SPOX: 1996 war für den FCK ein komisches Jahr. Sie sind Pokalsieger geworden, gleichzeitig aber erstmals aus der Bundesliga abgestiegen. Wie konnte es dazu kommen?
Kadlec: Das konnten wir nie richtig greifen. Wir hatten am Anfang der Saison einige schlechte Ergebnisse und sind in eine Negativspirale geraten. Dann hat unser Trainer Friedel Rausch Maßnahmen ergriffen und Dinge verändert. Ich habe beispielweise nicht auf meiner besten Position als Libero gespielt. Aber die Umstellungen haben die Mannschaft nur noch weiter verunsichert.
SPOX: Die Negativserie kostete Rausch den Job. Am Ende der Saison saß Eckhard Krautzun auf der Bank.
Kadlec: Wir haben uns dann stabilisiert und die letzten sieben Saisonspiele nicht verloren, aber es hat nicht mehr gereicht. Das war bitter. Für mich persönlich war 1996 sowieso ein wahnsinniges Jahr. Wir sind abgestiegen, haben den Pokal gewonnen und dann bin ich bei der EM mit Tschechien ins Finale eingezogen. Viel mehr Achterbahn geht nicht.
SPOX: Was überwog in diesem Sommer? Die Freude über den Pokalsieg oder der Frust über den Abstieg und das verlorene EM-Finale?
Kadlec: Emotional war das kompliziert. Aber andererseits geht es im Fußball so schnell, dass man Erfolge und Misserfolge vergisst, weil man auf das nächste Ziel hinarbeitet. Du trauerst zwei, drei Tage über den Abstieg, aber dann fokussierst du dich aufs Pokalfinale. Kurz danach geht es in die EM-Vorbereitung. Es gibt im Fußball nur wenig Zeit, über Vergangenes zu reflektieren. Nach dem EM-Finale ging es direkt wieder um die neue Saison. Ich hatte noch nie zuvor 2. Liga gespielt und am Anfang war es schwierig.
SPOX: Warum?
Kadlec: Jeder in Deutschland dachte, dass wir jeden Gegner locker schlagen müssen. Beinahe alle Spieler sind nach dem Abstieg in Lautern geblieben, wir hatten eigentlich eine Bundesligamannschaft. Deswegen waren wir Favorit, aber diese Rolle ist nicht ganz so einfach.
Miroslav Kadlec über Wechselgedanken und Otto Rehhagel
SPOX: War es für Sie von Anfang an klar, dass Sie mit dem FCK in die 2. Liga gehen würden oder gab es ernsthafte Überlegungen, den Verein zu verlassen?
Kadlec: Es war absolut nicht klar. Ich habe über einen Wechsel nachgedacht, weil vieles ungewiss war. Ich hatte nicht auf meiner idealen Position gespielt und wusste nicht, wer Trainer in der neuen Saison wird. Dann hat der Verein mit Otto Rehhagel einen großen Trainer verpflichtet. Ich hatte zwar Angebote aus der Bundesliga, aber ich habe mich beim FCK wohlgefühlt und die Gespräche mit Rehhagel waren sehr gut. Außerdem hatten wir Nationalspieler im ersten Zweitligajahr Verträge auf Bundesliganiveau. Das war für uns ein Anreiz zu bleiben und den direkten Wiederaufstieg zu schaffen. Also habe ich gemeinsam mit meiner Familie entschieden, dass wir in Kaiserslautern bleiben. Meine Kinder waren dort auf der Schule, ein Wechsel hätte privat unnötige Komplikationen gebracht.
Miroslav Kadlec: Statistiken beim 1. FC Kaiserslautern 1990 - 1998
Wettbewerb | Spiele | Tore |
Bundesliga | 210 | 16 |
2. Bundesliga | 24 | 1 |
DFB-Pokal | 23 | 3 |
Supercup | 1 | 0 |
UEFA-Cup | 12 | 0 |
Europapokal der Pokalsieger | 3 | 0 |
SPOX: Otto Rehhagel spielte für Ihren Verbleib also eine wichtige Rolle. Wie hat er Sie überzeugt?
Kadlec: Er hat mir versichert, dass ich bei ihm Libero Nummer eins bin. Für mich war wichtig, dass ich mit meinen 32 Jahren dort spielen konnte, wo ich am besten war. Das hat er mir garantiert. Er wusste, wie er mit Spielern umgehen musste. Wenn ein Trainer so lange bei einem Verein ist, wie er es bei Werder Bremen war, spricht das für seine menschlichen Fähigkeiten.
SPOX: Wie war er in der Ansprache an die Mannschaft?
Kadlec: Seine Ansprache war klar und überhaupt nicht kompliziert. Er hat bei jeder Sitzung die wichtigsten Dinge in 15, 20 Minuten angesprochen. Er hat erklärt, wer wo spielt und worauf wir bei unserem Gegner besonders aufpassen müssen. Fußball ist manchmal so einfach. Für mich war Rehhagel ein Weltklasse-Trainer. Er hat es immer geschafft, die Anspannung hochzuhalten. Er war der Vater des Erfolgs.
SPOX: Welche Auswirkung hatte das Zweitligajahr auf den Teamgeist?
Kadlec: Wir wussten, dass wir den Wiederaufstieg sofort schaffen mussten, weil die Mannschaft sonst auseinandergefallen wäre. Zwei Jahre kann man so ein Spielerpotenzial nicht halten. Deshalb haben wir uns von Beginn an dieses klare Ziel gesetzt. Die Zuschauer haben mitgezogen, das Stadion war beinahe immer ausverkauft. Wir haben es alle gemeinsam wieder nach oben geschafft. Im Nachhinein war diese Saison ein Glücksfall, denn sie hat uns noch stärker zusammengeschweißt. Ohne den Abstieg und das Zweitligajahr wären wir nicht Meister geworden, davon bin ich überzeugt.
SPOX: Mit welcher Zielsetzung sind Sie nach dem Wiederaufstieg ursprünglich in der Bundesliga angetreten?
Kadlec: Als Aufsteiger hast du nur die 40 Punkte im Kopf, die du für den Klassenerhalt brauchst. An dieser Marke haben wir für uns sehr lange festgehalten.