Mario Götze nach Tribünenplatz beim BVB unter Lucien Favre: Nicht zu kontrollieren

Mario Götze hat beim BVB in dieser Saison noch keine Bundesligaminute absolviert.
© getty

Mario Götze hat in dieser Saison noch keine Bundesligaminute für Borussia Dortmund absolviert, beim Remis in Hoffenheim hatte Trainer Lucien Favre für den 26-Jährigen nicht einmal einen Bankplatz übrig. Dass sich die schwelende Diskussion, die man beim BVB am liebsten im Keim ersticken würde, in dieser Gemengelage beruhigt, wird ein hehrer Wunsch bleiben.

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Natürlich - oder leider? - war auch das eine größere Meldung wert. "Mario Götze sagt Hochzeit ab", hieß es auf zahlreichen Titelseiten und wer vermutete, dass sich besonders die Boulevardblätter auf dieses Thema stürzten, der irrte.

Der Grund ist vermeintlich simpel: Mario Götze ist ein Superstar, der die Menschen schlichtweg mehr interessiert als viele andere Fußballspieler. Er hat Deutschland zum Weltmeistertitel geschossen, auch wenn er dieses Tor mittlerweile wohl einem anderen Mitspieler schenken würde. 23 Millionen Follower auf den bekannten Social-Media-Plattformen haben Neuigkeiten von Götze abonniert, viele davon gieren regelrecht danach.

Getraut hatte sich Götze schon vor dieser Nachricht, die große Fete auf Mallorca fiel aber ins Wasser, weil Götze es so wollte. Unfreiwillig hatte er erstmals seit Ewigkeiten einen längeren Urlaub vor sich, da die WM in Russland ohne ihn stattfand. Unberechtigt war die Entscheidung von Bundestrainer Joachim Löw nicht.

Mario Götze beim BVB noch ohne Bundesligaminute

Und so feierte Götze am angedachten 18. Juli nicht auf Malle, sondern weilte mit dem BVB in den USA und riss die gesamte Vorbereitung unter dem neuen Trainer Lucien Favre ab. Auch in diesen Genuss kam Götze schon lange nicht mehr, der 26-Jährige stellte ihn als positiv in einer schlechten Nachricht heraus.

"Er muss natürlich wissen: Das ist jetzt für ihn eine ganz entscheidende Saison", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Juli. "Am Ende glaube ich, dass Favre jetzt versuchen wird, ihm massiv zu helfen. Und den Rest muss Mario machen."

In der aktuellen Gemengelage liest sich Watzkes zweiter Satz wie Hohn, denn bislang erweckt das Vorgehen des Trainers eher den Eindruck, als sei das Gegenteil der Fall. Götze durfte in den vier Bundesligaspielen unter Favre noch keine einzige Minute ran. Eine Situation, die Götze in zehn Spielzeiten im deutschen Oberhaus noch nie erlebte.

Favre über Götze: "Es liegt vor allem an unserem System"

126 Minuten sind es, die Favre Götze gewährte. 64 beim Pokalspiel in Fürth, 62 in der Champions League in Brügge. Beide Male ging Götze beim Stand von 0:0 vom Feld, beide Male gewann der BVB noch. Und beide Male konnte Götze nicht überzeugen. Beide Male galt das aber für die gesamte Mannschaft.

"Es liegt vor allem an unserem System", sagte Favre kürzlich. "Wir haben im Mittelfeld sehr, sehr viele Spieler, aber wir werden in den nächsten Tagen und Wochen sehen." Der Coach verwies zwar immer wieder auf die nun begonnenen englischen Wochen, eine positive Prognose für Götze sieht aber zweifelsfrei anders aus.

Favre selbst hat mit dem BVB zwar noch kein Spiel verloren. Von steten Verbesserungen oder glanzvollen Auftritten ist sein Team allerdings noch weit entfernt. Zuletzt gegen Brügge und Hoffenheim wurde die Borussia zudem vom Spielglück geküsst.

Mario Götze: Die Einsatzzeiten bei den BVB-Trainern seit seiner Rückkehr

TrainerPflichtspieleToreAssists
Lucien Favre200
Peter Stöger1713
Peter Bosz1514
Thomas Tuchel1622

Favre über Götzes Tribünenplatz: "Rein sportlicher Natur"

Favre wechselt die Systeme, er rotiert, doch nicht nur im 4-3-3 scheint für Götze bislang kein Platz. Er könne auf mehreren Positionen spielen, sagte Favre über Götze, andere haben für den im Moment vor allem auf defensive Stabilität bedachten Schweizer aber klar die Nase vorn.

Am Samstag nahm Favre Götze nicht einmal in den Kader auf. Ebenfalls ein Umstand, den ein fitter Götze so noch nie in seiner Karriere zu verarbeiten hatte. Und der bislang sehr freundliche und höfliche Favre zeigte sich erstmals leicht genervt, als er nach den Gründen für den Tribünenplatz gefragt wurde.

"Diese Frage wurde mir zuletzt häufig gestellt. Ich finde, dass das ein wenig respektlos gegenüber den anderen Spielern im Kader ist und denjenigen, die nicht dabei sind", entgegnete der Trainer. "Alle wissen, was er kann. Aber das ist meine Entscheidung - und so ist das heute nun mal. Sie ist rein sportlicher Natur."

Götze fehlen Rhythmus, Spritzigkeit und Dynamik

Natürlich muss auch Götze solche Entscheidungen im gerade im Mittelfeld üppig besetzten Dortmunder Kader schlucken können. Shinji Kagawa hat bei Favre ebenfalls einen schweren Stand und pendelt zwischen den Welten. Dass der Kurs, den Favre mit Götze fährt, aber gelinde gesagt für Aufsehen sorgt, sollte niemanden wundern.

Der Coach stellte Götze in Brügge, wo Favre bereits im Vorfeld eine komplizierte Partie erwartete, nach 29 Tagen ohne Spielpraxis wieder in die Startelf. Götzes Leistung offenbarte deutlich, dass ihm Rhythmus, Spritzigkeit und Dynamik aktuell vollkommen abgehen. Das überrascht angesichts der Tatsache, dass er die gesamte Vorbereitung absolvierte.

Ob seine Stoffwechselerkrankung dabei eine Rolle spielt, vermag man nicht zu beurteilen - vergessen sollte man sie dennoch nicht. "Natürlich habe ich nicht mein bestes Spiel gemacht. Ich glaube, das können wir uns als gesamte Mannschaft ankreiden. Wir wissen, dass wir viele Spiele haben. Dass jeder gebraucht hat, ist auch klar - und ich werde auch einer davon sein", sagte er nach der Partie.

Götze über BVB-Situation: "Ich werde auch einer davon sein"

Vier Tage später folgte in Hoffenheim die Verbannung aus dem Kader. Diese jüngste Episode zusammen mit dem Fakt, dass Götze in der Bundesliga zuvor noch nicht einmal zu einer Einwechslung kam, verstärkte die Thematik. Und sie manifestiert selbstredend auch den Eindruck, dass Favre mit Götze nichts anzufangen weiß.

Dies wäre wiederum Favres gutes Recht und auch hier müsste Götze die Entscheidung schlucken. Es wird jedoch ein hehrer Wunsch des Vereins bleiben, dass sich die Diskussionen um Götze beruhigen. Normalität und Ruhe sind die Faktoren, die sich Götze und der BVB im Umgang mit der Situation wünschen. Die Realität jedoch zeigt eindeutig: das wird so schnell nicht eintreten, womöglich nie wieder. Das Thema Götze ist nicht zu kontrollieren.

Unter diesen Umständen wird es für den Weltmeister auch in Zukunft ungemein schwer, sportliche Leichtigkeit wieder zu erlangen. "Ich schaffe es nicht, das auszublenden", sagte Götze gegenüber dem kicker zu den unaufhörlichen Diskussionen. Der Satz mutet wie ein Hilfeschrei an.

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