Das Hinspiel: Querpass-Toni und der Watschler
Als "letzten Schleicher in der Zeit des Tempofußballs" bezeichnete die Zeit Pirlo vor kurzem und warf die Frage auf, wie lange der "letzte Watschler" denn noch watscheln würde. Lässt man das Hinspiel im Juventus Stadium Revue passieren, drängt sich eine Antwort auf: Vermutlich nicht mehr lange.
Die Italiener hatten in der laufenden Spielzeit nicht gerade Pech, was die Auslosungen in der Königsklasse angeht. Ausgenommen Atletico Madrid in der Gruppenphase (0:1, 0:0) sind die Königlichen das erste wirkliche Schwergewicht, mit dem es die Turiner zu tun bekommen.
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Und trotz des starken Auftritts von Juve war es Pirlo, der nicht nur dem subjektiven Eindruck zufolge gegen Real der größte Unsicherheitsfaktor im italienischen Mittelfeld war. Hektisch bei Reals Gegenpressing und mit teils hanebüchenen Abspielen fiel der Oldie merklich ab - 62,1 Prozent angekommene Anspiele in der Real-Hälfte sind für einen Spieler seiner Klasse indiskutabel.
Doch auch sein Gegenüber Kroos bekam am vergangenen Dienstag wenig Zugriff auf das Spielgeschehen. Zwar fanden immer noch knapp 94 Prozent der Bälle den Mitspieler, doch dürfen sich seine Kritiker, bei denen der 25-Jährige schon zu Bayern-Zeiten als Querpass-Toni verschrien war, die Passmappe aus dem Juventus-Spiel als Beweismittel ausdrucken. Nicht einen vertikalen Ball brachte Kroos in die gefährliche Zone, was man nicht nur an der generellen Rolle als schnelle Umschaltstation und Weiterleiter von Kroos festmachen kann. Trotz der Ballkontrolle waren seine berühmten "Pässe vor dem letzten Pass" ebenfalls Mangelware.
Toni Kroos' angekommene Pässe im Hinspiel gegen Juventus Turin
"Er ist sehr wichtig, vieles von unserem Spiel läuft über ihn", hat Ancelotti über Kroos gesagt. Es war als Kompliment gedacht, doch war das Spiel in Turin die Kehrseite des Lobes. Vor allem ohne den bis Saisonende verletzten Luka Modric lahmt das Real-Spiel merklich, wenn vom Spielgestalter zu wenig Brauchbares in die Spitze kommt. Juventus hängt nicht so extrem an Pirlos Tropf, sondern hat mit Spielern wie Paul Pogba und Arturo Vidal andere Protagonisten, die situativ in die Hauptrolle schlüpfen.
Eine Statistik fällt allerdings merklich aus der Gesamtbetrachtung des alternden Pirlo: 11,895 Kilometer rannte - und watschelte - er gegen Real. Ein Wert, der an diesem Abend nur von Vidal (11,968 Kilometer) getoppt wurde und an den auch Kroos (10,718 Kilometer) nicht herankam.
Das nächste Kuriosum zeigt sich dann beim Blick auf die Heatmap. Pirlo war viel unterwegs, beackerte dabei aber fast ausschließlich den zentralen Raum zwischen eigenem Strafraum und Mittelkreis. Präsenz in der Hälfte des Gegners gab's eher von Gegenüber Kroos, der zwar über einen Kilometer weniger lief, vor allem aber über die Länge des Platzes einen bedeutend größeren Aktionsradius hatte.
Andrea Pirlos' Aktionsradius im Hinspiel gegen Real Madrid
Auf Juventus und auch Pirlo wartet am Mittwoch (20.45 Uhr im LIVE-TICKER) trotz der fabelhaften Ausgangslage eine Herkules-Aufgabe. Zerlegt Kroos die Bianconeri mit seinen präzisen Pässen? Oder hält Juve dem Druck stand? Für Pirlo eigentlich kein Problem, so schreibt er doch in seiner Biographie: "Ich spüre keinen Druck, er kümmert mich nicht. Den Nachmittag des 9. Juli 2006 verbrachte ich in Berlin schlafend und an der Playstation. Am Abend ging ich raus und gewann den WM-Pokal."