"Heiß darauf, für Deutschland aufzulaufen"

Von Interview: Florian Regelmann
Christoph Metzelder (r.) bestritt bislang 47 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft
© Getty

Exklusiv Christoph Metzelder ist eine Persönlichkeit mit vielen verschiedenen Seiten: zum einen der Fußballstar von Real Madrid, zum anderen der Förderer seines Heimatklubs TuS Haltern. Im SPOX-Interview spricht der 28-Jährige über seine Zukunft in der Nationalmannschaft und seinen Aufwind bei Real und erklärt sein soziales Engagement.

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Christoph Metzelder ist kein gewöhnlicher Fußballprofi. Sicher hätte er über Weihnachten den Urlaub auch auf einer Südseeinsel genießen können, doch der 28-Jährige verbrachte seine freie Zeit lieber daheim in Haltern am See. Am Tor zum Münsterland.

Und genau dort stellte Metzelder jüngst sein Projekt "Steine und Trainer" vor, mit dem er seinem angeschlagenen Heimatverein TuS Haltern wieder auf die Beine helfen will.

"Ich sehe dieses Projekt ganz klar als sozialen Auftrag. Ich gebe aber auch zu, dass natürlich auch persönlicher Ehrgeiz dahinter steckt. Ich will zeigen, dass es auf diesem Weg möglich ist, einen kleinen Verein zu fördern", so Metzelder im Gespräch mit SPOX.

SPOX: Herr Metzelder, wie geht es Ihnen nach der Nasen-Operation? Der Masken-Mann ist zurück...

Christoph Metzelder (lacht): Das stimmt. Ich habe ja aus der BVB-Zeit eine gewisse Erfahrung darin, mit einer Maske zu spielen. Deshalb denke ich, dass ich mich relativ schnell wieder daran gewöhne. Ich habe die Operation auch gut überstanden. Es war nur ein kleinerer Eingriff.

SPOX: Die Verletzung kann Ihre Stimmung auch sicherlich nicht trüben. Sie sind im Aufwind bei Real.

Metzelder: Der Trainerwechsel war natürlich sehr gut für mich. Das muss man ganz klar so sagen. Ich habe viel mehr Spielanteile bekommen und konnte in den letzten Spielen dieses Vertrauen mit guten Leistungen rechtfertigen. Von mir aus kann es gerne so weiter gehen.

SPOX: War die Entlassung von Bernd Schuster eine Erlösung?

Metzelder: Ein Trainerwechsel ist immer ein Neuanfang. Jeder Coach sieht Spieler anders und hat vielleicht andere Anforderungsprofile. Ich möchte aber gar nicht mehr über die Vergangenheit reden. Das Kapitel ist beendet. Die letzten Wochen waren sehr positiv für mich. Nur das zählt.

SPOX: Mit Juande Ramos kam nicht nur ein neuer Trainer, sondern auch eine neue defensive Philosophie. Kommt diese Ihnen jetzt zu Gute?

Metzelder: Ramos legt viel Wert auf Ordnung und Disziplin. Er will, dass die ganze Mannschaft als Einheit verteidigt. Das ist natürlich für einen Abwehrspieler immer besser. Dass wir im Clasico gegen Barcelona so defensiv eingestellt waren, lag zum großen Teil aber auch daran, dass wir aufgrund der Verletzungsprobleme gar nicht anders konnten.

SPOX: Dauerhaft kann es sich Real ja auch nicht leisten, so defensiv zu spielen. Das ist doch gegen das Real-Gesetz.

Metzelder: Wir sind auch eigentlich keine Mannschaft, die plötzlich defensiv spielt. Das stimmt nicht. Wenn man gegen ein Team wie Barcelona spielt, das vorher alle Gegner dominiert hat und wenn man zudem - wie gesagt - viele Verletzte hat, dann geht es eben nicht anders. Natürlich zeigen wir normalerweise weiter Offensiv-Fußball. Das ist die Real-Maxime und deshalb weiß auch jeder Abwehrspieler, der nach Madrid wechselt, dass viel Arbeit auf ihn zukommt. Sonst hätte er in die Serie A wechseln müssen (schmunzelt).

SPOX: Neben der Darbietung von schönem Fußball muss man bei Real erfolgreich sein und vor allem Barca schlagen. Sieht schlecht aus in dieser Saison, oder?

Metzelder: Warten wir es mal ab. In der letzten Saison hatten wir zwölf Punkte Vorsprung und dann war der im März plötzlich auf zwei Punkte geschrumpft. Es ist nicht unmöglich, so einen Rückstand aufzuholen. Wobei man neidlos anerkennen muss, dass Barcelona momentan in einer super Form ist.

SPOX: Dann muss man eben die Champions League gewinnen.

Metzelder: Wenn das so einfach wäre. Klar ist das unser großes Ziel, aber ab den K.o.-Runden wird es da sehr happig. Mit Liverpool, das in den letzten Jahren eine Wahnsinns-Bilanz in der Champions League vorweisen kann, haben wir eine ganz schwierige Aufgabe vor uns. 

SPOX: Stichwort schwierige Aufgabe: Wie schwierig war es für Sie in der Zeit, in der Sie nicht zum Einsatz gekommen sind, positiv zu bleiben?

Metzelder: Es war sicher manchmal nicht leicht und keine schöne Zeit, aber ich habe nie an mir gezweifelt. Ein Wechsel zu Real Madrid kann grundsätzlich kein Fehler sein. Es war eine sportliche Herausforderung, die ich annehmen wollte, weil es meinem Naturell entspricht. Ich war immer davon überzeugt, meine Chance zu bekommen. Jetzt ist sie gekommen und ich habe sie genutzt.

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SPOX: Aufgrund Ihrer Situation in Madrid haben Sie zuletzt bei der Nationalmannschaft gefehlt. Wo sehen Sie sich im Ranking der deutschen Innenverteidiger?

Metzelder: Ich glaube, dass es nie Zweifel an meiner grundsätzlichen Qualität gab. Oder an meinem Wert für die Mannschaft. Das habe ich gerade bei Turnieren genügend bewiesen und das weiß Joachim Löw. Ich musste durch eine Phase durch, in der ich überhaupt keinen Rhythmus im Verein hatte, so dass es aus meiner Sicht auch keinen Sinn ergab, zu Länderspielen zu reisen. Da war es besser für mich, zu trainieren. Jetzt hat sich die Situation bei mir verändert. Ich gehe davon aus, dass ich wieder dabei bin.

SPOX: Keine Sorge, dass Ihr Platz dauerhaft gefährdet ist?

Metzelder: Nein, überhaupt nicht. Ich hatte immer guten Kontakt zu Joachim Löw. Es war alles mit ihm abgesprochen.

SPOX: An einem Stammspieler von Real Madrid kann man als Bundestrainer ja auch eigentlich nicht vorbei.

Metzelder: Ich muss und werde keine Werbung für meine Person machen. Jeder weiß, welche Qualitäten ich habe und dass ich weiter heiß darauf bin, für Deutschland aufzulaufen. Für das eigene Land zu spielen ist nach wie vor das Größte für mich.

SPOX: In der ganzen Diskussion um Joachim Löw und Michael Ballack hat man nie etwas von Ihnen gehört. Sind Sie kein Meinungsführer im DFB-Team?

Metzelder: Ich bin niemand, der es über die Öffentlichkeit macht. Ich respektiere die Institution Nationalmannschaft und unseren Trainerstab. Wenn ich etwas zu sagen habe, spreche ich das intern an.

SPOX: In Deutschland wird aktuell wieder viel über modernen Fußball gesprochen. Wie ist das in Spanien?

Metzelder: In Spanien ist das ein bisschen anders. Das liegt auch daran, dass bei uns bei Real viel über die individuelle Klasse der Spieler geht. Da hat das Spielsystem eine weniger entscheidende Bedeutung. Das ist ein großer Unterschied zu einer modernen deutschen Mannschaft, wie sie Hoffenheim aktuell verkörpert.

SPOX: Was muss ein moderner Abwehrspieler denn Ihrer Meinung nach können?

Metzelder: Am Ende des Tages muss er seine Zweikämpfe gewinnen. Daran wird sich nichts ändern. Um sich behaupten zu können, muss er taktisch gut ausgebildet und schnell sein. Natürlich hat er irgendwo auch noch eine Verpflichtung für das Aufbauspiel, aber die Diskussion nach der EM, dass wir offensiv stärkere Verteidiger bräuchten, habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden. In erster Linie müssen Tore verhindert werden. Das zeichnet ja auch zum Beispiel einen Mann wie Fabio Cannavaro aus. Den sieht man selten oder gar nicht in der gegnerischen Hälfte.

SPOX: Gibt es frappierende Unterschiede in der Taktikschulung, die Ihnen seit Ihrem Wechsel von Deutschland nach Spanien aufgefallen sind?

Metzelder: Was man grundsätzlich feststellen kann, ist, dass alle Mannschaften taktisch gut ausgebildet sind. Das gilt auch für die kleinen Teams aus unteren Ligen. In puncto Spielsystem ist es für spanische Klubs typisch geworden, nur mit einer klaren Spitze zu spielen. Dafür dann mit Außenstürmern oder einer hängenden Spitze. Das ist weit verbreitet.

SPOX: Letzte Frage: Im wunderschönen Madrid leben, den spanischen Lebensstil genießen, jetzt sogar wieder sportlich zufrieden sein können - was kann man da an Deutschland vermissen?

Metzelder: Nicht viel, das stimmt. Ich fühle mich wirklich sehr wohl. Zu einem Teil bin ich Europäer und kann aus solch einer Zeit im Ausland viel für mich mitnehmen. Zum anderen Teil bin und bleibe ich aber auch Deutscher. Das ist meine Heimat.

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