Die Arena besitzt nicht gerade den Charme des Old Trafford und die Atmosphäre an diesem sonnigen Samstag war sicherlich nicht zu vergleichen mit der Euphorie, die herrscht, wenn die Heimmannschaft im Rotterdamer De Kuip ein Tor erzielt.
Für Luc Castaignos war der Nachmittag in Meuselwitz dennoch ein ganz besonderer: Mit seinem Treffer zum wichtigen 1:1 gegen die Auswahl der Türkei hatte der lange Schlaks großen Anteil am ersten Sieg der Niederlande bei der Endrunde der U-17-EM.
Stuivenberg: "Luc kann noch viel mehr"
Castaignos' Coach bei der Nationalmannschaft, Albert Stuivenberg, hält große Stücke auf seinen Stürmer und glaubt, dass er sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat: "Luc kann noch viel mehr, als er bisher gezeigt hat", sagt der 38-Jährige im Gespräch mit SPOX.
Castaignos selbst will seinem Trainer nicht widersprechen: "Als Angreifer ist es immer mein oberstes Ziel, einen Treffer zu erzielen. Deshalb war ich nach dem ersten Spiel gegen England etwas enttäuscht.
Die Enttäuschung hatte nicht lange Bestand, denn mit seinem Tor gegen die Türken katapultierte er sich selbst in einen höchst illustren Kreis von Torjägern aus seinem Heimatland.
Auf den Spuren von Vennegoor of Hesselink
Elf Matches absolvierte der Niederländer mit französischen Vorfahren bislang für die kleine Elftal, an deren Endrunden-Qualifikation er mit drei Toren maßgeblich beteiligt war. Mit dem Ausgleich gegen die Türkei schraubte er sein Konto auf neun Treffer - eine Quote, die nur drei andere U-17-Spieler der Oranje übertreffen können.
Jan Vennegoor of Hesselink (Celtic Glasgow), Geoffrey Castillion (Ajax Amsterdam) und Collins John (NEC Nijmegen), brachten es auf zehn Treffer. Aber noch hat Castaignos Zeit.
Profivertrag bei Feyenoord
So richtig ins Rollen gekommen ist die Karriere des Lockenkopfs am 30. Oktober 2008: Nachdem er das Fußballspielen beim Provinzklub Spartaan '20 begann und danach zur Jugend von Excelsior '20 wechselte, unterschrieb Castaignos an diesem Herbsttag seinen ersten Profivertrag - und das bei seinem Lieblingsklub Feyenoord Rotterdam.
Die Feyenoord-Jugendakademie genießt in den Niederlanden einen äußert guten Ruf. Kein Wunder, dass die Rotterdamer das größte Kontingent für die EM in Deutschland stellen. Neben Castaignos stehen mit Nigel Velder, Shabir Isoufi, Osama Rashid, Mats van Huijgevoort, Ryan Bouwmeester und Stefan de Vrij sechs weitere Feyenoordspieler im Kader.
Feyenoord-Connection bei den Oranjes
Damit übertreffen die Teenager aus Rotterdam sogar ihre Teamkollegen aus Amsterdam, die nur vier Spieler stellen, bis auf Keeper Warner Hahn allesamt Defensivspieler.
"Im Prinzip ist es egal, aus welchem Verein wir kommen. Aber natürlich ist es ein großer Vorteil, weil wir uns gut verstehen und die Laufwege des anderen genau kennen" sagt Castaignos.Castaignos' größte Stärke: die Schnelligkeit
In der Sturmreihe setzt Stuivenberg, der selbst aus der Feyenoord-Jugend stammt und 13 Jahre für den Verein arbeitete, auf die Rotterdam-Connection. Allen voran: Castaignos. "Luc ist sehr durchsetzungsfähig und er hat ein gutes Kopfballspiel. Aber seine größte Stärke ist seine enorme Schnelligkeit", schwärmt der Trainer.
"Wenn der Ball in die Tiefe gespielt wird, ist er kaum zu bremsen, dann explodiert er. Luc ist ein echter Torjäger. An seinem linken Fuß muss er allerdings noch arbeiten."
So explosiv und spritzig der 17-Jährige im Spiel auftritt, so gelassen ist er außerhalb des Rasens: "Luc ist ein wirklich ruhiger Zeitgenosse", beschreibt ihn Stuivenberg. "Ein ganz normaler Jugendlicher eben, der seine Freizeit gerne zusammen mit seinen Freunden verbringt."
Stuivenberg: "Er hat was mit Henry gemeinsam"
Ganz normal? Mitnichten. Denn in einigen niederländischen Internetforen wird der Vollblutstürmer bereits als der Nachfolger von Thierry Henry gefeiert. Ganz soweit würde Stuivenberg nicht gehen, dazu sei es noch ein viel zu langer Weg.
Allerdings kann auch der 38-Jährige eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Stürmer vom FC Barcelona nicht verleugnen: "Seine Spielweise hat schon etwas mit der von Henry gemeinsam", sagt Stuivenberg und verrät: "Einige seiner Teamkameraden vergleichen ihn auch schon mit Henry, weil er ihm nicht nur spielerisch ähnelt, sondern auch noch äußerlich nahe kommt."
Ziel: Stammspieler bei Feyenoord
Bevor er sich jedoch auch auf Vereinsebene auf die Spuren von Henry macht und beim FC Arsenal oder Barca anheuert, muss er sich in der holländischen Erendivisie beweisen. "Im Oktober hat er für drei Jahre bei Feyenoord unterschrieben. Ich gehe mal davon aus, dass er dort den Sprung in die erste Mannschaft schafft", sagt Stuivenberg.
Dann werden die Feyenoord-Anhänger im De Kuip bei Castaignos' Toren sicherlich genauso frenetisch jubeln, wie die rund 100 mitgereisten Anhänger der niederländischen U-17-Nationalmannschaft beim Spiel in der Arena Meuselwitz.
Die U-17-EM in Deutschland