Kommentar zur Bayern-Niederlage gegen Gladbach: Der Flick-Effekt ist nicht verpufft

Jonas Rütten
09. Dezember 201900:12
Gewann seine ersten vier Spiele als Interimstrainer des FC Bayern mit 16:0 Toren: Hansi Flick.getty
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Sieben Punkte Rückstand auf Tabellenführer Borussia Mönchengladbach, zwei bittere Niederlagen in Folge: Kurz vor dem Jahresende kriselt es erneut beim FC Bayern München, obwohl er sich nach dem Trainerwechsel von Niko Kovac auf Hansi Flick eigentlich schon auf dem richtigen Weg wähnte - und das mit Recht. Denn an dieser Tatsache ändern auch die zwei Pleiten gegen Gladbach und Leverkusen nichts. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jonas Rütten.

Noch vor wenigen Wochen galt Hans-Dieter Flick als das personifizierte Allheilmittel gegen eine ausgewachsene Krise beim FC Bayern München, die zuvor in einer 1:5-Klatsche gegen Eintracht Frankfurt und der Entlassung von Flicks Vorgesetzten Niko Kovac gegipfelt war.

Es folgte ein kaum für möglich gehaltener Stimmungsaufschwung. Erst verhalten wie beim 2:0 über Olympiakos Piräus, dann berauschend. 4:0 gegen den selbst ernannten Meisterschaftskandidaten aus Dortmund, 4:0 gegen Fortuna Düsseldorf, 6:0 gegen Roter Stern Belgrad.

FC Bayern und sein Interimstrainer: Alle lieben Hansi

Die Spieler schwärmten von ihrem neuen Chef an der Seitenlinie, die Vorstandsriege um Karl-Heinz Rummenigge lobte, wo es nur ging und Medien stilisierten jede kleine Geste des Interimstrainers wie eine gemeinsame Passkontrolle am Flughafen mit Spielern, die er auf die Bank gesetzt hatte, zu einem an Genialität kaum zu überbietenden Trainer-Schachzug hoch.

Von einem "Flick-Effekt" war die Rede. Einer, der die bis dahin äußerst durchwachsene und inkonstante Saison des Rekordmeisters retten werde, hieß es. Doch dann kam der Dezember und mit ihm zwei Niederlagen gegen Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach. Platz sieben in der Tabelle, sieben Punkte Rückstand auf die Spitze. Der "Flick-Effekt"? Für einige schon wieder verpufft. Dass er das nicht ist, war jedoch sowohl beim 1:2 gegen Leverkusen als auch beim 1:2 gegen Gladbach zu sehen.

Denn in beiden Spielen trat der FC Bayern so dominant auf, wie man es von ihm kaum noch gewohnt war. Defensiv ließ der Rekordmeister kaum etwas zu, stand stabil, gewann in beiden Partien die Mehrzahl der Zweikämpfe. Sinnbildlich dafür: das Torschussverhältnis in der ersten Halbzeit gegen Gladbach (15:1) - immerhin seit Wochen Tabellenführer der Bundesliga und nicht irgendeine Feld-, Wald- und Wiesen-Mannschaft.

Bayerns Flick-Effekt ist immer noch da - nur die Ergebnisse nicht

Einen einzigen Torschuss brachte die so hochgelobte und hochtalentierte Offensive der Borussen in der ersten Halbzeit zustande. Und die unter Kovac noch zuweilen planlos agierende und auf Zufälle und Individualismus ausgelegte Offensive? Die erspielte sich sowohl gegen Leverkusen als auch gegen Gladbach Chance um Chance und das nicht etwa planlos, sondern geschickt, zielstrebig, mit guten Verlagerungen und Positionsrochaden.

So resultierte beispielsweise das 1:0 von Ivan Perisic aus einem Bilderbuch-Spielzug über acht Stationen und gegen aggressives Pressing der Gladbacher aus der eigenen Hälfte heraus. "Wir spielen besseren Fußball als im letzten Winter", stellte auch Joshua Kimmich fest, "aber wir holen weniger Punkte." Der Flick-Effekt ist spielerisch also völlig intakt und sichtbar - nur die Ergebnisse stimmten nun zweimal in Folge nicht mehr.

Einerseits lag das an dem exzessiven Chancenwucher der Bayern, die sowohl Leverkusen als auch Gladbach gut und gerne mit drei oder vier Toren hätten abschießen können. Andererseits aber auch an der Tatsache, dass es eben nicht Gegner wie Düsseldorf, Belgrad, Olympiakos oder ein völlig verunsicherter BVB waren, sondern zwei Mannschaften, die sich nicht einfach ihrem Schicksal ergeben, wenn man sie zu lange leben lässt.

Dass die Bayern das zuließen und nach dem ersten und einzigen Treffer zumindest gegen Gladbach "komplett aufgehört" haben (Hasan Salihamidzic), ist dem Trainer ebenso wenig anzulasten wie die Mär von der neuen bajuwarischen Unbesiegbarkeit unter ihm, die nach seinen ersten Erfolgen als Interimscoach kursierte. Sein positiver Einfluss auf das Spiel der Bayern ist auch nach den zwei Niederlagen in Folge ungebrochen und sichtbar.

Bundesliga-Tabelle: FC Bayern schon mit sieben Punkte Rückstand

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Borussia M'gladbach1430:161431
2.RB Leipzig1439:162330
3.Borussia Dortmund1433:191426
4.Schalke 041425:18725
5.SC Freiburg1424:17725
6.Bayer Leverkusen1422:18425
7.Bayern München1435:201524