Zu hohe Gehälter beim FC Bayern München? Vincent Kompany? Zu viel Einfluss der Fans? Jetzt spricht Oliver Kahn

Von Felix Götz
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Oliver Kahn hat sich zu den Vor- und Nachteilen von jungen Trainern wie Vincent Kompany beim FC Bayern München geäußert. Der 55-Jährige wehrt sich gegen den Vorwurf der hohen Gehälter beim FCB, spricht über den Einfluss der Fans in der Bundesliga und erklärt, welche Nation sich der deutsche Fußball zum Vorbild nehmen sollte.

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"Junge Trainer sind unverbraucht und noch unbeschriebene Blätter. Bei älteren Kollegen finden sich immer Punkte, die nicht optimal zum Kader und zum Klub passen", sagte Kahn im Interview mit dem kicker über die Vorteile von Trainern wie Kompany bei Bayern oder Nuri Sahin bei Borussia Dortmund.

Die Theorie, dass junge Trainer grundsätzlich besser zu jungen Spielern passen, stützt der 55-Jährige allerdings nicht.

"Da wäre ich sehr vorsichtig, Carlo Ancelotti mit seinen 65 Jahren beweist den Wert der Erfahrung gerade in den großen K.o.-Spielen. In einer Mannschaft mit vielen Top-Stars hat es ein Trainer mit wenigen Erfolgen im Rücken schwer, die Akzeptanz zu finden. Es kommt immer auf die jeweilige Situation im Klub und im Kader an", so Kahn.

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Zu hohe Gehälter beim FC Bayern? Das sagt Kahn

Der ehemalige Torhüter war bis Mai 2023 Vorstandsvorsitzender des FC Bayern. Immer wieder gibt es den Vorwurf, Kahn habe in dieser Funktion gemeinsam mit Ex-Sportvorstand Hasan Salihamidzic zu hohe Gehälter bewilligt, was nun die Arbeit von Max Eberl erschweren würde.

"Die Gehälter wurden stets mit dem Finanzvorstand und dem Aufsichtsrat abgestimmt und freigegeben. Alle waren sich einig", sagte Kahn dazu: "Die Quote der Gehaltskosten für den Spielerkader im Verhältnis zum Umsatz lag wie in der Vergangenheit unter 50 Prozent. Diese Größe ist im Vergleich zu anderen europäischen Klubs, bei denen sie teilweise bei 80 Prozent und mehr liegt, ein Top-Wert. Jeder Klub, der in den letzten Jahren die Champions League gewann, hat weit höhere Gehaltskosten als der FC Bayern."

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Kahn: "Es sollte keine Denkverbote geben"

Kahn sprach außerdem über den Stellenwert der Bundesliga im Ausland. Was die Liga in Sachen Auslandsvermarktung mache, sei nicht mehr ausreichend.

"Man muss alles abwägen, und am Ende muss jede Entscheidung der Bundesliga helfen - dann hilft sie allen, auch dem Zweit- und Drittligisten", meinte der gebürtige Karlsruher: "Es sollte keine Denkverbote geben. Allerdings ist es heute in dieser Branche sehr schwierig, offen über neue Ideen zu diskutieren, da man sehr schnell in eine Ecke gedrängt wird."

Kahn nannte in diesem Zusammenhang die NFL, die Spiele im Ausland veranstaltet. Andere Beispiele sind die spanische LaLiga oder die italienische Serie A, die jeweils ihre Supercup-Endspiele im Ausland ausgetragen haben.

"Ich will aber nicht sagen, dass es die Bundesliga genauso machen soll, sondern dass das, was wir tun, nicht mehr ausreicht", bekräftigte Kahn.

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Nein zum Investoreneinstieg "ein großer Pyrrhussieg"?

Die Bundesliga sei zu der Erkenntnis gekommen, dass man investieren müsse. "Also sollte mit Private-Equity-Investoren ein attraktives Paket geschnürt werden, was an Widerständen scheiterte. Auf die Konsequenzen bin ich sehr gespannt. Und als ich die Protestaktionen mit den Tennisbällen und die Freude über das Nein zum Investoreneinstieg sah, habe ich mich gefragt, ob das für einige nicht ein großer Pyrrhussieg ist, also eine perspektivische Niederlage. Sollten die TV-Einnahmen zukünftig stagnieren oder sinken, müssen neue Einnahmequellen gesucht werden. Infolgedessen dürfte es erneut Diskussionen um die Sinnhaftigkeit von 50 plus 1 geben", erklärte der Vizeweltmeister von 2002.

Man könne auf die starke Fankultur in Deutschland stolz sein, findet Kahn. "Sie ist ein Korrektiv bei Fehlentwicklungen. Aber die Fanvereinigungen müssen sich den Realitäten des Fußballs stellen. Ideologische Standpunkte bringen niemandem etwas. 50 plus 1 ist letztlich ein geduldeter, aber jederzeit angreifbarer Kompromiss. Jeder Verein sollte selbst entscheiden können, wie er dieses Thema handhaben möchte. Man kann auch außerhalb von 50 plus 1 intelligente Investorenregelungen finden", sagte er.

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Vorbild für den DFB? Kahn schwärmt von Spanien

Angetan ist Kahn derweil vom spanischen Fußball. Wenn bei der spanischen Nationalmannschaft der Trainer ausgewechselt wird, ändere sich nicht viel am Spielstil, die DNA bleibe gleich, so der achtfache Deutsche Meister.

Taugt Spanien auch als Vorbild für den DFB? "Ja, durchaus", findet Kahn: "Das ist nicht irgendeine subjektive Einschätzung, die Daten belegen es: In den letzten zehn Jahren spielte Spanien den erfolgreichsten Fußball, wie die Teilnahmen an allen Finalrunden der Champions und Europa League zeigen. Danach kommen die Engländer, dann Deutschland.

Bei der EM sei er in Bezug auf Spanien zu der Erkenntnis gekommen: "So kannst du nur Fußball spielen, wenn du es von Kindesbeinen an genau so lernst. In Spanien sind sich der Verband und die meisten Klubs und Trainer einig, welchen Fußball man möchte. Jede Generation braucht Unterschiedsspieler wie Rodri oder künftig Yamal und Williams, aber das Ganze wirkt so gewachsen, dass viele Akteure austauschbar sind. Fällt Pedri aus, kommt Olmo. Selbst als Rodri im Finale rausmusste, hatte ich nicht das Gefühl eines Qualitätsverlusts."

In Deutschland gebe es dieses Selbstverständnis der eigenen Fußballidee nicht. "Vieles hängt von individuellen Momenten und den Vorstellungen des aktuellen Trainers ab. Und tritt ein 16-Jähriger wie Yamal auf, wird neben der fußballerischen Qualität der Persönlichkeitsentwicklung große Beachtung geschenkt. Es ist stets ein Zusammenspiel aus Verband, Klubs und Trainern. Nationalcoach de la Fuente war Trainer der U 19 und U 21 und mit denen schon Europameister. Da entstand eine große Kontinuität, die bei uns so konsequent nicht praktiziert wird", sagte Kahn.

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