Ein Schnäppchen für 60 Millionen Euro: Straft João Neves, das Supertalent ohne Schwächen von PSG, den FC Bayern doppelt ab?

Von Fabian Breuer
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Der erst 20-Jährige Portugiese könnte bei PSG den Schritt zum Superstar machen. João Neves soll auch bei den Bayern auf dem Zettel gestanden haben, aus gutem Grund.

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Vor dem achten Duell in der Champions League zwischen dem FC Bayern und Paris St. Germain (21 Uhr/Prime Video) seit 2017 erinnert bei den Gästen nichts mehr an die letzten Vergleiche. Die Weltstars sind weg in Paris, Talente wie João Neves stehen im Blickpunkt. Der 20-Jährige hat einen grandiosen Start hingelegt in Paris und könnte den Münchnern am Dienstag gleich doppelt wehtun. Immerhin waren die Münchner im Frühjahr auch an ihm interessiert, ehe sie sich dann doch mit einem Jahr Anlauf endgültig für Neves Landsmann und Namensvetter João Palhinha entschieden.

João Neves ist bester Vorlagengeber der Liga und ein Zweikampf-Monster

Der Dauer-Meister der Ligue 1 setzt in dieser Saison auf "Jugend forscht", vorbei sind die Zeiten, in denen etablierte Stars wie Neymar, Lionel Messi und Co. munter zu einer Mannschaft zusammengewürfelt wurden - und er große Erfolg in der Champions League dennoch ausblieb. Nun versucht man es mit etwas mehr Plan. Dass Präsident Nasser Al Khelaifi und die Eigner aus Katar allerdings weiterhin gewisse Ansprüche hegen, zeigt sich an den Ablösesummen, die der französische Hauptstadt-Klub hinblättert. Juwel Neves wurde im Sommer für 60 Millionen Euro von Benfica Lissabon verpflichtet.

Während Akteure wie Randal Kolo Muani (aktuell nur Ersatzspieler) oder Désiré Doué (noch torloser Stürmer), für die PSG ebenfalls viel Geld ausgab, eher floppen, ist der Portugiese ein absoluter Volltreffer, zumal Benfica nicht einmal auf die in der Aufstiegsklausel eigentlich festgeschriebene Summe von 120 Millionen Euro bestand. Angesichts von Neves' bisherigen Leistungen wären auch diese 120 Millionen Euro gerechtfertigt gewesen. 60 Millionen Euro wirken schon beinahe wie ein Schnäppchen.

Der 20-Jährige zeigt nach seinem Wechsel in die Ligue 1 keinerlei Anpassungsschwierigkeiten. Ganz im Gegenteil: Mit acht Scorerpunkten (zwei Tore, sechs Vorlagen) ist er nach 13 Spielen sogar der zentrale Mittelfeldspieler mit den meisten Torbeteiligungen der Ligue 1. Eine bemerkenswerte Entwicklung, denn wenn es bei Neves vor dieser Saison etwas zu kritisieren gab, dann die recht dünnen Zahlen bei den Torbeteiligungen. In der Liga Portugal hatte er letzte Saison nur drei Tore und zwei Vorlagen sammeln können.

Bei PSG glänzt er allerdings nicht nur mit den Vorlagen (Liga-Höchstwert). Bei erfolgreichen Zweikämpfen und im Pressing-Verhalten ist er laut den StatsBomb-Zahlen von FBREF besser als 98 Prozent aller zentralen Mittelfeldspieler der Top-5-Ligen in Europa. Übertroffen wird er hier von einem Spieler des FC Bayern München - von Palhinha eben, der das Duell der beiden Zweikampfmonster jedoch verletzt verpassen wird. Doch während Palhinha als Prototyp einer Holding Six in erster Linie ein großartiger Zweikämpfer ist, ist Neves so viel mehr.

Zuletzt klappte es beim Super-Talent auch mit eigenen Toren. Am Freitagabend führte Neves seinen Klub gegen den FC Toulouse in einem langen offenen und umkämpften Spiel zum 3:0-Erfolg. Sein Führungstreffer ware eines der Kategorie Traumtor. Nach einer Hereingabe von Achraf Hakimi lauerte der Mittelfeldmann an der Strafraumkante und versenkte den Ball per Volleyabnahme im linken unteren Eck. "Vor allem die Art und Weise, wie wir heute Abend gewonnen haben, gibt uns noch mehr Selbstvertrauen für die nächsten Spiele", sagte Neves später. Der 1,74-Meter-Mann geht auch in der Mixed Zone voran.

Auf dem Platz jedenfalls gibt er den Takt im Mittelfeld vor. Ob auf der Sechser - oder Achterposition, als starker Zweikämpfer, seht guter Scorer oder überragender Passgeber (durchschnittliche Passquote von 91 Prozent in der bisher 13 Ligaspielen).

Auch defensiv hat der 20-Jährige extrem viel Einfluss, knapp sechsmal pro Spiel erobert er laut FBREF den Ball, er wird weniger als einmal pro Partie überspielt und besticht trotz einer geringen Körpergröße für einen Sechser mit seiner enormen Zweikampfstärke. So glänzt der 20-Jährige derzeit sowohl offensiv als auch defensiv.

"Ich denke, diese Vielseitigkeit ist gut für meine Entwicklung. Dass ich bei PSG auf mehreren Positionen spielen kann, war einer der Gründe, hierher zu kommen." Und nicht zum FC Bayern, doch dazu gleich mehr.

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Haben die Bayern die falsche Holding Six geholt?

Zurück zu PSG: Der starke Start bei PSG ist der vorläufige Höhepunkt für den portugiesischen Nationalspieler, der bereits einen rasanten Aufstieg hinter sich hat. Erst im Dezember 2022 debütierte er in der Liga seines Heimatlandes, unter dem deutschen Ex-Trainer Roger Schmidt avancierte er auf Anhieb zum Stammspieler. Nach 17 Spielen in der Debütsaison folgten 33 von 34 möglichen Einsätzen in der ersten vollständigen Spielzeit 2023/24, außerdem bestritt er alle sechs Champions League-Spiele in der Gruppenphase über die volle Distanz, im Sommer 2024 nahm er mit Portugal an der Europameisterschaft teil.

"Er ist ein Spieler, der optimal als defensiver Mittelfeldspieler agiert, mit taktischen Fähigkeiten, die über die Spiele hinausgehen, die er in seinem Alter gespielt hat. Ich glaube, dass er in den nächsten 10 Jahren im europäischen Fußball eine wichtige Rolle spielen wird, ohne Zweifel", outete sich auch Portugals Nationaltrainer Roberto Martinez als Fan des Talents, dem er bei der EM in Deutschland zwei Einsätze gab.

Bis zum Sommer sollen auch die Bayern bei ihrer berühmten Suche nach der Holding Six mit einer Verpflichtung von Neves geliebäugelt haben, am Ende entschieden sich die Münchner jedoch für Palhinha.

Während der erfahrene FCB-Neuzugang klare defensive Stärken besitzt, könnte man Neves als in der Tiefe agierenden, zweikampfstarken und robusten Sechser mit sehr guter Technik und Schusstechnik bezeichnen, der mittlerweile eben auch Torgefahr ausstrahlt. Neves hat, und das ist mit Blick auf sein Alter nur noch beängstigender, schlicht keine Schwächen.

Während die Münchner 50 Millionen für "Holding Six" Palhinha zahlten, schnappte sich PSG für nur etwa zehn Millionen Euro mehr möglicherweise einen der komplettesten Mittelfeldspieler der nächsten zehn Jahre.

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João Neves erinnert an Marco Verratti

João Neves darf auf der Bühne in der Allianz-Arena zeigen, was in ihm steckt. Bislang fallen seine Leistungen in der Königsklasse noch etwas ab, in vier Spielen ist er noch ohne Torbeteiligung.

Vielleicht läuft es auch deswegen auf internationaler Bühne noch sehr schleppend für PSG, aktuell steht man mit einem Sieg, einem Unentschieden und zwei Niederlagen nur auf Platz 25 der CL-Tabelle und damit auch außerhalb der Playoff-Plätze.

Ob der Außenseiter die Bayern also ärgern kann, könnte unter anderem die Leistung von Neves entscheiden. Bei einem der beiden PSG-Erfolge gegen Bayern (bei den letzten sieben Vergleichen seit 2017 siegten die Münchner fünfmal) zog Marco Verratti im Mittelfeld die Fäden, noch so ein Spieler, auf den die Münchner immer wieder geschielt hatten. Neves gilt bei vielen PSG-Anhängern als Thronfolger des 2022 abgewanderten Italieners.

Und auch der Spieler selbst hält den Vergleich mit dem Meister der kurzen und langen Pässe nicht für abwegig. "Mein Spiel ist seinem sehr ähnlich, ich habe seinen Stil sehr gemocht", gibt der Youngster zu, sagt aber auch: "Aber ich bin nicht hier, um wie Verratti zu sein, ich möchte dem Team das Beste von meinem Spiel geben."

Zumal Neves schon jetzt noch kompletter wirkt als Verratti.