Ein 5:2 wie das der Schalker gegen Inter Mailand reicht für gewöhnlich, um die nächste Runde in einem europäischen Wettbewerb zu erreichen - so wie diesmal. Doch dass es auch anders kommen kann, mussten schon ganz andere erleben. Der FC Barcelona zum Beispiel oder der AC Milan. SPOX hat zehn der bemerkenswertesten Comebacks der Europacup-Geschichte zusammengestellt. Rein subjektiv. Die Reihenfolge ist chronologisch.
10. Derby County - Real Madrid 4:1, 1:5
Europapokal der Landesmeister, 2. Runde, 1975/76
Derby County steht in England ja für einige ganz tolle Rekorde. Zum Beispiel zeichnen die Rams für die schlechteste Saisonbilanz aller Zeiten verantwortlich (11 Punkte, 2007/2008) oder für die höchste Pleite in einem FA-Cup-Finale (0:6 gegen Bury, 1903). Und irgendwann zwischen 1903 und 2008 erlebte Derby eine Sternstunde mit einem satten Sieg über Real Madrid. Charlie George traf dreimal gegen die Königlichen um und mit Paul Breitner und Günter Netzer. Doch die revanchierten sich im Rückspiel mit sage und schreibe 120.000 Fans im Rücken. Der große Santillana warf die tapferen Engländer mit seinem Treffer zum 5:1 in der neunten Minute der Verlängerung aus dem Wettbewerb.
9. Queens Park Rangers - Partizan Belgrad 6:2, 0:4
UEFA-Cup, 2. Runde, 1984/85
Nach einem 2:6 stehst Du eigentlich nicht mehr auf. Ach, was hatte QPR die Jugoslawen in Highbury an die Wand gespielt! John Gregory, Wayne Fereday, Simon Stainrod, Warren Neill und Gary Bannister (2) hatten die Weichen ganz klar auf 3. Runde gestellt. Doch das Rückspiel war von einem ganz anderen Kaliber. Partizan wusste um die Auswärtsschwäche der Engländer und setzte diese von der ersten Sekunde unter Druck. Und siehe da: Nach 64 Minuten war das Hinspiel Geschichte. Übrigens: QPR-Manager Alan Mullery saß nach der Nacht von Belgrad nicht mehr lange auf seinem Stuhl.
8. FC Metz - FC Barcelona 2:4, 4:1
Europapokal der Pokalsieger, 1. Runde, 1984/85
Nach heutigen Maßstäben ist sowas gar nicht mehr denkbar. Im Camp Nou wird nicht mehr gewonnen und wenn überhaupt, dann nur, wenn Barca es gestattet. Damals jedoch wussten die in Metz gar nicht, dass sie mit einer 2:4-Heimschlappe im Gepäck gar nicht erst nach Katalonien hätten aufbrechen müssen. Die fuhren da einfach hin, fingen sich dann gleich auch noch das 0:1 und kapierten gar nicht, dass ihre Lage aussichtslos war. Am allerwenigsten wollte das Zvonko Kurbos einsehen. Der Deutsch-Slowene hatte das Kicken beim SV Prag Stuttgart und bei den Kickers gelernt und war 1979 mit Guido Buchwald deutscher A-Jugend-Meister geworden. Und als solcher zeigte er den Bernd Schusters und Carrascos, was eine Harke ist und versenkte Barca mit seinem Dreierpack fast im Alleingang.
7. Borussia Mönchengladbach - Real Madrid 5:1, 0:4
UEFA-Cup, Achtelfinale, 1986/87
Das Hinspiel vor 65.000 Zuschauern in Düsseldorf wird immer seinen Platz in der glorreichen Klubgeschichte der Borussia haben. Bei ausgemachtem Sauwetter heizten Frank Mill, Uwe Rahn, Ewald Lienen und Co. den Fans und vor allem den Spaniern mächtig ein. Genervt war vor allem Superstar Hugo Sanchez, der sich wegen Meckerns Gelb und die Sperre fürs Rückspiel einhandelte. Gordillo sah gar Rot und so konnte ja nichts mehr schiefgehen. Vielleicht hätte Gladbach das Sturminferno der Königlichen sogar irgendwie "überlebt", doch dann hätte Mill seine Großchance in der ersten Halbzeit eben auch machen müssen. So aber trafen Valdano und Santillana doppelt und die Borussia war raus.
6. Dynamo Dresden - Bayer 05 Uerdingen 2:0, 3:7
Europapokal der Pokalsieger, Viertelfinale, 1985/86
Ein 0:2 umzubiegen, ist ja noch nicht die ganz große Kunst. Das haben schon viele in der breiten und vor allem langen Geschichte des Europacups geschafft. Aber nach einem 0:2 im Hinspiel zur Halbzeit des Rückspiels mit 1:3 zurückzuliegen und danach noch weiterzukommen, ist auch 25 Jahre danach immer noch unglaublich. Das Wunder von der Grotenburg (nach dem Stadion Grotenburg-Kampfbahn in Krefeld) gilt zurecht als eines der größten Fußballspiele aller Zeiten.
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5. Espanyol Barcelona - Bayer Leverkusen 3:0, 0:3, 2:3 i.E.
UEFA-Cup-Finale, 1987/88
Auf dem Weg ins Finale hatte Leverkusen bei seiner erst zweiten Europacup-Teilnahme überhaupt die Wiener Austria, den FC Toulouse, Feyenoord Rotterdam, einen gewissen FC Barcelona und Werder Bremen ausgeschaltet. Eine große Stärke des Teams von Erich Ribbeck war die gut organisierte Defensive. In sieben von zehn Spielen war Bayer ohne Gegentor davongekommen. Tja und dann setzte es eine richtige Klatsche bei Espanyol. Im Rückspiel im Ulrich-Haberland-Stadion steht's zur Pause gegen ultradefensive Spanier nur 0:0 und die Zeit läuft davon. Doch Ribbeck sorgt mit den Jokern Herbert Waas und Klaus Täuber für frischen Wind - und schließlich fallen auch die Tore. Tita macht das erste, Falko Götz das zweite, und Bum-Kun Cha köpft in der 81. Minute das 3:0. Im Elfmeterschießen versagen dann Ralf Falkenmayer die Nerven und Bayer liegt wieder hinten, doch das Ende ist bekannt...
4. Bayern München - Inter Mailand 0:2, 3:1
UEFA-Cup, 3. Runde, 1988/89
Es dauerte kein halbes Jahr, ehe Lothar Matthäus und Andreas Brehme nach ihrem Wechsel nach Mailand wieder in München spielten. In Bayerns Startelf standen elf Deutsche, in der von Inter neun Italiener plus eben zwei Deutsche. 70.000 Zuschauer sahen im Olympiastadion abgewichste Nerazzurri. Giovanni Trapattoni hatte Jupp Heynckes ausgecoacht. Matthäus führte nach dem Hinspiel Freudentänze auf. Doch Inter hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Zwischen Minute 33 und 41 spielte sich in San Siro Sport-Historisches ab. Roland Wohlfarth, Klaus Augenthaler und Jürgen Wegmann schossen die Bayern 3:0 in Front, selbst der Anschlusstreffer von Aldo Serena Sekunden vor dem Pausenpfiff half Inter nichts mehr. Giuseppe Bergomi schlug Augenthaler noch mit der Faust ins Gesicht - mehr hatte Inter nicht zu bieten. Das oft zitierte "Wunder von Mailand" für den FC Bayern.
3. Dynamo Berlin - Werder Bremen 3:0, 0:5
Europapokal der Landesmeister, 1. Runde, 1988/89
Ost gegen West, DDR-Serienmeister und "Stasi-Klub" gegen das freundliche Werder aus dem beschaulichen Bremen. Mehr Gegensatz ging nicht. Und so waren auch die zwei Spiele. Thomas Doll und Andreas Thom, später erfolgreiche Spieler in der Bundesliga, schossen Dynamo 2:0 in Front, Frank Pastor besorgte den Endstand. Werder machte das Spiel, Dynamo die Tore. Im Rückspiel hatten die Berliner trotz des komfortablen Vorsprungs buchstäblich die Hosen voll. Vor dem Rückspiel zeigte Werder-Coach Rehhagel seiner Mannschaft ein Video vom 6:2 gegen Spartak Moskau ein Jahr zuvor. Angetrieben von Günther Hermann und Norbert Meier drehte Werder auf und schoss Dynamo ab. Das 5:0 erzielte der heutige Coach Thomas Schaaf.
2. Karlsruher SC - FC Valencia 1:3, 7:0
UEFA-Cup, 2. Runde, 1993/94
Das beliebte Spiel David gegen Goliath. Valencia hatte zwar nicht die großen Namen, aber immerhin einen Predrag Mijatovic und außerdem: wer war schon der KSC? Mit einem locker herausgespielten 3:1-Vorsprung reiste Valencia nach Baden und wurde so richtig verdroschen. Der 3.11.93 war die Geburtsstunde von Euro-Eddi Schmitt, der gleich vier Mal traf. Manni Bender bereitete drei Hütten vor, Oli Kahn jubelte Titan-mäßig und Präsident Roland Schmieder rief das Projekt "KSC 2000" aus, Meisterschaft und Champions-League-Sieg inklusive. 1998 stieg der KSC aus der Bundesliga ab. Das 7:0 gegen Valencia bleibt für immer.
1. AC Milan - Deportivo La Coruna 4:1, 0:4
Champions League, Viertelfinale, 2003/04
Geniales Milan, schlampiges Milan, wieder einmal. Nach Walter Pandianis 0:1 schossen Kaka, Andreij Schewtschenko und Andrea Pirlo binnen neun Minuten ein 4:1 heraus. Und weil Real Madrid gegen Monaco ausschied, stand Milan praktisch als CL-Sieger 2004 fest. Doch dann kamen 90 schauderhafte Minuten im unberechenbaren Riazor. Wie gelähmt schauten Paolo Maldini und Co. zu, wie abermals Pandiani, Juan Valeron, Albert Luque und der 100-jährige Fran Super Depor ins Halbfinale schossen. Bis heute der Turnaround der Champions League.
Das Viertelfinale der Champions League im Überblick