Der Havertz-Transfer: Die Perspektive des FC Chelsea
An der Stamford Bridge gibt es keine Corona-Krise. Die Blues um ihren russischen Oligarchen Roman Abramowitsch investieren nach den zusammen über 140 Millionen Euro teuren Verpflichtungen von Timo Werner (24), Hakim Ziyech (27), Ben Chilwell (23) und Thiago Silva (35) weiter im großen Stil in ihre Mannschaft, damit in der nächsten Saison mehr als der vierte Platz in der Premier League und das Achtelfinale in der Champions League drin ist.
Mit Havertz bekommt Frank Lampard einen der verheißungsvollsten Offensivspieler Europas, den auch viele andere Schwergewichte im Blick hatten. Die Ansprüche an den Trainer steigen damit automatisch. Lampards wichtigste Aufgabe wird es sein, eine Rolle für den vielseitig einsetzbaren Nationalspieler zu finden, in der er seine Stärken im Pass- und Kombinationsspiel und im Torabschluss bestmöglich zur Geltung bringen kann.
Bei Leverkusen war das Spiel in der vergangenen Saison auf Havertz zugeschnitten, er agierte als eine Art Freigeist, mal auf der Zehn, mal auf der Neun, mal auf der Acht. Dass er sich sehr wohl in dieser freien Rolle fühlte, zeigten seine 27 Torbeteiligungen (18 Treffer, 9 Vorlagen).
Bei Chelsea, davon ist nach den jüngsten Transfers auszugehen, dürfte die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt werden. Es sind ja nicht nur die anderen beiden Neuen, Werner und Ziyech, mit denen sich Havertz um einen Platz streitet.
Viele Optionen: Wie integriert Frank Lampard Kai Havertz?
Mit Mason Mount (21), Christian Pulisic (21), Callum Hudson-Odoi (19) und Tammy Abraham (22) stehen Lampard vier weitere Offensivspieler zur Verfügung, die Stammplatzambitionen hegen. Außerdem hat er mit dem französischen Routinier Oliver Giroud (33) noch einen Joker fürs Sturmzentrum in der Hinterhand.
"Havertz kommt gewiss nicht als Ergänzungsspieler. Wer so viel kostet, ist als Stammspieler eingeplant. Eine ideale Position für ihn zu finden, dürfte jedoch kein leichtes Unterfangen werden", sagt Chelsea-Korrespondent Nizaar Kinsella von Goal.
Seine Begründung: Mit Lampards bevorzugtem System bei Chelsea, dem 4-3-3, wurde Havertz in Leverkusen zuletzt nicht unbedingt vertraut. Bosz baute in der vergangenen Saison meist auf das 4-2-3-1 oder das 4-4-1-1. Auch im 3-4-3, das der Niederländer hin und wieder spielen ließ, durfte Havertz eigentlich machen, was er wollte. "Im 4-3-3 von Lampard kann ich mir Havertz gut als Achter vorstellen", sagt Kinsella.
Auf dieser Position erwarten den technisch beschlagenen Linksfuß aber mehr Defensivaufgaben. "Lampard wird viel ausprobieren. Havertz könnte auch auf dem Flügel oder ganz vorne spielen. Das 3-4-3 ist ebenfalls eine Option, als einer der vorderen drei Angreifer wäre Havertz dann näher am gegnerischen Tor positioniert", meint Kinsella.
Viele Optionen also. Gelingt es Lampard, Havertz optimal in sein System zu integrieren, ist sowohl in der Premier als auch in der Champions League wieder mit Chelsea zu rechnen.