Durch die drohenden Abgänge von zahlreichen Leistungsträgern wie Randal Kolo Muani oder Jesper Lindström hat Sportvorstand Markus Krösche eigentlich alle Hände voll zu tun. Doch still und heimlich hat er einen Wechsel eingetütet, der Eintracht Frankfurt eine ordentliche Stange Geld eingebracht hat - und damit war in dieser Form beim besten Willen nicht zu rechnen.
Dass ein Ersatztorhüter einen Verein verlässt, ist eigentlich keine große Sache. Doch bei den Kennzahlen des Transfers von Diant Ramaj zu Ajax Amsterdam reibt sich der gemeine Fußball-Enthusiast durchaus die Augen. Der Deal könnte der SGE nämlich bis zu zehn Millionen Euro einbringen. Der Frankfurter Geldregen überrascht bei Betrachtung seines Marktwerts, der auf 750.000 Euro beziffert wird, nur noch mehr.
Zum Sockelbetrag von acht Millionen gesellen sich demnach bis zu zwei Millionen Euro an Boni hinzu. Eine Summe, die für einen 21-jährigen Torhüter nahezu ohne Auftritte im Profibereich unglaublich scheint - und diesen in eine illustre Runde katapultiert.
Der im Jahr 2001 geborene Ramaj ist somit der teuerste deutsche Schlussmann seiner Altersklasse, der bisherige Rekordhalter Bernd Leno (7,8 Millionen Euro von Stuttgart nach Leverkusen) liegt knapp dahinter. Ohnehin waren bislang nur vier Torhüter aus Deutschland teurer: Kevin Trapp, Marc-Andre ter Stegen, Leno bei seinem Wechsel zum FC Arsenal und Manuel Neuer.
Diant Ramaj in den Top 5: Die teuersten deutschen Torhüter-Transfers
Platz | Name | Saison | Preis |
1 | Manuel Neuer | 2011/12 | 30 Mio. Euro von Schalke zum FC Bayern |
2 | Bernd Leno | 2018/19 | 25 Mio. Euro von Leverkusen zum FC Arsenal |
3 | Marc-André ter Stegen | 2014/15 | 12 Mio. Euro von Gladbach zum FC Barcelona |
4 | Kevin Trapp | 2015/16 | 9,5 Mio. Euro von Frankfurt zu PSG |
5 | Diant Ramaj | 2023/24 | 8 Mio. Euro plus Boni von Frankfurt zu Ajax Amsterdam |
Dennoch ist der kostspielige Transfer bei genauerem Hinsehen keineswegs eine Sensation. Ein Blick hinter die Kulissen.
Diant Ramaj: Warum der Transfer nicht überrascht
Ramaj ist der breiten Öffentlichkeit kein Begriff. Bei gerade einmal zwei Profi-Einsätzen in seiner noch jungen Karriere ist das auch keine Überraschung. Trotzdem ist mit Ajax Amsterdam ein Spitzenteam, das regelmäßig in der Champions League anzutreffen ist, auf ihn gestoßen - und das ist vor allem auf einen Mann zurückzuführen: Sven Mislintat.
Der frühere Sportdirektor des VfB Stuttgart arbeitet seit Mai 2023 als Kaderplaner beim niederländischen Rekordmeister und verfolgt dem Vernehmen nach schon länger die Entwicklung von Ramaj, der sogar in der Schwaben-Metropole geboren ist.
Mislintat sieht Ramaj in erster Linie als Investition für die Zukunft an. Mit seinem aggressiven Torwartspiel passt er perfekt ins Anforderungsprofil von Ajax, das für einen offensiven und mutigen Spielstil bekannt ist. Der Druck auf Amsterdams Nummer eins Geronimo Rulli (31) soll erhöht werden.
Zwar schoss der beidfüßige Ramaj in der Vergangenheit mit seinen riskanten Manövern hin und wieder über das Ziel heraus, sein Talent und das damit verbundene Entwicklungspotenzial sind aber unbestritten.
Diant Ramaj: Kein Vorbeikommen an Kevin Trapp
Über seine Qualitäten war man sich auch in Frankfurt bewusst. An Kevin Trapp (Vertrag bis 2026) wäre für Ramaj in naher Zukunft dennoch kein Vorbeikommen gewesen, weshalb er schon länger Wechselabsichten gehegt haben soll.
Ramaj sei ein "großes deutsches Torhütertalent, welches wir nur sehr ungerne ziehen lassen", sagte Sportvorstand Markus Krösche bei der Verkündung des Wechsels: "Letztendlich sind wir Diants Wunsch, zu einem europäischen Topklub zu wechseln, in Verbindung mit sehr attraktiven wirtschaftlichen Parametern, nachgekommen. Diant wird seinen Weg gehen und wir wünschen ihm für seine Zukunft nur das Beste."
Nach einem Ersatz werden sich die Hessen aber wohl nicht umschauen, die Prioritäten liegen gekoppelt mit den möglichen Abgängen von einigen Stammkräften auf anderen Positionen. Zumal die SGE in Jens Grahl die perfekte Nummer zwei schon in ihren Reihen hat.
Der 34-Jährige, der ebenfalls eine Stuttgarter Vergangenheit hat, glänzte in der Vorbereitung mal wieder mit ansprechenden Leistungen. Grahl hat sich mit der Rolle des Ersatztorhüters zudem längst angefreundet. Auch deshalb wurde er bereits im Februar mit einem neuen Arbeitspapier bis 2026 ausgestattet.
Diant Ramaj: Preissteigerung von 8.000 Prozent
Dass die Eintracht nun über mehr finanziellen Spielraum verfügt, ist nicht etwa Krösche oder dessen Vorgänger Fredi Bobic zu verdanken. Es war das Verdienst von Torwarttrainer Jan Zimmermann, Ramaj nach Frankfurt zu lotsen.
Zimmermann überzeugte die Verantwortlichen 2021 von einer Verpflichtung des damals noch unbekannteren Talents, welches er bei seinem Ex-Klub 1. FC Heidenheim entdeckt hatte. Der Kostenpunkt betrug damals lediglich 100.000 Euro. Glaubt man den Zahlen, hat die SGE den Torhüter also mit einer Preissteigerung von 8.000 Prozent weiterverkauft - und diese bezieht sich nur auf den acht Millionen Euro schweren Sockelbetrag.
Einen Teil der Ablöse muss Frankfurt jedoch an Ramajs ehemaligen Arbeitgeber Heidenheim abdrücken. Der Bundesliga-Aufsteiger hatte sich damals vorausschauend eine Weiterverkaufsbeteiligung gesichert. Sie soll angeblich bei 15 Prozent liegen. Der FCH kann also mit zusätzlichen Einnahmen von rund einer Million Euro rechnen.
Das schmälert den wirtschaftlich hervorragenden Deal der Eintracht aber nur wenig. Der Verkauf von Ramaj war ein Transfer-Coup sondergleichen, den nur wenige haben kommen sehen.
Eintracht Frankfurt: Diant Ramaj im Steckbrief
Diant Ramaj | |
Geburtstag: | 19. September 2001 |
Geburtsort: | Stuttgart |
Nationalität: | deutsch |
Größe: | 1,89 Meter |
Position: | Torwart |
Starker Fuß: | beidfüßig |
Vereine: | VfB Stuttgart Jugend, Stuttgarter Kickers Jugend, 1. FC Heidenheim, Eintracht Frankfurt, Ajax Amsterdam |
Profispiele: | 2 (für Eintracht Frankfurt) |
Länderspiele: | 10 (für Deutschlands U18, U19 und U20) |
Titel: | Europa-League-Sieger 2021/22 (Eintracht Frankfurt) |