Es ist nicht Teil des Plans gewesen, den Borussia Dortmund mit Soumaila Coulibaly verfolgt. Dass der Innenverteidiger am Sonntag beim 1:1 gegen den FC Augsburg erstmals auf der Bank der Profis saß, war einzig und allein der dramatischen Personalsituation zu verdanken. Doch es war zugleich ein Ausblick auf die kommende Saison.
Dann nämlich wird Coulibaly häufiger im Spieltagskader der ersten Mannschaft des BVB stehen. Nach Informationen von SPOX und GOAL haben die Westfalen nämlich kein Interesse daran, die Leihe von Marin Pongracic zu verlängern oder ihn fest zu verpflichten. Coulibaly übernimmt dann dessen Platz.
Der Franzose hat sich von einem Kreuzbandriss im linken Knie, den er sich fast auf den Tag genau vor einem Jahr zuzog, mittlerweile erholt und Ende Oktober nach zuvor 618 Tagen ohne Pflichtspiel sein Debüt für die Dortmunder U23 in der 3. Liga gegeben. Das war so etwas wie ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, denn Coulibaly wurde gut zwei Wochen zuvor 18 Jahre alt.
"Er ist ein guter Junge, hat eine gute Physis, ist ein guter Fußballer", sagte BVB-Coach Marco Rose wenig später über ihn. "Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht und freue mich darauf, ihn auch mal über einen längeren Zeitraum fit zu sehen, um dann zu schauen, was mit ihm möglich ist."
BVB geht mit Soumaila Coulibaly behutsam um
862 Spielminuten hat Coulibaly seitdem im Dortmunder Dress absolviert, 637 davon für die zweite Mannschaft. Dort stand er in acht seiner neun Einsätze in der Startelf und fünf Mal über 90 Minuten auf dem Platz. Sein Heranführen nach der langen Pause sah auch Spiele bei der U19 vor, für die er in der Youth League auflief - beispielsweise beim umjubelten Einzug ins Viertelfinale.
Doch Coulibaly wurde auch schon im Training bei den Profis bewusst gefördert. Der BVB geht mit ihm und Abdoulaye Kamara, dem zweiten Sommer-Neuzugang aus der U19 von Paris Saint-Germain, behutsam um. Von beiden Spielern ist man aber überzeugt, dass sie eines Tages die Profis verstärken können. Vor allem für Coulibaly wird es wichtig sein, nun konstant fit und stabil zu bleiben.
"Ich würde da jetzt nicht zu früh zu viel in Richtung Einsatz bei der ersten Mannschaft erwarten", bremste Rose noch im November die Erwartungen an den Abwehrspieler. Halten die Personalprobleme in der Defensive aber an oder verschlimmern sie sich gar noch, würde auch ein erster Kurzeinsatz von Coulibaly in der Bundesliga nicht überraschen.
Soumaila Coulibaly: Das sind die Stärken des BVB-Talents
Sieht man Coulibaly spielen, bemerkt man derzeit noch, dass er ein wenig inkonstant ist und angesichts seiner Ausfallzeit mehr Spielpraxis benötigt, um sich weiter zu entwickeln. Man sieht jedoch auch zügig, dass er ein gut ausgestattetes Paket mitbringt und für sein Alter bereits ein sehr kompletter Innenverteidiger ist.
Coulibaly, der ähnlich wie Bayerns Dayot Upamecano auffällig muskulöse Oberschenkel hat, besitzt einen starken Spielaufbau, ein hohes Tempo und dank seiner Größe von 1,91 Metern eine mehr als ordentliche Physis. Er verteidigt wunderbar nach vorne, coacht und beobachtet gut während des Spiels und hilft dadurch seinen Mitspielern.
"Er macht sich super, bringt alles, was er kann, mit in die Mannschaft und ist definitiv eine Stütze für uns", sagte mit Lennard Maloney der Abwehrchef der U23 im kicker über Coulibaly. Der Franzose, dem eine hohe Auffassungsgabe und Professionalität nachgesagt werden, soll auch vor seinem Debüt in der U19 auf deren Trainer Mike Tullberg zugegangen sein und sich über seine baldigen Mitspieler erkundigt haben, um sich bestmöglich einzufügen.
Hievt Coulibaly sein Komplett-Paket auf Bundesliga-Niveau?
Hört man sich in Dortmund um, wo Coulibaly bis 2024 unterschrieben hat, besitzt er nicht die eine Waffe oder die eine Schwäche. Es wird als besonders angesehen, gerade auf der Position des Innenverteidigers, in diesem Alter schon so komplett zu sein. Zudem wird ihm die nötige Mentalität attestiert, sich in allen Bereichen weiterhin verbessern zu wollen.
Wie immer bei Spielern, die sich im Übergang vom Junioren- zum Seniorenfußball befinden, lautet die große Frage: Wie entwickelt sich Coulibalys Komplett-Paket, das bereits ein sehr hohes und für sein Alter überdurchschnittliches Niveau hat? Schafft er es, diese Art von Souveränität auch auf das deutlich höhere Niveau zu hieven?
Derzeit reicht es bei ihm noch nicht für Bundesliga-Niveau. Gewissermaßen "natürliches" Verbesserungspotential besteht gerade beim Kopfballspiel, speziell dem offensiven, der Zweikampfführung und dem Stellungsspiel. Es gibt immer mal wieder einzelne Situationen, in denen er die Dynamik im Spielaufbau übersieht, sich zu spät öffnet und sich nicht orientiert.
BVB und das neue Puzzle in der Innenverteidigung
In seiner Entwicklung helfen dürften ihm auch der regelmäßige Deutschunterricht, um die Sprachbarriere weiter abzubauen, sowie seine eigene Persönlichkeit. Coulibaly wird als leicht introvertiert, aber nicht schüchtern, als gelassen und in sich ruhend beschrieben. Er wird auch jetzt, wo er wieder genesen ist und stärker ans Tor der Profis klopfen kann als zuvor, weiter geduldig bleiben müssen.
Dazu wird beim BVB in der nächsten Saison ohnehin das Puzzle in der Innenverteidigung neu zusammengesteckt. Mit Niklas Süle kommt ein Spieler, der gesetzt sein wird. Die angestrebte Vertragsverlängerung mit Manuel Akanji stockt und es ist gut möglich, dass der Schweizer nach viereinhalb Jahren in Dortmund eine neue Herausforderung annimmt. Bleiben noch Mats Hummels und der dauerverletzte Dan-Axel Zagadou, mit dem sich Coulibaly durch die Reha quälte und dessen auslaufender Vertrag verlängert werden dürfte.
Unabhängig davon, ob Coulibaly am Ende als Innenverteidiger Nummer vier oder fünf - etwa wenn bei einem Akanji-Abgang der von der Borussia umgarnte Nico Schlotterbeck aus Freiburg kommen sollte - ins Rennen geht: Am Sonntag hat er mit seinem erstmaligen Kaderplatz die nächste wichtige Hürde übersprungen.
BVB-Spielplan in den kommenden Wochen
Datum | Wettbewerb | Gegner |
Sonntag, 06.03., 15.30 Uhr | Bundesliga | FSV Mainz 05 (Auswärts) |
Sonntag, 13.03., 17.30 Uhr | Bundesliga | Arminia Bielefeld (Heim) |
Sonntag, 20.03., 19.30 Uhr | Bundesliga | 1. FC Köln, (Auswärts) |
Samstag, 02.04., noch offen | Bundesliga | RB Leipzig (Heim) |