Der FC Bayern hat am Montag Niko Kovac als neuen Trainer vorgestellt. Dieser blieb bei seiner Rückkehr zum Rekordmeister kaum eine Antwort schuldig, richtete deutliche Worte an die Mannschaft und im Speziellen an Robert Lewandowski. Vor seiner ersten Saison profitiert der selbsterklärte Bessermacher von seinem Pokalsieg, aber auch von der möglicherweise gedämpften Erwartungshaltung.
Als Carlo Ancelotti vor zwei Jahren sein Amt beim FC Bayern antrat, wurde seine Ankunft fast schon wie ein Staatsakt inszeniert. Bayerische Blaskapelle hier, ein Foto für die Presse mit Lederhose in der Hand da und erst dann ging es begleitet von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in den Presseraum der Allianz Arena.
721 Tage später hat sich der Rekordmeister das Staatsmännische beim ersten Akt der Ära Kovac verkniffen. Warum sollte man einem ehemaligen Spieler des FC Bayern auch eine Lederhose in die Hand drücken oder unter Blasmusik ein Spalier entlang schreiten lassen?
Zwar war das Blitzlichtgewitter, das Niko Kovac und Hasan Salihamidzic empfing, nicht minder gewaltig, doch hatte das Auftreten des 46-Jährigen nichts mit dem von Ancelotti anno 2016 und auch nicht mit dem von Pep Guardiola ("Ich bin ein bisschen nervös.") gemein.
Kovac beim FC Bayern: Machtwort in der Causa Robert Lewandowski
Der neue Bayern-Trainer wirkte fokussiert, zielstrebig, fast schon tiefenentspannt und geizte weder mit klaren Botschaften, noch mit seinen Standpunkten. Einen davon habe er etwa Robert Lewandowski mit Bezug auf den nach wie vor im Raum stehenden Wechselwunsch vor der WM in Russland in einem Telefonat mitgeteilt.
Kovac habe dem zuletzt vielkritisierten "Weltklassestürmer" die Wertschätzung gegeben, "die jeder Spieler, jeder Mensch brauche". Der 46-Jährige wählt den Weg der verbesserten, aber klaren Kommunikation im Umgang mit dem eigenwilligen Lewandowski, sein "Nein" zu einem Abgang des polnischen Nationalstürmers fällt aber ebenso deutlich aus, wie das der Bayern-Spitze um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Die hatte wohl zuletzt gar ein Tauschangebot von Real Madrid abgelehnt.
"Verbesserung" ist das Motto, das Kovac vorab über seine Zeit beim FC Bayern geschrieben hat: "Wir wollen erstmal zusehen, dass wir jeden einzelnen Spieler besser machen", sagte Kovac. Ein Satz, der beim FC Bayern dunkle Erinnerungen hervorruft, schließlich heuerte Jürgen Klinsmann 2008 mit dem ähnlichen Vorhaben, "jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser" zu machen, beim Rekordmeister an und scheiterte krachend.
Niko Kovac über DFB-Pokalsieg: "Eine Kerbe im Colt"
Dass Kovacs Engagement in einem ähnlichen Fiasko enden wird, darauf deutet zunächst einmal nicht viel hin, obwohl seiner Verpflichtung im Vorfeld viel Skepsis entgegengebracht wurde. Durch den Pokalsieg im Finale gegen den neuen Arbeitgeber änderte sich die Wahrnehmung jedoch. "Natürlich weiß ich, dass viele auf die Vita schauen, wenn man zu diesem Klub kommt", sagte Kovac, "es ist daher sicher nicht schlecht, als Trainer jetzt auch eine Kerbe im Colt zu haben."
Eine Kerbe im Colt, kein schweres Triple-Erbe und eine klare Vorstellung von dem Fußball, den er mit seiner Mannschaft umsetzen will. Das sind die Begleitumstände der ersten Kovac-Tage an der Säbener Straße. Der Trainer will da ansetzen, wo das Spiel der Bayern mangels Variabilität auch unter Jupp Heynckes seine Grenzen hatte.
"Die WM zeigt, dass Ballbesitzfußball nicht die einzige Lösung sein kann. Ich möchte ein neues System integrieren, das eine oder andere modifizieren", sagte Kovac, der im Grunde aber den Spielstil beibehalten wolle, der seit Louis van Gaal den FC Bayern prägt. Bei der Eintracht war die Basis die Abwehrarbeit gepaart mit einem schnellen Umschaltspiel in einer flexiblen Formation. Das hatte im Finale von Berlin auch der FC Bayern zu spüren bekommen.
"Im Pokalfinale gegen Bayern haben wir im 4-3-3 begonnen, haben dann umgestellt auf ein 5-4-1 mit Raute", erklärte Kovac und ließ im Anschluss keine Zweifel an seiner Fachexpertise. In München wird es seine Aufgabe sein, die spielerische Klasse der Bayern mit seiner Frankfurter Variante des Arbeiterfußballs zu mischen und besonders die taktische Flexibilität ins Bayern-Spiel zu integrieren.
gettyNiko Kovac beim FC Bayern: Peter Hermann als Übergangshilfe
"Ich erwarte Leidenschaft und Ehrgeiz und lebe das jeden Tag vor", sagte Kovac. Im Gegenzug erhalten seine Spieler einen "ehrlichen und direkten" Trainer, wie Serge Gnabry aus Frankfurter Mannschaftskreisen in Erfahrung gebracht hatte.
Kovac stillt beim Rekordmeister aber auch die Sehnsucht, die seit Pep Guardiola und besonders nach dem Scheitern von Carlo Ancelotti wieder Thema ist: Als ehemaliger Bayern-Spieler kennt er das Umfeld und die Erwartungshaltung des Vereins, aber auch die Dreifachbelastung aus Sicht eines Profis. "Ein Vorteil, kein Nachteil", wie er selbst sagte: "Ich weiß, wie man hier denkt und wie man hier erfolgreich sein muss."
Niko Kovac: Stationen als Trainer
Verein | Amstantritt | Amtsaustritt | Spiele | Punkte/Spiel |
Eintracht Frankfurt | 08.03.2016 | 30.06.2018 | 91 | 1,54 |
Kroatien | 16.10.2013 | 09.09.2015 | 19 | 1,84 |
Kroatien U21 | 21.01.2013 | 16.10.2013 | 5 | 3,00 |
RB Salzburg Jugend | 08.04.2011 | 24.06.2012 | 54 | 1,56 |
Dass Kovac erfolgreich sein muss, steht außer Frage, das "Wie" ist hingegen diskutabel. Nachdem sowohl Guardiola als auch Ancelotti am Champions-League-Traum der Münchner scheiterten, ist eine gewisse Erdung beim Rekordmeister spürbar. Ob der FC Bayern bereit sei, angesichts der Verpflichtung zumindest für eine Saison seine dennoch hohen Ziele runterzuschrauben, beantwortete der nicht immer ganz auf der Höhe des Geschehens wirkende Salihamidzic gewohnt ausweichend.
Man wolle da weitermachen, wo man aufgehört habe, sagte der Sportdirektor. Aber wo hat der FC Bayern aufgehört? Mit Blick auf die Titelsammlung bei einer Meisterschaft. Zumindest die Titelverteidigung wird auch für Kovac Pflicht sein, der Rest offensichtlich nicht mehr. Um zumindest das zu erreichen, stellt der FC Bayern Kovac Peter Hermann als zweiten Co-Trainer zur Seite.
Dieser hatte eigentlich seinen Rücktritt verkündet und wollte nicht mehr. Ab dem 1. September wird er aber nun doch wieder nach München zurückkehren - eine für Kovac und dessen Zugang zur Mannschaft überaus wichtige Personalie und fast schon Grundvoraussetzung für eine Saison, die zwar mit einem, aber nicht mit keinem Titel enden darf.