BVB-Fan Arendsee im Interview: Der Dauergast im Trainingslager von Borussia Dortmund

Andre Arendsee hat 45 Trainingslager des BVB in Folge besucht.
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SPOX: Welche Trainingslager-Reise war denn die bislang beste?

Arendsee: Das kann ich so nicht sagen, es gab schon zahlreiche Highlights. Dieses Jahr in Bad Ragaz haben sich zum Beispiel Sebastian Kehl, Roman Bürki und Marius Wolf zu uns zum Fantreff am Trainingsgelände gesellt. Wir haben ihnen gleich gesagt, dass sie uns keinen vorsülzen sollen, sondern einfach das sagen können, was sie denken. Man bekam das Gefühl, dass sie wieder mehr darauf achten, was Borussia Dortmund ausmacht und das Wir-Gefühl stärken wollen. Da gab es zuletzt Versäumnisse. Deshalb war das nett und vor allem echt.

SPOX: Ging bei einer Reise auch mal so richtig was in die Hose?

Arendsee: Eigentlich nicht. Ich bin auch ein bisschen ein Abenteurer. Wenn man bei den enorm schwülen Temperaturen durch die Zwölf-Millionen-Stadt Shenzhen rennt und nach Hause will, aber niemand ein Wort Englisch spricht und nur noch chinesische Schriftzeichen zu sehen sind, dann hat das irgendwie auch seinen Reiz. Zumal wir bis jetzt noch immer in unserer Unterkunft angekommen sind. Mir wird auch immer mal wieder vom BVB geholfen, so dass ich vom Mannschaftshotel aus mit ins Stadion genommen werde. Ich glaube, Borussia hat gerade in den letzten Jahren schätzen gelernt, was ich mache.

SPOX: Und wo würden Sie gerne noch hin, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Arendsee: Südafrika wäre mal geil. Da waren Gladbach, Stuttgart und der HSV auch schon. In Thailand könnte man bestimmt auch sehr gut Party machen. Und nach Hongkong können sie auch gerne noch einmal gehen, weil das einfach eine wahnsinnig tolle Stadt ist.

SPOX: Können Sie sagen, wie viel Geld Sie für Ihre Leidenschaft schon ausgegeben haben?

Arendsee: Nimmt man alles zusammen, also nicht nur die Trainingslager, dann sind es zwischen 300.000 und 400.000 Euro.

SPOX: Wird Schluss sein, sobald Sie die 50 Trainingslager in Serie erreicht haben?

Arendsee: Aki Watzke hat mal gesagt zu mir: Wenn du die 50 schaffst, dann gebe ich dir ein Bierchen aus. Ich kann aktuell noch nicht sagen, wie es danach weitergeht. Die Sache geht natürlich auch ans Geld, gerade in einem Jahr wie diesem mit Marbella, zwei Mal USA und Bad Ragaz. Da kommt schon was zusammen. Als Feuerwehrmann verdient man ja keine Unsummen. Ich will jetzt erst einmal die 50 vollmachen. Wenn es danach irgendwann ins tiefste Zentralchina gehen sollte, könnte ich mir vorstellen, dass ich dann auch mal zu Hause bleibe.

SPOX: Wie blicken Sie zum jetzigen Zeitpunkt auf all die Reisen zurück?

Arendsee: Ich mache das jetzt so viele Jahre und habe immer noch Spaß daran - viel verkehrt kann ich also nicht gemacht haben. Das ist mein Hobby und das bereue ich nicht. Was ich mir auch vorstellen kann: dass es eines Tages so kommt zu sagen, es ist einfach nicht mehr meins. Dafür wandelt sich das Bild vom Fußball, das ich vor Augen habe, letztlich zu sehr. Daher freue ich mich aktuell über die Tatsache, dass es wieder mehr öffentliche Trainingseinheiten gibt und man mehr auf die Fans zugeht. Denn wenn überhaupt keine Bindung mehr zwischen Fans und Verein besteht, dann macht mir das keinen Spaß. Man wünscht sich als Fan natürlich auch immer noch ein bisschen mehr und gewisse Dinge werden bei anderen Klubs auch schlichtweg besser gehandhabt. Wenn sie es aber jetzt endlich wieder erkannt haben, dass die Fans das wertvollste Gut des BVB sind, dann sind wir schon weit gekommen.

SPOX: Wie eng ist denn Ihr Draht zur Mannschaft und den Verantwortlichen?

Arendsee: Er ist mit den Jahren natürlich gewachsen. Wenn dir ein kühler Sauerländer wie Aki Watzke die Hand schüttelt und sagt, dass er sich freut, dich zu sehen, dann ist das schon eine kleine Gefühlswallung vom ihm. Ich glaube, man hat sich einfach gegenseitig schätzen gelernt, auch wenn ich keineswegs erwarte, dass mir der rote Teppich ausgerollt wird. Mir kommt es darauf an, dass man freundlich, authentisch und respektvoll miteinander umgeht.

SPOX: Diese Werte scheinen in den beiden letzten Jahren etwas verschüttgegangen zu sein. Haben Sie in dieser Zeit weniger Identifikation mit dem BVB verspürt?

Arendsee: Ja. Denn wenn es Situationen gibt, in denen kleine Kinder abgewiesen werden, dann ist das einfach nur traurig. Für mich waren sie sich nicht mehr im Klaren darüber, was sich gehört - auch wenn es für beide Seiten auch immer ein Für und Wider gibt. Ich bin zwar durch und durch schwarzgelb, aber trage keine rosarote Brille und muss alles toll finden. Ich schicke daher auch eher mal eine Email an den Verein und frage, wie das denn sein kann - auch wenn ich weiß, dass sie theoretisch im Papierkorb landen kann. Man kann letztlich mit kleinen Gesten und geringem Aufwand so viel erreichen.

SPOX: Haben Sie in dieser Hinsicht einen Wunsch?

Arendsee: Ich würde mir wünschen, dass bei den Spielern ein, zwei dabei sind, die ein bisschen mehr Identifikation vorleben. Doch diese Hoffnung ist im modernen Fußball immer geringer geworden. Das sind alles Individualisten, die auch gar nicht so richtig wissen, für welch einen Verein sie hier spielen. Ich fände es gut, wenn man ihnen schon bei der Vertragsunterschrift erklärt, was den Verein ausmacht, warum hier so viele Fans ins Stadion gehen und zu den Auswärtsspielen reisen, wie sie sich zu verhalten haben und dass sie auf eine gewisse Weise stolz sein sollten, hier spielen zu können. Ob das dann hinterher wirklich bei den Spielern ankäme, ist aber wiederum eine andere Frage.

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