Max Eberl: Zermürbt durch lange Negativliste
Am Ende ist wohl unbestritten, dass Eberl einfach keine Kraft mehr hatte. Zermürbt von einer langen Negativliste: den ungewohnt anhaltenden Misserfolgen, dem ungewohnt heftigen Gegenwind in den Medien, der Öffentlichkeit und bei vielen Fans, den personellen Fehlgriffen bei Spielern sowie bei Rose und bislang bei Hütter, der auch internen Kritik an der mehr als unglücklichen Installierung seiner Lebensgefährtin Sedrina Schaller als Teammanagerin, den schwierigen Aussichten angesichts der finanziell massiv erschwerten Bedingungen für den nötigen Kaderumbau und einfach nach mehr als 13 Jahren einer fehlenden Energie für diesen körperlich und vor allem psychisch belastenden Fulltime-Job.
Dennoch greift die beinahe reflexhafte Forderung nach einem möglichst sofortigen Umdenken zu kurz, so nachvollziehbar sie auch sein mag. "Vor seiner Entscheidung habe ich sehr großen Respekt. Ich glaube aber nicht, dass sich etwas ändern wird", meinte der Mainzer Sportvorstand Christian Heidel: "Wenn man im Fußball etwas entscheidet, wird man von Millionen Menschen bewertet. Manchmal in einer Art und Weise, die schwierig ist. Aber darüber beschwere ich mich nicht - das ist der Job."
Zumal es eine solche Überlastung nicht nur im Profi-Fußball gibt und Stress individuell völlig unterschiedlich empfunden wird. Deshalb haben ja viele Menschen Depressionen oder vergleichbare Probleme, für die man auf den ersten Blick keine Gründe findet. Denn die Ursachen sind vielfältig - und sehr oft kommen die Auslöser weniger von außen denn von innen.
Max Eberl: in Gladbach im Laufe der Jahre sportlicher Alleinherrscher
Den Druck macht man sich oft selbst, häufig gerade in Führungspositionen. Und so lange es nach oben geht, wächst man eher mit der gestiegenen Verantwortung und der zunehmenden Erwartungshaltung. Daher hat der Perfektionist Eberl vermutlich in bester Absicht im Laufe der Jahre mehr und mehr die Rolle des sportlichen Alleinherrschers übernommen, auch weil andere wie Geschäftsführer Stephan Schippers, Kaderplaner Steffen Korell oder das Präsidium mit den beiden Vize Rainer Bonhof und Hans Meyer ihn ließen.
Es habe sich, schrieb der Borussen-Fanblog Seitenwahl.de kurz vor Eberls Demission in einer kritischen Analyse, "in mehr als einem Jahrzehnt die Routine eingebürgert, den Sportdirektor alles, selbst Kleinkram, persönlich begutachten und entscheiden zu lassen". Und weiter: "Hier wird einem Einzelnen viel zu viel Macht eingeräumt, freiwillig, ohne Not. Für Neuerung und Fortschritt ist das tödlich, und es macht sich jetzt doppelt schwer bemerkbar, wo der starke Mann angezählt ist."
Max Eberl lehnte Doppelspitze mit Rouven Schröder ab
Doch Eberl selber lehnte 2019 das Modell einer Doppelspitze mit einem Sportdirektor neben oder unter ihm, um sich breiter aufzustellen und die Arbeitslast zu reduzieren, ab. Dies gab Präsident Königs auf der Pressekonferenz zu. Angeblich soll man damals mit Topkandidat Rouven Schröder sehr weit gewesen sein. Im Nachhinein wäre es vermutlich die bessere Lösung gewesen.
"Man muss sich dazu zwingen, dass man mehr verteilt", sagte Bielefelds Sportchef Samir Arabi dazu: "Man schafft das alles nicht allein." Doch in Gladbach ging es weiter wie zuvor - mit dem bekannten Ende. Einen Vorwurf gegen Eberl sollte man daraus jedoch nicht konstruieren. Schließlich ist es durchaus positiv, wenn Menschen mit Herzblut und Begeisterung bei der Sache sind und in ihrem Beruf eine Berufung sehen. "Ich beende etwas, das mein Leben war", sagte Eberl bei seinem Abschied.
Bosse wie Max Eberl oder Oliver Ruhnert leben für die Arbeit
Dass es aber für "Überzeugungstäter" wie ihn nahezu unmöglich ist, ein oder gleich mehrere Gänge bei gleichzeitig laufender Maschine herunterzuschalten, hat sein Kollege Oliver Ruhnert diese Woche eindrücklich geschildert. "Ich kann mich nicht damit identifizieren, wenn ich nur eine Rolle spiele und nur hier arbeite. Sondern ich lebe auch meinen Job", sagte der Sportchef von Union Berlin.
"Ich weiß, dass es den ein oder anderen Kollegen manchmal gibt, der seinen Job auch macht, aber der macht halt seinen Job. Ich würde mir manchmal wünschen, das so zu trennen." Aber das könne er nicht, so Ruhnert weiter "Ich glaube, bei Max ist das sehr ähnlich."
Borussia Mönchengladbach: "Hinter Max Eberl kommt ganz lange nichts"
Nun also ist Eberl erstmal weg und vorerst niemand da, der in seine großen Fußspuren treten kann. "Borussia steht vor einem Umbruch. Und genau zu dieser Zeit ist der Verein ohne Führung. Denn hinter Max Eberl kommt ganz lange nichts", schrieb Seitenwahl.de. Der von ihm selbst vorgeschlagene Korell hat die Nachfolge abgelehnt und will weiter in der zweiten Reihe agieren.
Dabei brauchen die Gladbacher eigentlich sofort einen neuen Sportboss. Mittelfristig, um den Umbau des Kaders mit knappen Mitteln voranzubringen. Und vielleicht sogar kurzfristig, denn falls die Borussen weiter nicht punkten sollten, muss zwangsläufig auch über den Trainer diskutiert werden. Deshalb hoffen alle Beteiligten, natürlich auch wegen der Millionenablöse, dass Hütter bald die Kurve kriegt.
Gladbach: Angeblich drei Namen auf der Shortlist weit oben
Zumal ein Eberl-Nachfolger momentan nicht in Sicht ist. Angeblich sollen die Gladbacher nach der Rücktrittsankündigung im Herbst eine Shortlist mit möglichen Kandidaten erstellt haben, auf der erneut Schröder sowie Ex-Coach Dieter Hecking und Berns Sportchef Christoph Spycher ganz weit oben standen.
Allerdings haben erst Hecking ("Ich besitze beim 1. FC Nürnberg einen Vertrag bis 2023. Der ist für mich bindend") sowie jetzt auch der Schalker Sportdirektor Schröder abgesagt, und auch ein sofortiger Wechsel Spychers vom Schweizer Meister gilt praktisch als ausgeschlossen. Gleiches trifft auf den vermutlich kompetentesten Mann zu, der derzeit frei verfügbar ist. Horst Heldt wäre als langjähriger Spieler und Manager von Erzrivale 1. FC Köln dem Anhang nicht vermittelbar.
Gladbach: Könnte Jörg Schmadtke zurückkehren?
Bleibt die Frage, ob das auch für Jörg Schmadtke gelten würde. Der Sportchef des VfL Wolfsburg soll laut übereinstimmenden Berichten spätestens 2023 aufhören, doch vielleicht wäre ein vorzeitiger Wechsel angesichts der massiven Kritik an ihm aufgrund der sportlichen Probleme in der VW-Stadt eine denkbare Option.
Zwar war auch Schmadtke wie Heldt als Geschäftsführer in Köln tätig, aber er hat zudem eine Gladbacher Vergangenheit: Im September 1998 sprang der Torhüter, der eigentlich seine Karriere bereits beendet hatte, für wenige Wochen als Ersatzmann für den verletzten Uwe Kamps ein, bestritt aber hinter dem jungen Robert Enke kein Spiel mehr.
Am Ende der Saison stieg Schmadtke, mittlerweile zum Torwarttrainer umfunktioniert, mit den Borussen ab. So wie der vor fast genau 23 Jahren in der Winterpause verpflichtete Außenverteidiger Max Eberl.