FC Bayern München - zwei Themen der Jahreshauptversammlung im Faktencheck: Denkzettel mit einer Berechtigung

Von Tim Ursinus
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FC Bayern - Thema Nachwuchsarbeit: Jamal Musiala als Paradebeispiel

Angelo Stiller, Adrian Fein, Emre Can, Niklas Dorsch, Chris Richards - die Liste der FCB-Eigengewächse, die kaum oder sogar nie eine Rolle beim deutschen Rekordmeister spielten, ist lang. Dem nahm sich auch ein Mitglied an und sorgte damit für eine Diskussion, mit der im Vorfeld nicht unbedingt zu rechnen war.

"Das ist eine derartig hohe Misswirtschaft", sagte er über die Nachwuchsarbeit des FC Bayern und nannte explizit Stiller und Fein als Beispiel für Talente mit langer Münchner Vergangenheit, die bei den Profis "überhaupt keine Chance" bekommen hätten. Stattdessen würde in "spielerischen Ramsch investiert" werden: "Wie Marc Roca und Bouna Sarr." Es folgte eine knallharte Ansage in Richtung Hainer und Co.: "In anderen Jobs wären sie jetzt überall, aber nicht mehr in ihren Ämtern." Zudem kritisierte der Fan, dass die Verantwortlichen Jamal Musiala als Erfolg für den eigenen Nachwuchs deklarieren würden, obwohl dieser doch beim FC Chelsea ausgebildet wurde.

Eine berechtigte Anmerkung, wie die Vita des 19-Jährigen zeigt. Von 2011 bis 2019 hatte der derzeit gefeierte Musiala die Jugendteams von Chelsea durchlaufen, ehe er an den Campus wechselte. Über die U17 und U19 landete er binnen eines Jahres bei den Profis. In der Saison 2020/21 kam der gebürtige Stuttgarter zu regelmäßigen Kurzeinsätzen, ehe ihm in der vergangenen Spielzeit der endgültige Durchbruch gelang. Er wurde Nationalspieler und fuhr zur EM.

Oliver Kahns Antwort auf die Aussagen, dass Musiala "jung" zum FC Bayern gekommen ist, stimmt freilich. Ihn angesichts des kurzen Aufenthalts am Campus als Aushängeschild für die Nachwuchsarbeit zu feiern, grenzt allerdings an Schönrednerei. Zu lange ist es her, dass ein Spieler schon im Kindesalter das Bayern-Trikot trug und letztlich ein fester Bestandteil der Profi-Mannschaft wurde. Zuletzt gelang das bei Thomas Müller 2009. Auch David Alaba, der 2008 erst mit 16 Jahren von Austria Wien an die Isar wechselte, fällt genau genommen aus diesem Raster.

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FC Bayern: Mit dieser Aussage trifft Kahn den Nagel auf den Kopf

"Der Abstand zwischen Jugend- und Amateurmannschaft und der Profimannschaft ist gewaltig geworden. Zu unserer Idee gehört es auch, internationale Top-Talente zu verpflichten", erklärte Kahn und nannte Ryan Gravenberch und Mathys Tel als brandaktuelle Beispiele. Dennoch traf er damit den Nagel auf den Kopf, wie insbesondere Stillers Werdegang zeigt.

Als einen "Schlag ins Gesicht" beschrieb der heutige Mittelfeldspieler der TSG Hoffenheim seine Gefühlslage, nachdem ihm im Oktober 2020 in Marc Roca und Tiago Dantas zwei Spieler vor die Nase gesetzt wurden, kurz nach seinem Abschied im Sommer 2021. Dabei war ihm zuvor Hoffnung gemacht worden, wie er im Sommer im Interview mit SPOX und GOAL verriet: "Wer bei der Reserve Leistung bringt, kriegt oben seine Chancen - das war uns immer gesagt worden. Ich hätte mich gefreut, wenn ich mehr Vertrauen gespürt hätte."

Dantas setzte sich letztlich nicht durch und kehrte nach Ablauf seiner Leihe zu Benfica Lissabon zurück. Roca ging im Sommer für zwölf Millionen Euro (17 Millionen Euro mit möglichen Boni) zu Leeds United. Den Spanier als Ramsch zu bezeichnen sei alleine deshalb "schwierig" (Kahn), weil der FC Bayern mit ihm mindestens ein Transferplus von drei Millionen Euro erwirtschaftet hat - obwohl er kaum zum Zug kam. Bei Sarr ist das hingegen nicht zu erwarten. Im Sommer scheiterten die Versuche, einen Abnehmer für den am Knie operierten Franzosen zu finden.

Ebenfalls bezeichnend für die problematische Lage im Nachwuchsbereich des FC Bayern ist das derzeitige Abschneiden der Reserve. Nach der Drittliga-Meisterschaft 2019/20 folgte der Abstieg in die ungeliebte Regionalliga. Weil man den Wiederaufstieg knapp verpasste, kam es zur erneuten Talenteflucht. Gleich elf der 15 am häufigsten eingesetzten Spieler der Vorsaison wechselten, darunter die Leihen von Gabriel Vidovic, Torben Rhein und Bright Arrey-Mbi. Außerdem gibt es Gerüchte, dass Mega-Talent Arijon Ibrahimovic unbedingt weg will. Aus dem angeblich gleichen Grund wie schon bei vielen anderen auch: die mangelnde Perspektive.

So wäre es auch keine Überraschung, wenn Kahn und Co. in ein paar Jahren auch bei Tel und weiteren Talenten, die verpflichtet werden, von guter Nachwuchsarbeit sprechen würden. Dass langjährige Jugendspieler auch nur ansatzweise in die Fußstapfen eines Müllers treten, könnte mit dieser Denkweise aber noch mehr zur Seltenheit werden.

FC Bayern München: Vorstand des Rekordmeisters

PositionName
PräsidentHerbert Hainer
VorstandsvorsitzenderOliver Kahn
Stellvertretender VorstandsvorsitzenderJan-Christian Dreesen
Vorstand Corporate Partnerships und MarketingAndreas Jung
Vorstand SportHasan Salihamidzic
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