Felix Magath verschwand nach dem Abpfiff eilig in den Katakomben. Kein aufmunterndes Wort zu seinen enttäuschten Spielern auf dem Rasen, keine Gratulation an den Gegner - der Frust beim Trainer von Hertha BSC war nach dem schweren Rückschlag im Relegations-Hinspiel zunächst riesig.
Feiern konnte nur seine alte Liebe Hamburger SV: Nach dem 1:0 (0:0) in Berlin ist der HSV dem Ziel von der Bundesliga-Rückkehr ein großes Stück näher gekommen. "Wir haben mehr Fußball gespielt. Es war eine super Leistung, wir haben wenig zugelassen. Das war ein schönes Hinspiel", sagte HSV-Sportvorstand Jonas Boldt bei Sky: "Wir wollen jetzt die Krone draufsetzen. Die Ausgangslage ist komfortabel. Die Stadt brennt darauf." Magath äußerste sich später in einer ersten Analyse: "Wir sind aufgetreten wie ein Bundesligist. Der HSV aber auch."
Im Showdown am Montag hält Hamburg zu Hause alle Trümpfe in der Hand. Trainer Tim Walter stimmte das Team noch auf dem Rasen mit einer flammenden Rede auf das Saisonfinale ein, dann feierten die Rothosen vor den rund 20.000 mitgereisten Hamburger Fans.
Besonders ausgelassen war die Stimmung dabei bei Ludovit Reis, der sein Team mit einem Traumtor (57.) auf Bundesligakurs geschickt hatte. Durch den sechsten Sieg in Folge tankte Hamburg weiteres Selbstvertrauen und hat nun beste Chancen, im vierten Anlauf aufzusteigen.
Magath trotz Niederlage zuversichtlich
Der Bundesliga-16. Hertha steht dagegen mit dem Rücken zur Wand und muss im Rückspiel vor allem offensiv deutlich mehr anbieten als am Donnerstag, um den siebten Abstieg der Klubgeschichte und den ersten von Trainer Magath noch zu verhindern. Der HSV-Ikone droht ausgerechnet bei seiner alten Liebe diese Demütigung. "Der HSV hat jetzt etwas bessere Karten. Wir fahren aber nicht chancenlos nach Hamburg. Ich glaube noch daran, dass wir es in Hamburg biegen können", sagte Magath.
Die Kulisse mit 75.500 Zuschauern im Olympiastadion, darunter auch bis zu 20.000 Gästefans, ließ Pokalfinal-Stimmung aufkommen. Doch für beide Teams stand mehr auf dem Spiel als "nur" ein Titel. Vor allem Magath wirkte höchst angespannt. Immer wieder sprang der 68-Jährige von der Bank auf und diskutierte fast jede strittige Entscheidung des Schiedsrichters.
Das Selbstvertrauen der Herthaner hatte nach drei vergebenen Matchbällen zum Klassenerhalt deutlich gelitten, sie trauten sich anfangs nur selten in die Offensive. Auch im letzten Heimspiel der Saison schienen die Berliner vor allem auf Konter und die Standard-Stärke von Linksfuß Marvin Plattenhardt zu setzten.
Allerdings war auch Torhüter Christensen, der den verletzten Marcel Lotka vertrat, bei seinem Pflichtspieldebüt für Hertha lange Zeit nahezu beschäftigungslos. Die Hamburger, bei denen Maximilian Rohr für Joshua Vagnoman ins Team gerückt war, kamen zunächst über gute Ansätze nicht hinaus.
Pech hatte der HSV, als ihm von Schiedsrichter Harm Osmers in der 32. Minute ein Elfmeter nach Handspiel von Peter Pekarik verweigert wurde. Osmers hatte nach Studium der Videobilder auch ein Handspiel zuvor vom Hamburger Rohr erkannt. Eine Millimeter-Entscheidung zu Herthas Ungunsten gab es aber auch: Das Kopfballtor von Ishak Belfodil wurde wegen hauchdünnem Abseits nicht gegeben.
Magath reagierte zur Halbzeit auf den eher harmlosen Auftritt seines Teams und brachte in Stevan Jovetic für den unauffälligen Youngster Luca Wollschläger eine frische Offensivkraft. Der Mann aus Montenegro brachte viel Schwung mit und fügte sich auch mit einer Chance (56.) gut ein.
Hertha schien besser im Spiel - doch dann traf Reis für den HSV. Die Gastgeber antworteten mit wütenden Angriffen, waren dadurch aber defensiv anfällig für Konter.
Hertha BSC - HSV: Die Stimmen
Felix Magath (Trainer Hertha BSC): "Wir sind aufgetreten wie ein Bundesligist. Der HSV aber auch. Der HSV hat jetzt etwas bessere Karten. Wir fahren aber nicht chancenlos nach Hamburg. Ich glaube noch daran, dass wir es in Hamburg biegen können."
Tim Walter (Trainer Hamburger SV): "Wir genießen das Ganze, weil wir es uns verdient haben. Das ist das Schöne, die Euphorie nehmen wir mit. Wir sind die jüngste Mannschaft der zweiten Liga, hier so zu bestehen, ist aller Ehren wert."
Hertha BSC - HSV: Die Daten zum Spiel
Berlin: Christensen - Pekarik, Boyata, Kempf, Plattenhardt - Stark (70. Gechter), Tousart - Serdar (70. Richter), Mittelstädt - Belfodil (80. Maolida), Wollschläger (46. Jovetic). - Trainer: Magath
Hamburg: Heuer Fernandes - Heyer, Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert - Rohr (58. Vagnoman), Reis - Jatta (73. Kaufmann), Glatzel, Kittel (90.+1 Gyamerah). - Trainer: Walter#
Schiedsrichter: Harm Osmers (Hannover)
Tor: 0:1 Reis (57.)