FC Bayern in der Taktikanalyse vor dem CL-Halbfinbale gegen Lyon: Das Geheimnis der Leichtigkeit

Von Stefan Rommel
Der FC Bayern hat den FC Barcelona mit 8:2 geschlagen.
© imago images/Peter Schatz

Die Bayern pflügen nur so durch die Champions League und spielen die Gegner reihenweise und fast nach Belieben auseinander. Aber wie ist das möglich? Warum sind die Bayern derzeit so überragend stark - und wo liegt der große Fehler im System?

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Achtzuzwei. In einem Viertelfinale der Champions League. Gegen den FC Barcelona. Sollte der FC Bayern nicht vor dem Endturnier schon der große Favorit auf den Titel in der Königsklasse gewesen sein - spätestens nach dieser unglaublichen Demonstration der Stärke ist er es. Wie ein Wirbelsturm fegte die Mannschaft über seinen Gegner hinweg und lieferte gegen ein altmodisches, langsames Barca das Rollenmodell dafür, wie moderner Fußball im Jahr 2020 funktioniert.

Aber wie kann so etwas eigentlich sein? Ein Sieg mit sechs Toren Unterschied gegen einen ehemals auf Augenhöhe oder sogar darüber hinaus agierenden Gegner? 15 zu drei Tore in den bisherigen K.o.-Spielen gegen Barca und den FC Chelsea? Neun Siege in allen neun Spielen der Champions League? Von einer Mannschaft, die im Herbst kaum in der Lage war, den VfL Bochum zu beherrschen oder einen Vorsprung gegen Paderborn über die Zeit zu retten? Eine Einschätzung.

Der Trainer

Mit Hansi Flick kam die Wende. Das ist keine wirklich neue Erkenntnis, aber Flick ist der Schlüssel zu allem. Dabei macht der an sich gar nicht so viel anders als andere Trainer. Allerdings liegt in den kleinen Details eben eine große Wirkung. Flick ist in diesen Dingen seinem Vor-Vorgänger Jupp Heynckes ziemlich ähnlich.

Auch der packte die Mannschaft auf einer sehr menschlichen Ebene, fand die richtige Mischung zwischen Kontrolle und Laissez-faire und wusste, bei welchem Spieler er wann welche Knöpfe zu drücken hatte. Diese sehr empathische Gabe war Heynckes' großes Plus und ähnlich stellt sich das derzeit auch bei Hansi Flick dar.

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Die Mannschaft

Zwischen Thomas Müller und Ex-Trainer Niko Kovac entwickelte sich im Laufe der Zeit eine stille und manchmal sogar öffentlich ausgetragene Fehde. Kovac übersah dabei, wie wichtig Müller nicht nur als Spieler für die Mannschaft ist, also auf dem Platz - sondern dass er auch der Kit ist im zwischenmenschlichen Bereich. Der heimliche Anführer der Mannschaft nach dem Weggang der Granden Franck Ribery und Arjen Robben. Flick setzte sofort auf Müller und der machte das, was er am besten kann: Lieferte selbst seine Leistung und - noch viel wichtiger - machte die Mitspieler auf einen Schlag gefühlt eine Klasse besser.

Bayern hat im Moment keine Schwachstelle im Kader

Seitdem funktioniert die Ansammlung großer Namen wieder als Kollektiv. Auch ehemalige Solisten wie Robert Lewandowski erfinden sich im Spätherbst ihrer Karriere noch einmal neu, stellen den Teamgeist über alles und reißen den Rest mit. Jerome Boateng ist aus der Versenkung zurück, David Alaba würde wohl am liebsten nur noch Innenverteidiger spielen. Alphonso Davies ist die Entdeckung der Saison, Ivan Perisic ein gerne übersehener, aber umso wichtigerer Rollenspieler, der nun womöglich sogar dauerhaft bleiben darf.

Es gibt im Moment keine (individuelle) Schwachstelle in einem gut austarierten Kader. Die Ergänzungsspieler fügen sich nahtlos ein, sobald sie gefordert sind und halten die Qualität hoch. In der Spitze und Breite und weil kaum ein Spieler verletzt ist, gibt es derzeit keine bessere Mannschaft in Europa. Dazu kommt eine beeindruckende Fitness. Und: Die Bayern können kaum noch laufen vor Selbstvertrauen, auch das dürfte für die Spiele auf diesem Niveau noch sehr entscheidend werden.

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