Der FC Liverpool hat seine 14-jährige Titel-Durststrecke beendet und zum sechsten Mal die Champions League gewonnen. Die Mannschaft von Jürgen Klopp setzte sich in einem über weite Strecken weniger spektakulären Endspiel mit 2:0 (1:0) gegen Tottenham Hotspur durch.
"Ich habe keine Worte, ich bin sprachlos", sagte ein mit den Tränen kämpfender Jürgen Klopp nach Abpfiff. "Ich war in sieben Finals, habe alle verloren." Er widmete den Triumph seiner Familie, die stets mit ihm gelitten habe, lobte aber auch sein Team: "Die Mannschaft ist sehr erwachsen geworden. Diesmal fahren wir mit der Goldmedaille in den Urlaub. Ich bin überglücklich."
"Es ist schwer, das in Worte zu fassen. In der Saison, die wir hatten, haben wir es mehr verdient als jedes andere Team", ergänzte Trent Alexander-Arnold.
Spurs-Trainer Mauricio Pochettino war verständlicherweise extrem enttäuscht - "aber ich bin so stolz auf meine Spieler." Er sah im frühen Handelfmeter für Liverpool die spielentscheidende Szene: "Nach 20 Sekunden eine solche Strafe zu verhängen, hat einen massiven Einfluss."
Tottenham Hotspur - FC Liverpool: Die Analyse
Pochettino setzte von Beginn auf die wieder genesenen Winks und Kane, die beide jeweils 53 Tage lang verletzt außer Gefecht gewesen waren. Wanyama und auch Lucas Moura, der im Halbfinal-Rückspiel gegen Ajax Amsterdam immerhin dreifach getroffen hatte, saßen dafür auf der Bank.
Auf der Gegenseite bot Klopp die erwartete Startelf auf - mit Matip in der Innenverteidigung, Fabinho, Henderson und Wijnaldum im Dreier-Mittelfeld und Firmino anstelle von Barcelona-Schreck Origi an vorderster Front. Routinier Milner, der in der englischen Presse auch als Startelf-Kandidat gehandelt worden war, musste sich bis zu seiner Einwechslung für Wijnaldum in der 62. Minute mit der Rolle des Reservisten begnügen.
Die 67.700 Zuschauer im Estadio Metropolitano erlebten eine wilde Anfangsphase. Durch den frühen Handelfmeter gegen Tottenhams Sissoko, den Liverpools Toptorjäger Salah trocken in die Mitte hämmerte (2.), erübrigte sich Pochettinos taktischer Plan, hinten erst einmal gut zu stehen und vorne Nadelstiche zu setzen. Die Spurs stürmten nach der kalten Dusche zwar nicht blindlings nach vorne, Liverpool überließ ihnen aber das Spiel und lauerte auf Anweisung von Klopp auf Fehler anstatt auf Teufel komm raus zu pressen.
Mit dem vielen Ballbesitz wusste Pochettinos Elf wenig Produktives anzufangen. Die spielstarken Winks und Alli kombinierten sich teilweise ansehnlich durch die Mitte, der letzte, zwingende Abschluss fehlte aber oder ging weit über Alissons Gehäuse. Allen voran Rückkehrer Kane hing ob der defensiv gut sortierten Reds in der Luft, während Son für seine Verhältnisse übermäßig viele falsche Entscheidungen im Passspiel traf.
Liverpool hingegen attackierte zielstrebiger, wodurch sich noch vor der Pause gute Chancen wie beispielsweise der Schuss von Robertson (38.) ergaben. Die 1:0-Pausenführung der Klopp-Elf ging demnach in Ordnung.
Nach dem Seitenwechsel bot sich das gleiche Bild: Tottenham hatte viele Spielanteile, zwang Alisson aber nicht einmal zu einer Glanztat. Und Liverpool? Konterte nach Klopp'scher Manier überfallartig, aber wenig ertragreich - bis kurz vor Schluss, als Joker Origi den Deckel drauf machte.
Die Daten des Spiels Tottenham Hotspur - FC Liverpool
Tore: 0:1 Salah (2.), 0:2 Origi (87.)
- Kein Liverpool-Spieler aus der Final-Startelf stand bei Klopps erstem Pflichtspiel als LFC-Trainer in der Anfangsformation (0:0 bei den Spurs am 17. Oktober 2015).
- Salahs Treffer zum 1:0 war der zweitfrüheste in einem CL-Finale, nur Paolo Maldini traf 2005 für Milan gegen Liverpool früher (1. Minute).
- Die Spurs schafften es in keinem ihrer CL-Spiele in dieser Saison, mit einer Führung in die Halbzeit zu gehen (sechs Mal remis, sieben Mal in Rückstand).
Der Star des Spiels: Mohamed Salah (FC Liverpool)
Avancierte mit seinem frühen Tor zum Matchwinner. Präsentierte sich auch abgesehen davon sehr aktiv - gab insgesamt sechs Torschüsse ab (Bestwert), arbeitete gut nach hinten und setzte auch nach verlorenen Zweikämpfen stark nach. Ebenfalls stark bei Klopps Team: Matip, der fast alles abräumte und beim 2:0 durch Origi sogar noch einen Scorerpunkt sammelte.
Der Flop des Spiels: Dele Alli (Tottenham Hotspur)
Nahm in der ersten Hälfte kaum am Spiel der Spurs teil und dribbelte sich in der zweiten ständig fest. Leistete sich insgesamt 13 Ballverluste und versiebte eine große Chance in der 73. Minute, indem er Alisson gefühlvoll per Heber bezwingen wollte anstatt zielstrebig abzuschließen. Bei Liverpool enttäuschend: Firmino.
Der Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien)
Gab in der ersten Minute Elfmeter für die Reds, nachdem Mane aus zwei Metern Sissokos etwas zu weit ausgestreckten rechten Arm angeschossen hatte. Eine harte, im Grunde aber regelkonforme Entscheidung - auch wenn sie dem Spiel eine große Portion Spannung nahm. Insgesamt zeigte der 42 Jahre alte Slowene eine souveräne, unaufgeregte Leistung.