ich überspitze nun einmal bewusst mit einem Augenzwinkern. Früher war es so: Man hat am Samstag ein Bundesligaspiel verloren, am Sonntag getagt, vielleicht am Montag den Trainer entlassen und eine Woche später einen neuen eingestellt. Auch heute ist das Spiel um 17.15 Uhr beendet, doch um 17.20 Uhr muss der Trainer entlassen sein und um halb 6 wird schon nach Plan B gefragt. Das ist mir zu schnell geworden. Man muss sich in dieser neuen Welt sicherlich zurechtfinden. Ich möchte trotzdem versuchen, meine eigenen Gedanken und Ideen in der realen Welt zu belassen.

SPOX: Ihr Sohn erreicht bald das Erwachsenenalter. Ab wann haben Sie ihm den Umgang mit Handy und Co. erlaubt?

Eberl: Es hat länger gedauert als bei anderen, bis er ein Handy bekam oder sich bei Facebook anmelden durfte. Irgendwann lässt sich das aber nicht mehr verbieten. Selbst Schulaufgaben oder Mitteilungen der Lehrer werden bisweilen über Facebook kommuniziert. Das Handy - damals noch kein Smartphone - gab es, weil er während seiner Zeit in der Jugend bei Borussia Mönchengladbach Turniere in Deutschland und Europa gespielt hat. Da wollte ich natürlich wissen, ob er angekommen ist oder nicht. (lacht)

SPOX: Inwiefern waren Sie beim Thema Handynutzung ein schlechtes Vorbild für ihn, schließlich benutzen Sie es ja selbst jeden Tag?

Eberl: Wir haben versucht, ihn bei diesen Themen so gut es geht zu begleiten und mittels externer Hilfe aufzuzeigen, welche Gefahren es im Bereich Social Media geben kann. Die Erfahrung muss er aber schon auch ein Stück weit selbst machen. Für mich ist das Handy mittlerweile mein mobiles Büro. Wer möchte, ist damit 24 Stunden täglich erreichbar. Man ist ein wenig die Geisel des Smartphones geworden und muss sich Phasen im Alltag schaffen, in denen das Handy keine Rolle spielt.

SPOX: Wie schwierig ist es für Sie geworden, es mal über längere Zeit nicht zu beachten?

Eberl: Für mich gilt: Dinge, die abends um 22 Uhr telefonisch zu klären wären, sind auch vorher oder am Tag danach zu klären. In der Transferperiode oder bei Anliegen von Spielern ist das natürlich etwas anders gelagert.

SPOX: Wäre Ihr aktueller Job ohne Handy noch durchführbar?

Eberl: Nein. Es ist ja für manche der jüngeren Generation unvorstellbar, dass es eine Zeit ohne Handy und lediglich mit einem Festnetzanschluss gab. (lacht)

SPOX: Welche grundsätzlichen Gefahren sehen Sie im Umgang mit Social Media?

Eberl: Nehmen wir die amerikanische Präsidentschaftswahl: Wenn ich höre, was da offenbar fingiert worden sein könnte, kommt man zum Schluss, dass Stimmungen und Richtungen und scheinbar auch Wahlen beeinflussbar sein können. Dann wird es schon gefährlich, das sorgt bei mir für Unbehagen. Der Fußball ist emotional und volksnah, jeder hat eine Meinung dazu. In manchen Foren geht es sehr wild zu, oftmals über eine objektive Betrachtung in eine subjektive und es endet teils in Verunglimpfungen. Es können leicht Grenzen überschritten werden. Die Handhabe halte ich zudem für schwierig, da ich aufgrund der Anonymität nicht weiß, an wen ich mich konkret wende.

SPOX: Albert Einstein hat einmal gesagt: "Ich fürchte den Tag, an dem die Technologie unsere Menschlichkeit überholt. Die Welt wird dann eine Generation von Idioten sein." Ist das zu drastisch ausgedrückt?

Eberl: Dem ersten Satz stimme ich zu. Ich sehe die Gefahr auch, wenngleich sie nicht nur von der Technologie ausgeht - aber auch. Beim zweiten Satz habe ich die Hoffnung, dass es auch noch andere Kategorien als nur Idioten gibt. (lacht) Es ist schon auffällig, dass der persönliche Austausch immer seltener und oftmals von Textnachrichten ersetzt wird. Dabei fehlen jedoch Optik, Mimik oder das Gemüt das anderen. Es ist ja nahezu unmöglich, Ironie oder Wortwitz in einer SMS herüberzubringen. Man kümmert sich weniger, denn die Technologie erlaubt es im Grunde auf Knopfdruck, sein Leben per Smartphone zu bestreiten. Dadurch bleibt bisweilen Menschlichkeit zurück.

SPOX: Was denken Sie, wenn Sie Menschen sehen, die kaum den Blick vom Handy heben?

Eberl: Es ist auf jeden Fall sehr auffällig und ergibt ein skurriles Bild, wenn viele Menschen nur noch in ihre Hand starren. Andererseits muss ich schon sagen, und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren, dass es natürlich zahlreiche Vorzüge von Internet und Social Media gibt. Den Grundgedanken halte ich für durchweg positiv, doch auf der anderen Seite der Medaille schwingt auch Negatives mit.

SPOX: Komplett ignorieren kann man die sozialen Medien als Bundesligaverein oder Manager dennoch nicht. Wie wollen Sie damit persönlich künftig umgehen?

Eberl: Stimmt, ich werde die Welt nicht aufhalten können. (lacht) Ich kann aber darauf hinweisen, was für mich wichtig ist und wie ich diese Dinge sehe. Denn wer aufgibt, hat schon verloren. Es darf nicht darin enden, dass Menschen nur noch auf frühere Fehler reduziert und unverrückbar in Schubladen gesteckt werden. Das halte ich für sehr gefährlich, denn auf diese Weise wird über die sozialen Medien häufig Stimmung gemacht. Wir sollten den Blick für die Objektivität und Neutralität nicht verlieren.

SPOX: Viele Profis positionieren sich damit und bauen ihre eigene Marke auf. Häufig werden jedoch Banalitäten gepostet. Würden Sie das dortige Verhalten Ihrer Angestellten gerne stärker reglementieren können?

Eberl: Nein. Das kann und will ich nicht, denn jeder Mensch ist in seinem Tun und Handeln frei. Ich wundere mich manchmal schon, wie transparent einige mit ihrem Privatleben umgehen und dann erstaunt sind, wenn sie dafür vielleicht auch mal kritisiert werden. Unsere Spieler müssen gut überlegen, was und wie sie etwas posten. Es dürfen selbstverständlich keine vereinsschädigenden Inhalte veröffentlicht werden. Im Grunde ist die Regel banal: Jeder darf über sich so offen schreiben und reden, wie er will, aber er darf nicht mit dem Finger auf andere zeigen.

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