Manuel Baum im Interview: "Da sind wir Trainer teilweise auch selbst schuld"

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Das heißt konkret?

Baum: Ich sehe das kritisch. Für mich bräuchte es im Nachwuchsbereich Trainer, die sagen: Meine Berufung ist, mein Leben lang U17-Trainer bleiben - und zwar ein erfolgreicher, weil ich die Mannschaft weiterentwickeln will und nicht, weil ich eine höhere Position anstrebe. Man müsste demnach das Trainerwesen überdenken, um Nachwuchstrainer zu bekommen, die - und da wären dann auch die Vereine gefragt - von der Bezahlung etwas bessergestellt werden oder Prämien bekommen, wenn es einer ihrer Jungs nach oben schafft. Damit es dann eben nicht heißt, man möchte allein schon aus finanziellen Gründen im Profibereich arbeiten.

Gibt es denn diese Trainer Ihrer Erfahrung nach?

Baum: Definitiv. Zum Beispiel in Augsburg, aber nicht nur dort. Ich selbst bin immer zu 100 Prozent in meinen Aufgaben aufgegangen. Wenn dann mal jemand auf mich zukam, lag es nicht daran, dass ich vehement an der Tür geklopft habe und Cheftrainer werden wollte. Es war schlicht Zufall. Ich war nicht umsonst Trainer in der 3. Liga und bin dann ins Nachwuchsleistungszentrum vom FCA gegangen. Weil es im Fußball viele spannende Aufgaben gibt.

Fehlt noch die Spielerseite.

Baum: Man muss heute deutlich weniger widerstandsfähig sein. Das nächste Nachwuchsleistungszentrum oder ein Trainer, der einem eher zugeneigt ist, befindet sich ja gleich um die Ecke. Die Auswahl ist viel größer geworden. Im Vergleich zu früher muss man weniger tun, um mehr zu erreichen. Ich spinne jetzt mal bewusst herum, aber vielleicht müsste man die Top-Talente an einem bestimmten Ort zentralisieren. Letztlich gibt es in jedem dieser drei Bereiche genügend Punkte, die analysiert gehören. Natürlich sollte man auch schauen, wie andere Länder diese Thematiken handhaben und wie das zu unserer Situation in Deutschland passen könnte. Für jemanden, der zum Beispiel aus einem sozial instabilen Vorort einer Metropole wie Paris kommt, ist es vielleicht der einzige Ausweg, Profisportler zu werden. So etwas gibt es dagegen bei uns in dieser Form fast nicht.

Mittlerweile gibt es viele taktisch sehr gut geschulte Spieler, Kicker mit Straßenkicker-DNA aber zu wenige.

Baum: Es braucht Kreativität genauso wie Struktur. Die Spieler müssen wissen, wie sie im Mannschaftsverbund agieren sollen. Haben sie aber in bestimmten Spielsituationen eigene Ideen, dann sollen sie sie auch ausleben können. Das Eins-gegen-eins ist da ein zentrales Thema. Deshalb braucht ein Trainer eine gewisse Fehler-Mentalität, denn Kreativität bedeutet nicht immer, dass man auf Anhieb erfolgreich ist. Häufig scheitert man eher in den ersten Momenten. Dieses Scheitern muss man als Trainer allerdings auch zulassen können.

Andererseits: Welcher Nachwuchstrainer lässt denn Fehler zu - besonders, wenn er selbst auf Ergebnisse und Erfolg fokussiert ist?

Baum: Das ist eben der Teufelskreis. Natürlich steigt so die Fehlerwahrscheinlichkeit, wie wenn man es ausschließlich strukturiert angehen würde. Meiner Ansicht nach sollte man im Nachwuchs- wie im Profibereich aber nicht zu viel vorgeben und stattdessen fördern, dass die Spieler Situationen selbst lösen. Das geht viel über Spielformen, das 3-gegen-3 mit vielen Kontakten ist im Nachwuchsbereich gerade sehr beliebt. Die Spieler müssen ja auch wissen, wann und wo sie das Eins-gegen-eins sinnvoll anwenden. Sie brauchen aber auch Freiräume, wo ihnen niemand über die Schulter schaut, um mutige Dinge eigenständig und ohne anschließenden Tadel entwickeln zu können. Ich finde, zum Nachwuchstraining gehört eine große inhaltliche Ausgewogenheit.

Inwiefern widmet sich denn der DFB aktuell diesen Themen?

Baum: Ich weiß, dass das den DFB sehr bewegt, man viele Vergleiche zu anderen Nationen anstellt und dabei ist, dieses Feld akribisch zu bearbeiten. Am Ende müssen allerdings alle an einem Strang ziehen. Man kann sich ja vorstellen, dass es nicht so einfach ist, beispielsweise im schulischen Bereich etwas zu verändern. Wir haben letztlich immer noch die Talente und die Qualität in unserem Land. Wir bringen sie aber nicht mehr so zielgerichtet dahin, dass wir zu den Top-Nationen gehören.

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