Letztlich war es einem Zufall, aber vor allem Marco Knoops Pünktlichkeit zu verdanken. Der heutige Torwarttrainer des Istanbuler Traditionsklubs Fenerbahce arbeitete vor neun Jahren noch in der Jugendabteilung des VfL Bochum und fuhr wie gewohnt rechtzeitig zum Training ins Nachwuchszentrum an der Hiltroper Straße. Dort traf er schließlich auf Luca Unbehaun, heute die Nummer drei im Tor von Borussia Dortmund.
"Es war ein Probetrainingstag. Dort ist er mir das erste Mal aufgefallen", erinnert sich Knoop gegenüber SPOX und Goal. Unbehaun war damals zehn Jahre alt und wie die anderen Spieler sowie deren Eltern frühzeitig vor Ort.
"Die haben dann miteinander herumgekickt und ich habe zugeschaut. Dabei ist mir dieser kleine Blonde mit den langen Haaren und seinem forschen, sehr selbstbewussten Auftreten aufgefallen, weil er ein Tor nach dem anderen schoss. Als der Torwart keinen Bock mehr hatte, stellte er sich in den Kasten und sprang wie wild umher. Ich dachte mir: Der kann nicht nur schießen, der kann auch halten", sagt Knoop.
Der heute 41-Jährige fackelte nicht lange, ging auf Unbehaun zu und fragte ihn, ob er Lust auf ein richtiges Torwarttraining habe. "Da kam gleich sein Vater an und meinte: Nein, nein, der ist eigentlich als Stürmer für das Probetraining angemeldet", erzählt Knoop schmunzelnd.
Luca Unbehaun: Als U16-Spieler schon bei der U19 im Tor
Das Ende vom Lied: Der VfL fand Gefallen an Unbehaun - sowohl als Feld-, als auch als Torspieler. Knoop nahm ihn in der Folge unter seine Fittiche und trainierte mit ihm zweimal wöchentlich: per Einzeltraining und in einer Gruppe älterer Torhüter. "Er hat unheimlich viel aufgesaugt und ist richtig gut geworden", sagt Knoop. "Für seine Entwicklung war es förderlich, dass er auch weiter im Feld mitspielte. Ab der U12 stand er dann nur noch zwischen den Pfosten."
Und dies aus gutem Grund, denn in Bochum merkten sie schnell, dass sie sich da nicht einen guten Stürmer, sondern ein Top-Talent im Kasten gesichert hatten. Unbehaun wurde schließlich immer frühzeitig ein oder zwei Jahrgänge nach oben gezogen - als U16-Spieler lief er gar in Partien der U19 unter dem heutigen VfL-Cheftrainer Thomas Reis auf. "Das hat ihm gut getan, weil er nicht nur hochgezogen wurde, sondern eben auch gespielt hat. Daher war er für sein Alter stets sehr erfahren. Es war kein Wunder, dass ihn der BVB verpflichten wollte", sagt Knoop.
Dieser Umstand war Unbehauns guten Leistungen zu verdanken, allerdings auch einem lückenhaften Vertragswerk. Der Youngster konnte ohne Mühe aus seinem Kontrakt aussteigen und wechselte im Juli 2016 im Grunde ablösefrei nach Dortmund. Aus Kulanz überwies die Borussia noch eine gewisse Entschädigungssumme in die Nachbarstadt und vereinbarte zusätzlich ein Testspiel zwischen den Profiteams, dessen Einnahmen in Gänze nach Bochum gingen.
Unbehaun beim BVB mit Profivertrag ausgestattet
"Die Grundidee bei seiner Verpflichtung war, dass er in Dortmund ausgebildet wird, um eines Tages bei den Profis eingesetzt zu werden", sagt Knoop. Und Unbehauns Entwicklung ging auch in Schwarzgelb den erhofften Weg. Auf 76 Pflichtspiele kam er in seinen ersten drei Spielzeiten für die U17 und U19 des BVB. In den U16- bis U18-Nationalmannschaften des DFB stand er bislang 14-mal im Tor.
"Gerade in größeren Spielen, die auch mal im Fernsehen kamen, hat er sich wunderbar präsentiert und in diesen Drucksituationen sehr gut abgeliefert. Er stand mit 16 schon gegen Real Madrid in der Youth League im Tor - das können nicht viele von sich behaupten", sagt Knoop.
Anfang März 2019 erhielt Unbehaun, damals Stammkeeper der U19 und zeitweise auch Kapitän des Teams, gemeinsam mit Tobias Raschl einen Profivertrag. "Ich freue mich sehr, dass wir erneut zwei Talente aus dem eigenen Nachwuchs in den Profibereich bringen und so die hohe Durchlässigkeit beim BVB bestätigen konnten", sagte Nachwuchskoordinator Lars Ricken.
Seitdem ergaben sich für Unbehaun jedoch zwei Probleme: Gut einen Monat später zog er sich eine schwere Knieverletzung zu, die eine Operation sowie ein halbes Jahr Pause nach sich zog. Dadurch verpasste er die Endrunde der U19-Meisterschaft, an deren Ende letztlich der Meistertitel für die Borussia unter Trainer Benjamin Hoffmann stand.