Thomas Müller hatte auf seiner Lieblingsposition entscheidenden Anteil an der besten Saisonleistung des FC Bayern - und damit ein Empfehlungsschreiben abgegeben. Die brutalen Attacken gegen Christian Gentner, Max Kruse und Christoph Kramer schocken die Liga, während nach nur vier Spielen der erste Trainer seinen Stuhl räumen musste. SPOX blickt auf die wichtigsten Themen des Bundesliga-Wochenendes.
Müller auf die Zehn oder gar nicht
Der FC Bayern hat nach dem durchwachsenen Saisonstart am Wochenende gegen den 1. FSV Mainz 05 erstmals vollends überzeugt. Vor allem offensiv brachen die Münchner die eindimensionale Lösungsfindung aus den Partien gegen Hoffenheim und Anderlecht auf und spielten deutlich variabler, einen Hauch anarchischer.
Entscheidenden Anteil an der kreativeren Offensive hatte der zuletzt häufig kritisierte Thomas Müller. Auf der Zehn fühlte sich der Weltmeister sichtlich wohler als auf dem rechten Flügel. Er war variabler Freigeist, ließ sich zurück ins Mittelfeld fallen, wich auf die Flügel aus oder gab die zweite Sturmspitze neben Robert Lewandowski.
Müller lief nicht nur mit 11,19 Kilometern die zweitlängste Distanz bei den Bayern (Kimmich: 11,69 km), er war auch erstmals seit April an zwei Treffern direkt beteiligt (ein Tor, ein Assist).
Teamkollege Arjen Robben bezeichnete Müllers Versetzung auf die Zehn als "Schlüssel" für die bislang beste Saisonleistung: "Mit Thomas auf der Zehn ist es eine ganz andere Aufstellung mit viel mehr Bewegung. Er ist wie ein zweiter Stürmer. Er geht in die Zwischenräume, in die Tiefe. Er reißt Lücken auf, schafft Räume für andere. Das hat den Unterschied gemacht", analysierte der Niederländer.
Müller selbst litt zuletzt darunter, dass Carlo Ancelotti ihn immer wieder auf Rechtsaußen brachte - und das obwohl er wisse, dass Müller kein Außenstürmer ist. Mit der Leistung gegen Mainz jedenfalls legte Bayerns Nummer 25 nachdrücklich seine Visitenkarte auf den Schreibtisch des Trainers.
Die Bundesliga wird zur Brutalo-Liga
Als Koen Casteels den VfB-Kapitän Christian Gentner in der 85. Minute mit seinem Knie niederstreckte, wurde es still in der Stuttgarter Mercedes-Benz Arena. Gentner lag blutüberströmt auf dem nassen Rasen und musste minutenlang behandelt werden. Die niederschmetternde Diagnose: Bruch in den unteren und seitlichen Augenhöhlenboden, im Nasenbein sowie im Oberkiefer.
Kein Wunder, dass der sportliche Erfolg in den Hintergrund rückte. "Wir stehen noch alle unter Schock und können uns nicht so über den Sieg freuen", sagte Wolf. Absicht wollte Casteels niemandem unterstellen, Vorwürfe gegen den Keeper gab es aus dem VfB-Lager dementsprechend nicht. Offen bleiben zwei Fragen: Warum griff der Videoassistent nicht ein? Und wird Casteels vom Verband noch gesperrt?
Auch bei Werder Bremen spielte das Resultat letztlich nur noch eine untergeordnete Rolle. "Der Ausfall von Kruse schmerzt mehr als die Niederlage", stellte Alexander Nouri klar.
Der Werder-Angreifer wurde in der 16. Minute von Thilo Kehrer heftig umgegrätscht und kam böse auf. Die bittere Nachricht kam wenige Stunden nach dem Abpfiff: Schlüsselbeinbruch und wochenlange Zwangspause für den 29-Jährigen. Mitspieler Fin Bartels brachte es auf den Punkt: "Das ist natürlich scheiße."
Glimpflicher kam Christoph Kramer davon. Der Gladbacher rauschte beim Kopfballversuch in das viel zu hohe Bein von Naby Keita und riss sich dabei die Lippe auf. Nach einer kurzen Behandlung stand Kramer aber wieder und kämpfte die restlichen Minuten, als wäre nichts gewesen. "Es sah schlimmer aus, als es war!", relativierte er nach dem Match. Schlimm war es dennoch und Keita sah Rot.
Freiburg absolut nicht Freiburg-like
Bayer Leverkusen feierte gegen den SC Freiburg seinen ersten Saisonsieg. Und wie! Das 4:0 war eine echte Ansage nach dem enttäuschenden Start und zweifelsohne eine gute Leistung. Allerdings traf die Werkself dabei auf einen Gegner, der überhaupt nicht das auf den Platz brachte, wofür er sonst steht.
Vor allem die defensive Abstimmung stimmte bei der Mannschaft von Christian Streich überhaupt nicht. Dies begann bei den beiden Angreifern, welche die Leverkusener im Spielaufbau nicht konsequent anliefen und endete - und das trotz sehr defensiver Ausrichtung - in viel zu großen Abständen zwischen den beiden Viererketten im 4-4-2.
Das ermöglichte Leverkusen, in diese zentralen Räume vor dem Strafraum zu stoßen und dort zum Abschluss zu kommen - kein Wunder, dass die ersten beiden Treffer Fernschüsse aus eben diesen Zonen waren.
Neben der Abstimmung ließ der Sportclub auch Faktoren vermissen, die normalerweise stilprägend für das Spiel unter Streich und damit "Freiburg-like" sind: Sie liefen weniger als der Gegner (118,6 km gegenüber 119,8 km) und gewannen auch weniger Zweikämpfe (48,9 Prozent).
Ohne diese Zutaten im Spiel wird es Freiburg in den kommenden Wochen schwer haben, Punkte zu sammeln. Schließlich ist das Team nicht gerade für seinen erfrischenden Offensivfußball bekannt (gerade einmal 24 Torschüsse in den ersten vier Spielen)...
Der erste Trainer ist entlassen
Wolfsburgs Fehlstart ist perfekt. Nach der hochverdienten Niederlage gegen den VfB (nur ein Schuss aufs Tor im zweiten Durchgang) lautet die magere Punkteausbeute: vier Punkte aus vier Partien. Platz 14 ist die Quittung. Zu wenig für den Anspruch der Wölfe-Verantwortlichen, die vor der Saison eigentlich einen einstelligen Tabellenplatz anvisiert haben.
Das hatte unmittelbare Konsequenzen: Am Montagvormittag wurde zunächst die Entlassung von Trainer Andries Jonker vermeldet und am Nachmittag dann auch gleich die Verpflichtung von Martin Schmidt, der mit dem FSV Mainz in der vergangenen Saison den Klassenerhalt geschafft hatte.
Das Auftaktprogramm für den neuen Trainer hat es in sich: Gleich am Dienstag gibt er sein Debüt im Duell mit den ebenfalls schwach gestarteten Bremern und am Freitag geht's nach München. Es gibt sicherlich weniger knifflige Aufgabestellungen.
Die Bullen und die Dreifachbelastung
Die Chancen waren da: Immerhin lag Leipzig gleich zwei Mal in Front, doch beide Male ließ Gladbach nicht locker. Erst egalisierte Thorgan Hazard vom Punkt, nach rund einer Stunde packte Lars Stindl ein Traumtor aus. Dabei verpasste es Leipzig, das Spiel mit einem weiteren Treffer in die gewünschte Bahn zu lenken und sich für eine starke erste Halbzeit zu belohnen.
"In der Pause war mir klar, dass wir ein drittes Tor brauchen, um zu gewinnen. Das ist uns aber nicht gelungen, der Gegner ist immer stärker geworden. Wir sind manchmal zu ungestüm zu Werke gegangen", analysierte Trainer Ralph Hasenhüttl nach der Partie treffend.
Die Gladbacher kamen im zweiten Durchgang immer besser in die Partie und hatten - auch bedingt durch die Überzahl - in der Schlussphase Oberwasser.
Am Ende konnten die Bullen sogar froh sein, dass sie gegen die anrennenden Gäste nicht noch den K.o. kassierten. Nach dem Debüt in der Champions League unter der Woche schwanden bei Leipzig mit zunehmender Spieldauer die Kräfte. "In der zweiten Hälfte waren wir einfach müde", erklärte etwa Emil Forsberg.
Die Dreifachbelastung wird eine große Herausforderung für das Team von Hasenhüttl und es wird spannend sein zu sehen, wie Leipzig diese meistert. Die nächste Prüfung steht bereits vor der Tür: Am Dienstag gastiert Leipzig beim FCA, der - ebenso wie RBL - bislang sieben Punkte sammelte.