Fünf Spiele in Folge nur Bankdrücker: Thomas Müller hat seit der Ankunft von Philippe Coutinho einen schweren Stand beim FC Bayern. Wie geht es für die Münchner Identifikationsfigur weiter?
Thomas Müller hatte es eilig. Sehr eilig. Um 17.39 Uhr, keine 20 Minuten nach Abpfiff, verließ er am Samstag als erster Spieler des FC Bayern die Münchner Arena.
In Plauderlaune war er nicht. "Nothing to say, wie der Engländer sagt. Gar nix", meinte Müller mürrisch zu den Journalisten, ehe er einer wartenden Dame noch mit einem freundlichen Lächeln ein Autogramm gab und anschließend schnurstracks in den bewölkten Feierabend schritt.
Tags darauf lächelte Müller wieder. Gezwungenermaßen. Beim traditionellen, stets von einer Unmenge von Kameras begleiteten Mannschaftsbesuch des Oktoberfests blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen Unmut für einen Moment auszublenden. In Müller, dazu muss man kein Prophet sein, brodelt es gewaltig. Bei der 1:2-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim stand er erstmals in seiner Laufbahn zum fünften Mal in Folge nicht in der Startelf des Rekordmeisters.
gettyNiko Kovac über Thomas Müller: "Wenn Not am Mann ist ..."
Vor dem Hintergrund, dass die Mannschaft nur vier Tage zuvor ein kräftezehrendes Champions-League-Spiel in London bestritten hatte, machte er sich ähnlich wie Javi Martinez Hoffnungen auf einen Einsatz von Beginn an. Niko Kovac verfolgte aber andere Pläne. Er verzichtete auf Rotationen. Und als wäre das nicht schon frustrierend genug für Müller gewesen, bekam er unmittelbar vor dem Anpfiff auch noch eine zusätzliche Watschn von seinem Trainer mit.
"Er ist nicht irgendjemand. Thomas ist sehr wichtig, aber die anderen Spieler auch. Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen", sagte Kovac am Sky-Mikrofon. In anderen Worten: Der einstige Immerspieler ist nur noch ein Lückenbüßer.
"Sie müssen jetzt nicht irgendwas daraus zaubern", relativierte Kovac seine unglückliche Aussage später auf der Pressekonferenz und hob die Professionalität von Müller, den er nach 60 Minuten eingewechselt hatte, lobend hervor. "Wenn jemand nicht spielt, und wir ihn brauchen, kommt er. Und Thomas ist gekommen und hat noch mal Schwung reingebracht", sagte der Coach.
Niko Kovac: Thomas Müller und Coutinho nicht kompatibel
Der engagierte, mit einer Vorlage zum zwischenzeitlichen 1:1 gekrönte Auftritt von Müller änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass er seit der Ankunft von Philippe Coutinho mit der Bank vorliebnehmen muss. Ist der vom FC Barcelona ausgeliehene Spielmacher fit, führt im 4-2-3-1 von Kovac kein Weg an ihm vorbei. Gemeinsam von Anfang an spielen können Müller und der Brasilianer nicht, zumindest nicht nach Auffassung des Trainers.
Zudem ist Robert Lewandowski topfit und nicht aus dem Sturmzentrum wegzudenken, wo Müller theoretisch noch einsetzbar wäre. Und so stellt sich die Frage, wie lange das Bayern-Urgestein (450 von 900 möglichen Einsatzminuten in dieser Saison) noch die Contenance wahrt.
FC Bayern: Wechsel ein Thema für Thomas Müller?
Im November 2018, also fast genau vor einem Jahr, hatte sich Müller in einer ähnlichen Situation befunden. Damals erhielt der mittlerweile wieder bei Real Madrid aktive James Rodriguez zumeist den Vorzug vor ihm, woraufhin seiner Ehefrau Lisa bei einem Heimspiel gegen den SC Freiburg (1:1) der Kragen platzte. Sie attackierte Kovac via Instagram. Müller selbst blieb aber cool und arbeitete sich Schritt für Schritt zurück in die Mannschaft.
Wie endet die Frustphase des ehemaligen Nationalspielers diesmal? Sein Ziel war zwar immer, seine Karriere bei seinem Jugendverein zu beenden. Ohne Spielpraxis wird sich aber auch der dienstälteste Münchner irgendwann Gedanken machen, den Arbeitgeber zu wechseln. Sein Vertrag an der Isar läuft noch bis 2021, Gespräche über eine Verlängerung wurden bislang nicht geführt.
Die Liga-Leistungsdaten von Thomas Müller 2019/20
Kategorie | Wert |
Gespielte Minuten | 286 |
Tore | 0 |
Vorlagen | 4 |
Kreierte Großchancen | 5 |
Schüsse aufs Tor | 1 |
Zweikampfquote | 48,4 % |
Passquote | 75,2 % |