Die Verärgerung über eine wegen dreiminütiger Verspätung verweigerte Flugerlaubnis ist nachvollziehbar. Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß hätten das Chaos um die Anreise des FC Bayern München zur Klub-WM nach Katar aber lieber zähneknirschend zur Kenntnis nehmen sollen anstatt öffentlich loszupoltern. Ihre Aussagen werfen ein schlechtes Licht auf den ohnehin schon überprivilegierten Profifußball. Ein Kommentar.
Es gibt Schöneres, als nach 90 eisigen Minuten im verschneiten Berliner Olympiastadion zum Flughafen nach Brandenburg zu hetzen, um dort bis in die frühen Morgenstunden hinein festzusitzen, weil einem erst das Wetter und dann das Gesetz in die Quere kommt. So viel ist erstmal klar.
Die Mannschaft des FC Bayern hat die ärgerlichen Geschehnisse rund um den Trip zur Klub-WM nach Katar aber nicht zum Anlass für Empörung genommen. Im Gegenteil: Die Stimmung war wegen des 1:0-Sieges bei Hertha BSC gut, der Gedanke an die zusätzlich erschwerte Vorbereitung auf das Turnier nicht präsent. "Die Mannschaft hat überhaupt keinen Zirkus gemacht", verriet Karl-Heinz Rummenigge der Bild.
Bedauerlich, dass er und sein mittlerweile pensionierter Genosse Uli Hoeneß sich daran kein Beispiel nahmen. Stattdessen lief die "Abteilung Attacke" den gesamten Samstag über auf Hochtouren.
Für Hoeneß war es "ein Skandal ohne Ende", für Rummenigge "eine lächerliche Nummer", in deren Folge man sich "verarscht" vorgekommen sei. Der Vorstandschef des deutschen Rekordmeisters versuchte sich gar als Verschwörungstheoretiker. Er habe schon in den Tagen davor den Eindruck gewonnen, "in Brandenburg ist irgendeiner, der den FC Bayern nicht mag oder irgendein Problem mit dem FC Bayern hat und uns dementsprechend Hürden in den Weg gestellt hat".
FC Bayern und Jürgen Klopp lassen Demut vermissen
Dem war jedoch nicht so. In Brandenburg war lediglich irgendeiner, der gesetzlich korrekt gehandelt hat. Ob man das nervig, pingelig, ein bisschen zu deutsch finden darf? Ja. Ob man sich derart unverhältnismäßig äußern muss wie Rummenigge und Hoeneß? Nein.
Regeln gelten nun mal für alle. Und da abgesehen von einigen Ausnahmen zwischen 0.00 und 5.00 Uhr keine Maschine vom Flughafen Berlin Brandenburg abheben darf und die Bitte zur Startfreigabe des Bayern-Fliegers nach Angaben der Behörden erst um 0.03 Uhr kam, sollte man in erster Linie von Pech wegen des Wetters oder schlechtem Zeitmanagement sprechen. Nicht von einem "Skandal".
Die Aussagen der Bayern-Bosse sind angesichts der Sonderstellung des Profifußballs inmitten der Corona-Pandemie umso unglücklicher: Während ein Großteil der Bevölkerung seit nunmehr fast einem Jahr mit immensen Einschränkungen am Arbeitsplatz zu kämpfen hat, rollen Ball und Rubel munter weiter.
Sich dann lauthals zu beschweren, wenn man einmal keine Extrawurst bekommt, zeugt von fehlender Demut, ja fast schon von Arroganz. Das gilt übrigens nicht nur für Rummenigge und Hoeneß, sondern auch für Jürgen Klopp. Der Trainer des FC Liverpool äußerte am Freitag sein Unverständnis darüber, keine Sondergenehmigung für die Einreise zum Champions-League-Spiel gegen RB Leipzig erhalten zu haben. Seine Begründung: Man würde schon niemanden anstecken.
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