Wie waren Ihre ersten Eindrücke bei Ahlen?
Reus: Die Jungs haben auch in der Junioren-Bundesliga gekickt, von daher war das Niveau ähnlich wie beim BVB. Wir hatten super talentierte Spieler, die aus verschiedenen Bereichen Nordrhein-Westfalens kamen. Deshalb hatten wir auch relativ früh Erfolg. Ich hatte kaum Anpassungsschwierigkeiten, obwohl es nicht einfach war, da ich im Winter gekommen war. Da ist es immer schwierig, in eine funktionierende Truppe reinzukommen und sich zu integrieren. Aber ich wurde super aufgenommen. Das ist immer ein wichtiger Faktor, um direkt seine Leistung zu bringen.
Sie haben mit der U19 von Ahlen drei Spiele gegen die U19 des BVB gemacht - und dabei drei Tore erzielt. Eine Genugtuung?
Reus: Ich kann mich noch gut an ein Spiel erinnern, in dem ich eine Halbzeit gespielt habe. Das war hier in Brackel auf dem Trainingsgelände. Genau auf dem Platz, auf dem jetzt unsere öffentlichen Trainingseinheiten stattfinden. Da war ich im Vorfeld ziemlich aufgeregt. Ich hatte nicht das Gefühl, jetzt unbedingt etwas beweisen zu müssen, aber ich habe mich hinterher natürlich gefreut, weil ich eine gute Leistung gezeigt hatte.
Großkreutz spielte ebenfalls bei Ahlen. Sie hatten später eine Fahrgemeinschaft.
Reus: Kevin war damals schon Profi und komplett integriert. Ich bin ungefähr zwei Jahre nach meinem Wechsel in die erste Mannschaft gekommen und dann hat es sich so ergeben, dass wir meistens zusammen mit dem Zug zum Training gefahren sind. Es war schon amüsant, dass da Tag für Tag zwei Dortmunder Jungs zusammen nach Ahlen gefahren sind und sich ein paar Jahre später beim richtigen Klub wiedergesehen haben.
Großkreutz soll während seiner Zeit bei Ahlen teilweise sogar an Tagen vor Pflichtspielen zu Auswärtsspielen des BVB gefahren sein. Waren Sie auch dabei?
Reus: Nein, ehrlich gesagt habe ich davon auch ganz wenig mitbekommen. Dann muss es Kevin also richtig clever gemacht haben. (lacht) Wenn wir freitags gespielt haben und Dortmund samstags, hat er die Möglichkeit wahrscheinlich genutzt und ist mit seinem Papa, der natürlich auch sehr verrückt ist, ins Stadion gefahren. Bei mir war es damals nicht so intensiv. Ich habe die BVB-Spiele meistens zuhause geguckt.
2009 ist Großkreutz zum BVB zurückgekehrt, während Sie nach Gladbach wechselten.
Reus: Das war schon ein komisches Gefühl. Wir hatten damals in Ahlen eine richtig gute Mannschaft, hatten eine starke Saison gespielt. Es war klar, dass die Truppe aufgrund der Erfolge auseinanderfallen würde. Kevin hätte Angebote aus der ganzen Welt haben können, er wäre auf jeden Fall zu Dortmund gegangen. Das ist sein Klub. Da ist für ihn ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Ich habe dann die andere Borussia gewählt. Für mich persönlich war das eine sehr gute Entscheidung, ohne die ich heute nicht hier wäre.
Hatte Dortmund damals schon Interesse an Ihnen?
Reus: Das weiß ich nicht. Ich glaube, dass der BVB damals nicht so viel Kohle locker hatte und deshalb auch nicht so viel auf dem Transfermarkt machen konnte. Dortmund hat dann Kevin verpflichtet und für mich kam das Angebot aus Gladbach. Mir war recht schnell klar, dass ich nach Gladbach wechseln möchte - ohne zu wissen, ob ich von Dortmund auch ein Angebot hatte.
Aus welchen Gründen haben Sie sich für Gladbach entschieden?
Reus: Ich bin ein Fan von Kontinuität und wollte eigentlich noch ein Jahr in Ahlen bleiben. Ich hatte gerade mein erstes Jahr in der 2. Bundesliga hinter mir, hatte 27 Spiele gemacht und das Gefühl, dass es für den nächsten Schritt noch zu früh ist. Max Eberl hat sich dann sehr um mich bemüht. Ich war ein paar Mal in Mönchengladbach, habe mir das Stadion und die Infrastruktur angeschaut. Das war sehr beeindruckend. Trotzdem mussten mein Papa und mein Berater kämpfen, damit ich den Schritt gehe.
Wie lief Ihr erstes Gespräch mit Eberl?
Reus: Max ist ein super Typ. Wir schreiben noch heute miteinander, wenn die Möglichkeit da ist. Ich kann nur in den höchsten Tönen von ihm schwärmen, weil er nicht nur seit Jahren als Manager einen richtig guten Job macht, sondern weil er auch charakterlich 1A ist. Man kann auch mit privaten Dingen auf ihn zugehen, er hat immer ein offenes Ohr. Beim ersten Treffen hatte ich direkt das Gefühl, dass es passt. Natürlich hatte ich damals auch Bedenken, weil ich aus der 2. Liga kam - von einem Klub, der nicht so hoch angesehen war. Ich konnte gar nicht einschätzen, wie groß meine Qualitäten sind. Von daher habe ich eine gewisse Zeit gebraucht, aber Max hat mich immer unterstützt. Ich bin ihm sehr, sehr dankbar.