BVB - Erkenntnisse zu Borussia Dortmund nach dem 3:3 gegen Eintracht Frankfurt: Endlich Mentalität

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Nicht nur beim 3:3 gegen Eintracht Frankfurt zeigte die Mannschaft von Borussia Dortmund die Mentalität, die ihr über Jahre abgesprochen wurde. Dennoch benötigt sie Verstärkung auf der Außenverteidigerposition. Ein Mittelfeldspieler nutzte seine Chance nicht. Die Erkenntnisse zum Auswärtspunkt des BVB am Main.

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BVB: Borussia Dortmunds Mannschaft zeigt endlich Mentalität

Vier Jahre und einen Monat ist es her, als Marco Reus in Frankfurt der Kragen platzte. Der BVB hatte kurz vor Schluss eine 2:1-Führung bei der Eintracht aus der Hand gegeben und zwei Punkte verloren. "Das geht mir so auf die Eier mit euch, mit eurer Mentalitätsscheiße. Ganz ehrlich!", wütete der Dortmunder damals am Sky-Mikro. "Kommt mir jetzt nicht mit eurer Mentalitätsscheiße. Jede Woche immer dieselbe Kacke!"

Das mit Bezug auf Borussia Dortmund viel zitierte M-Wort begleitete den Verein über Jahre und das nicht zu Unrecht, auch wenn eine genaue Definition dieses Begriffs oft subjektiv ist. Sehr häufig fehlte es dem BVB an Überzeugung, Ausstrahlung und Killerinstinkt, besonders in der Fremde.

Auch deshalb versuchen die Verantwortlichen des Klubs seit mehreren Transferperioden, dem Kader mehr Widerstandsfähigkeit, Gier, Kampfkraft und somit das, was man im Kontext des Fußballs gemeinhin unter Mentalität versteht, zuzufügen. Nach rund einem Drittel der bisherigen Saison lässt sich festhalten, dass dies bislang gelungen ist.

Der BVB holte beim 3:3 gegen die SGE am Sonntagnachmittag nun schon zum vierten Mal in dieser Bundesliga-Saison noch Punkte nach einem, in diesem Fall zweifachen, Rückstand. Das ist gemeinsam mit dem FC Augsburg Ligahöchstwert.

In der Vergangenheit geschah es (zu) häufig, dass die Borussia nach einer schwachen ersten Halbzeit, wie man sie diesmal in Frankfurt spielte, vom Spielverlauf aus der Bahn geworfen wurde und nicht mehr zurückkam. Das ist jetzt anders: Dortmunds Spieler wehren sich, bleiben psychisch stabil und stemmen sich beinahe unbeirrt gegen die Niederlage.

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BVB-Trainer Edin Terzic: "Die kämpferische Einstellung gefällt"

"Wir mussten zweimal zurückkommen. Das ist nicht so leicht. Die kämpferische Einstellung gefällt uns", sagte Trainer Edin Terzic nach der Partie. Auch Sportdirektor Sebastian Kehl lobte: "Wir haben erneut nicht verloren, sind erneut zurückgekommen."

Zumal der BVB die Mentalität auch ohne Rückstand an den Tag legte - beispielsweise am vergangenen Mittwoch in Newcastle. Dort wendete sich im zweiten Abschnitt das Blatt klar zugunsten der Engländer, doch das Team zeigte trotz des veränderten Spielverlaufs den nötigen Biss und viel Disziplin, so dass man die 1:0-Führung - freilich auch mit Glück - über die Zeit verteidigte.

Zwar hat man durch das Remis am Main zwei Punkte gegenüber Bayer Leverkusen und Bayern München eingebüßt, dennoch war es angesichts der phasenweise überschaubaren Leistung und des Spielverlaufs ein Punktgewinn. Saisonübergreifend ist Dortmund nun seit 17 Partien in der Bundesliga ungeschlagen, eine bessere Serie legte man nur zur Hochzeit der Ära Jürgen Klopp hin (31 Spiele von 2011 bis 2012).

Der bezeichnete sein Team damals als "Mentalitätsmonster". Die aktuelle Truppe befindet sich auf einem guten Weg und wäre seitdem die erste, die sich diesen Titel wieder verdienen könnte.

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BVB braucht Verstärkung auf der Außenverteidigerposition

Dass der Dortmunder Kader derzeit ungeahnte Qualitäten aufweist, heißt nicht, man könnte ihn nicht mehr verbessern. Man muss dies sogar tun - und zwar auf der Außenverteidigerposition.

Dort fehlt es dem BVB schlicht an Klasse. Die auf beiden Seiten einsetzbaren Julian Ryerson und Marius Wolf sowie Linksverteidiger Ramy Bensebaini sind ordentliche Bundesligaspieler, mehr aber nicht. Thomas Meunier feierte am Wochenende bei der zweiten Mannschaft in der 3. Liga zwar sein Comeback nach monatelanger Verletzungspause, stach aber ebenfalls nie heraus und besitzt in Dortmund ohnehin keine Zukunft.

Zwar mangelte es Bensebaini gegen die Eintracht an Unterstützung - dazu unten mehr -, dennoch lieferte der Algerier eine extrem schwache Vorstellung ab und war an allen drei Gegentreffern entscheidend beteiligt. Wolfs Einstellung ist stets vorbildlich und der 28-Jährige auch sehr bemüht, doch wie Bensebaini ist er weit davon entfernt, in Top-Form oder gar ein Leistungsträger zu sein. Die Dortmunder Außenverteidiger fallen im Vergleich zur Besetzung in den sonstigen Mannschaftsteilen klar ab.

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BVB offenbar an Chelseas Trevoh Chalobah interessiert

Lediglich Ryerson zeigt Konstanz und weist durch seine Polyvalenz ein besonderes Profil auf. Eben genau deshalb, weil es nicht viele und ins Budget des BVB passende Spieler von höherer Qualität gibt, die auf beiden Außenbahnen verteidigen können.

Das macht Dortmunds Suche nach einer Verstärkung auf diesen Positionen naturgemäß schwer. Dass man sich jedoch umschaut, ist immerhin ein gutes Zeichen. So kommt es nicht von ungefähr, dass den Westfalen ein Interesse an Trevoh Chalobah vom FC Chelsea nachgesagt wird. Der 24-Jährige ist zwar vorrangig Innenverteidiger, kann aber auch rechts und im defensiven Mittelfeld auflaufen.

Die Verantwortlichen sollten bereits im Winter-Transferfenster Nägel mit Köpfen machen. Es wird ein Spieler benötigt, der sofort weiterhilft. Die aktuelle Besetzung wird den hohen Ansprüchen, die der BVB hat, auf Dauer nicht genügen.

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BVB: Giovanni Reyna nutzt seine Chance nicht

26, 28 und zwölf Minuten lauteten die Spielanteile von Giovanni Reyna in dieser Saison für den BVB. Gegen Frankfurt bekam der immer noch erst 20-Jährige erstmals seit dem 20. Spieltag der Vorsaison gegen Bremen wieder die Chance von Beginn an. Er nutzte sie nicht, Trainer Terzic holte ihn nach 45 Minuten vom Feld.

Reyna war links am Flügel zwar oft am Ball und mit einer frühen Hereingabe gleich gefährlich, mehr kam offensiv aber nicht von ihm. Der US-Amerikaner häufte acht Ballverluste an, nach Donyell Malen und Karim Adeyemi kam er zudem auf die schwächste Passquote bei der Borussia.

Eklatant schwach war aber vor allem sein Defensivverhalten. Dieses fand im Grunde überhaupt nicht statt. Es lag auch an Reynas unterlassener Hilfe, dass Bensebaini durchgehend überfordert war und die Eintracht regelmäßig über die linke Dortmunder Seite gefährlich wurde. Reynas Auswechslung zur Pause war alternativlos.

Nun muss man jedoch auch berücksichtigen, dass Reyna aus einer langwierigen Verletzung kommt. Eine genaue Diagnose wurde vom BVB zwar nicht kommuniziert, übereinstimmenden Medienberichten zufolge handelte es sich jedoch um einen Wadenbeinbruch. Es ist daher kein Wunder, dass Reyna noch reichlich Zeit benötigt, um wieder zu Rhythmus und Wettkampfhärte zu kommen.

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BVB: Lasches Rückzugsverhalten von Giovanni Reyna

Zumal er ohnehin in der Vergangenheit schwer von Verletzungen unterschiedlicher Art gebeutelt wurde. Im Vorjahr fehlte er in 17 Pflichtspielen, in der Saison zuvor waren es über 30 Absenzen beim BVB und in der Nationalelf. Seit Sommer 2019 verpasste Reyna für Klub und Land insgesamt 79 Pflichtspiele. Das kann jedoch keine Rechtfertigung sein für sein lasches Rückzugsverhalten, er hat schlicht zu wenige Wege mit nach hinten gemacht.

Es wird Terzics Aufgabe sein, Reyna weiter heranzuführen und für ihn eine Rolle zu finden, in der er seine Stärken einbringen kann. Das scheint nicht nur derzeit vor allem die des Jokers zu sein, als solcher schlug er bereits in der Vorsaison einige Male zu. Dazu ist Reyna kein klassischer Außenspieler.

"Gio fühlt sich, ähnlich wie Marco Reus und Julian Brandt, im Zentrum am wohlsten. Das versuchen wir immer wieder zu berücksichtigen", sagte Terzic zuletzt. "Gio ist aber wie Brandt selten auf den Flügeln zu finden, wenn er da spielt. Sie öffnen die Flügel, ziehen immer in die Halbräume. Da ist Gio definitiv am gefährlichsten und kann die meiste Torgefahr ausstrahlen."

In Frankfurt war dies nicht der Fall. Es würde angesichts der schwachen Vorstellung nicht überraschen, wenn Reynas nächster Startelfeinsatz trotz des dicht gedrängten Terminkalenders nun erst einmal eine Weile auf sich warten lässt.

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BVB: Die kommenden Gegner von Borussia Dortmund

DatumWettbewerbGegnerHeim/Auswärts
1.11., 18 UhrDFB-PokalTSG HoffenheimH
4.11., 18.30 UhrBundesligaFC BayernH
7.11., 18.45 UhrChampions LeagueNewcastle UnitedH
11.11., 15.30 UhrBundesligaVfB StuttgartA
25.11., 15.30 UhrBundesligaBorussia MönchengladbachH
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