"Ich habe nicht so gerne gegen Ribery gespielt"

Juri Judt spielte in seiner aktiven Zeit nicht gerne gegen Franck Ribery
© getty

Juri Judt machte 44 Bundesligaspiele für den 1. FC Nürnberg und gewann mit dem Club zweimal in der Relegation. Im vergangenen Sommer beendete der Außenverteidiger seine aktive Karriere und begann eine Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt. Der 30-Jährige spricht im Interview über Duelle mit dem FC Bayern München, Sinn und Unsinn der Relegation und die Entwicklung seines Ex-Klubs RB Leipzig.

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SPOX: Herr Judt, Sie sind im heutigen Kasachstan geboren und im Kindesalter als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Wie verwurzelt sind Sie noch mit Ihrem Geburtsland?

Juri Judt: Ich habe ehrlich gesagt wenige Erinnerungen daran. Ich bin mit sechs Jahren rübergekommen. Ich habe dort auch keine Verwandten mehr, die ich besuchen könnte oder zu denen Kontakt besteht. Insofern habe ich kaum eine Verbindung dorthin.

SPOX: Sie hatten dennoch die Möglichkeit, unter Nationaltrainer Bernd Storck für Kasachstan zu spielen. Welche Überlegungen haben seinerzeit in Ihrer Abwägung eine Rolle gespielt?

Judt: Die Entscheidung fiel mir relativ leicht. Damals war ich bei Nürnberg Stammspieler und wollte mir diese Chance nicht verbauen. Der Club war nicht so angetan davon, dass ich womöglich auf Länderspielreisen gehen würde. Außerdem war es so, dass ich die deutsche Staatsbürgerschaft hätte ablegen müssen, um die kasachische anzunehmen. Das wollte ich nicht. Deswegen hat es sich ohnehin schnell auch aus bürokratischen Gründen zerschlagen.

SPOX: Heinrich Schmidtgal hat sich dafür entschieden, für Kasachstan zu spielen. Haben Sie mit ihm einmal über seine Entscheidung gesprochen?

Judt: Nein, mit ihm habe ich mich darüber nie ausgetauscht. Ich habe das eine oder andere Mal mit Bernd Storck telefoniert. Er hat mir die Chancen und die Probleme erläutert, gerade was die bürokratischen Schwierigkeiten angeht. Also habe ich das schnell beiseite gelegt.

SPOX: Stattdessen haben Sie in der deutschen U21 gespielt, unter anderem mit Manuel Neuer und Sami Khedira. Haben Sie in dieser Zeit von der A-Nationalmannschaft geträumt?

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Judt: Mit dem Gedanken habe ich mich kaum befasst. Ich war in der U21 ja kein unumstrittener Stammspieler. Ich war realistisch genug, um nicht abzuheben und von Dingen zu träumen, die weit entfernt waren. Aber die vier Länderspiele kann mir keiner mehr nehmen. Es war eine riesige Erfahrung, mit Jungs zu spielen, die heute Weltstars sind.

SPOX: Ein wichtiger Schritt für Ihren Werdegang war Ihr Wechsel von Ihrem Heimatverein zu Greuther Fürth, als Sie 13 Jahre alt waren. Wie lief das ab?

Judt: Der Kontakt kam über meinen Sportlehrer zustande. Er war mit dem Fürther Jugendtrainer Reinhold Hintermaier befreundet. Dieser kam bei uns in den Sportunterricht und schaute beim Fußballspielen zu. Danach hat er mich zu einem Probetraining eingeladen, in dem Heinz Höher mich gesehen und schließlich geholt hat. Dann hat alles seinen Lauf genommen.

SPOX: In Fürth haben Sie alle Jugendabteilungen durchlaufen und sind zur Saison 2005/2006 in den Profikader gestoßen. Können Sie sich noch Ihr erstes Zweitligaspiel erinnern?

Judt: Das weiß ich noch ganz genau. Es ging an einem Montagabend gegen 1860 München. Zuvor hat mich Benno Möhlmann bei einem Spaziergang gefragt, ob ich mir zutrauen würde zu spielen. Da sagt man logischerweise nicht nein. Ich habe bis zur 82. oder 83. Minute gespielt, es ging 2:2 aus. Das vergisst man nie wieder.

SPOX: Sie haben bis 2008 bei der SpVgg gespielt und dann den verbotenen Wechsel zum 1. FC Nürnberg gemacht. Haben Sie Anfeindungen erlebt?

Judt: Nein, Anfeindungen ist in dem Fall ein zu großes Wort. Natürlich gab es Situationen, in denen nicht jeder den Wechsel begrüßt hat. Aber es war nie grob oder dramatisch.

SPOX: Und innerhalb der Mannschaft?

Judt: Natürlich gab es ab und zu Witzeleien oder Anspielungen, aber das war alles nur Spaß, nie Ernst.

SPOX: Kaum beim Club angekommen haben Sie als Zweitligist bereits in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim FC Bayern München gespielt und Sie waren in der Startelf.

Judt: Das war der Wahnsinn. Bayern München ist sowieso die Mannschaft, gegen die ich am häufigsten gespielt habe. Ich habe da viele und meistens eher schlechte Erinnerungen. (lacht)

SPOX: Inwiefern?

Judt: Ich habe nicht so gerne gegen Franck Ribery gespielt. Er war damals in seiner absoluten Blütezeit. Das ist ein Ausnahmekönner und es ist wahnsinnig schwierig, ihn zu verteidigen.

SPOX: Sind die Duelle gegen die Bayern die Spiele, die für Sie persönlich beim Rückblick auf Ihre Karriere besonders herausstechen?

Judt: Einen bleibenden Eindruck haben für mich vor allem die Relegationsspiele mit Nürnberg gegen Energie Cottbus und den FC Augsburg hinterlassen. Das sind Spiele, bei denen sehr viel auf dem Spiel steht und der Druck enorm hoch ist. Die Tage davor, die Vorbereitung, die Presse, der Druck - das ist alles andere als angenehm. Wenn Du das durchmachst und auch noch erfolgreich bestreitest, macht Dich im Fußball, aber auch im Privatleben so schnell nichts mehr verrückt. Gegen die Relegation stinkt alles ab.

SPOX: Sie haben es geschafft, die Relegation zweimal hintereinander für sich zu entscheiden. Aber wie stehen Sie denn grundsätzlich zu dem Modus?

Judt: Für die Zweitligisten ist es brutal bitter, für die Erstligisten ist es gut. Ich sehe das sehr kritisch. Genauso schwierig ist für mich die Regelung in der Regionalliga, dass der Meister keine Garantie hat aufzusteigen. Für den Zuschauer sind die Relegationsspiele interessant. Aber ich fand die vorherige Regelung auf jeden Fall sinnvoller.

SPOX: Besonders in Nürnberg waren Sie enorm beliebt bei den Fans, weil diese Ihren Einsatzwillen und Ihre Einstellung geschätzt haben. Woher kommt diese Eigenschaft? Sind Sie privat auch so ein Beißer?

Judt: Ich sage es mal so: Ich muss meine technischen Defizite mit einer aggressiven Spielweise wettmachen. Aber mit mir als Privatperson hat das nichts zu tun. Privat bin ich entspannt und ein ganz anderer Mensch.

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