Nach der 6:1-Gala gegen Eintracht Frankfurt ging es beim FC Bayern München vor allem um die Positionen ganz vorne und ganz hinten. Es ging um die neue Wirbel-Offensive ohne Robert Lewandowski und um Keeper Manuel Neuer, der mit einem leichtsinnigen Fehler das Gegentor verschuldete.
Erstaunliches aber trug sich auch dazwischen zu: Im zentralen Mittelfeld zeigte Marcel Sabitzer nach dem 5:3-Sieg im Supercup gegen RB Leipzig die nächste gute Leistung und zementierte wohl erstmal seinen Stammplatz an der Seite von Joshua Kimmich. In seiner Premierensaison beim FC Bayern noch viel gescholten, scheint sich der 28-jährige Österreicher mit einem Jahr Anlauf zu etablieren.
In Frankfurt gewann Sabitzer jeden Zweikampf und verzeichnete die zweitbeste Passquote aller Startelf-Spieler des FC Bayern. Darüber hinaus erkämpfte er die zweitmeisten Bälle - obwohl er bereits in der 57. Minute für Neuzugang Ryan Gravenberch ausgewechselt wurde.
Julian Nagelsmann lobt Marcel Sabitzer
Nach der Vorbereitung schien es, als ob der 20-jährige Neuzugang von Ajax Amsterdam zum größten Profiteur der Verletzung von Leon Goretzka avancieren könnte. Der Platzhirsch musste sich einer Knie-Operation unterziehen und fällt wochenlang aus. Gravenberch glänzte in den Testspielen und im Training mit seiner feinen Technik und Dynamik.
Beim Supercup stand dann aber Sabitzer in der Startelf und zeigte eine starke Leistung. "Er hat es gut gemacht, war defensiv fleißig, aber auch mit Ball gut. In der Vorbereitung hat er sehr gut trainiert", sagte Trainer Julian Nagelsmann. "Er ist ein sehr guter Spieler. Das weiß ich, sonst hätte ich ihn nicht mitgenommen." Sabitzer kam vergangenen Sommer bekanntlich auf Betreiben seines Ex-Trainers für 15 Millionen Euro aus Leipzig.
Zunächst rechtfertigte Sabitzer seine Verpflichtung aber keineswegs. Bei seinen vereinzelten Startelf-Einsätzen blieb er im besten Fall unauffällig, im schlechtesten unterliefen ihm kapitale Fehler. "In Sabi steckt viel, viel mehr", betonte Nagelsmann nach einem besonders schwachen Auftritt gegen den FC Augsburg und vermutete "eine Kopfsache". Zeitweise musste Sabitzer als Linksverteidiger aushelfen. Als Goretzka im Winter wochenlang ausfiel, setzte Nagelsmann im zentralen Mittelfeld lieber auf Corentin Tolisso oder Jamal Musiala.
FC Bayern: Behutsamer Umgang mit Neuzugängen
Tolisso hat den Klub mittlerweile ablösefrei verlassen, Musiala glänzt aktuell weiter vorne. Bei der Wahl zwischen Gravenberch und Sabitzer entschied sich Nagelsmann für den etwas defensiveren Spielertypen - und wohl auch ganz bewusst gegen den Neuzugang. Wie schon beim Supercup stand von den Neuen gegen Frankfurt lediglich der erfahrene Sadio Mane in der Startelf. Gravenberch wurde genau wie Noussair Mazraoui, Matthijs de Ligt und Mathys Tel nur eingewechselt.
Gefragt nach de Ligt betonte Nagelsmann bei der Pressekonferenz vor dem Spiel, dass er mit den Neuzugängen ausgesprochen behutsam umgehen wolle. Vielleicht auch wegen den Erfahrungen mit Sabitzer im vergangenen Jahr?
"Ich könnte sie einfach reinwerfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dann top performen, ist aber nicht so hoch", sagte Nagelsmann. "Ich gebe ihnen Zeit und bringe sie erst, wenn ich das Gefühl habe, sie sind jetzt bereit, die maximale Leistung zu bringen und medial nicht direkt in die Pfanne gehauen werden."
Konrad Laimers Verpflichtung wird unwahrscheinlicher
So darf sich Sabitzer festspielen, übrigens auch zur Freude seines Nebenmannes Joshua Kimmich. Nach dessen "sehr unglücklichen" Premierensaison bescheinigte er Sabitzer eine gute Entwicklung: "Ich spiele gerne mit ihm zusammen. Er gibt uns ein gewisses körperliches Spiel, ist ein intelligenter Spieler, torgefährlich, mit einem guten Torschuss."
Einem Bericht der tz zufolge ist Kimmich intern ein Fürsprecher Sabitzers. Genau wie Kapitän Neuer, der sich demnach auch abseits des Platzes gut mit dem Österreicher versteht. Die zunächst nur schleppend voranschreitende Integration in die Mannschaft scheint sich aktuell zu beschleunigen. Von einem Anfang der Transferperiode gehandelten Abschied ist längst keine Rede mehr.
Immer unwahrscheinlicher wird gleichzeitig eine Verpflichtung seines Landsmanns Konrad Laimer. Der Leipziger gilt als erklärter Wunschspieler Nagelsmanns und wäre ein direkter Rivale Sabitzers im zentralen Mittelfeld. Der Poker um die Ablösesumme ist aber festgefahren. Weil sein Vertrag im kommenden Sommer ausläuft, könnte er dann ablösefrei wechseln. Bedarf hat der FC Bayern wegen Sabitzer aktuell ohnehin nicht.