Die Neuauflage des WM-Viertelfinals 2006 zwischen Argentinien und Deutschland(Sa., 15.45 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky)lässt sich bequem in Einzelteile zerlegen. Wo liegen die Schlüssel zum Sieg? Wie stoppt man Lionel Messi? Wo ist die Elf von Diego Maradona verwundbar? Auf den ersten Blick besteht die Albiceleste vor allem aus Innenverteidigern, Maradonas Lieblingen und einer Schwachstelle aus München.
Manuel Neuer vs. Sergio Romero
Romero hatte in diesem Turnier bisher nur wenig Gelegenheiten sich auszuzeichnen, dafür dominierte Argentinien seine Gegner zu sehr. Sah bei Mexikos Fernschüssen aber unsicher aus. Während Neuer noch etwas bubenhaft daherkommt und seine Haare wahrscheinlich schon in der Grundschule so trug, hat sich Romero, der "el Chiquito" (der Kleine) genannt wird, eine gepflegte Demichelis-Matte zugelegt, die ihn älter und aggressiver aussehen lässt.
P. Mertesacker / A. Friedrich vs. Carlos Tevez / G. Higuain
Maradona hat den Mann aus dem Buenos-Aires-Vorort Fuerte Apache ins Herz geschlossen und bezeichnete ihn schon vor dem Turnier als "Held des Volkes". Da er meistens über halblinks angreift, wird es Argentiniens Ziel sein, ihn in Eins-gegen-eins-Duelle mit Mertesacker zu verwickeln. Da hat Tevez deutliche Geschwindigkeitsvorteile.
Wurde bei seinem Klub Real Madrid schon als Chancentod verteufelt, dann als bester Stürmer der Welt gefeiert. Hat bei der WM schon beide Seiten gezeigt. Ihn komplett aus dem Spiel zu nehmen, ist auch für den zuletzt überragenden Friedrich kaum möglich, weil Higuain auch klassische Abstauber-Tore macht und da steht, wo ein Stürmer stehen muss. "La Pipita" (das Pfeifchen) hat gute Erfahrungen mit Deutschland, erzielte beim Test im März das 1:0-Siegtor in München.
P. Lahm / Thomas Müller vs. Gabriel Heinze / Angel Di Maria
Heinze ist im direkten Duell schwer zu bespielen, weil mit allen Wassern gewaschen. Der Sohn eines Deutschen und einer Italienerin langt gerne hin - auch mal gegen einen Kameramann, wenn's sein muss. Am Angriffsspiel ist der Außenverteidiger - ebenso wie sein Gegenüber Otamendi - so gut wie nie beteiligt. In Maradonas System sind Verteidiger auch zum Verteidigen da. Nur bei Standards tauchen sie vorne auf. Als Kopfballspieler ist Heinze - siehe Siegtor gegen Nigeria - brandgefährlich.
Deshalb überlegt Maradona, Jonas Gutierrez auf die linke Außenbahn zu stellen. Der fiel als Rechtsverteidiger bei diesem Turnier durch, war beim Testspiel in München als Mittelfeldspieler von Lahm aber überhaupt nicht zu stoppen. Während Lahm und Di Maria körperlich in derselben Liga spielen, wirkt "el Galgo" (der Windhund) wie ein Bodybuilder - mit Demichelis-Matte.
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J. Boateng / L. Podolski vs. Nicolas Otamendi / Maxi Rodriguez
Otamendis praktisch nicht existentes Offensivspiel erspart Podolski ungeliebte Wege nach hinten. Otamendi zeigte gegen Mexiko, dass er Probleme mit schnellen Gegenspielern hat und ließ sehr viele Flanken zu. Podolski sollte also oft das direkte Duell suchen.
Insgesamt eine nahezu deckungsgleiche Seite, weil sich beide Verteidiger auf Außen nicht wirklich wohl fühlen und beide schussgewaltigen Offensivspieler lieber selbst zum Abschluss kommen, als die Stürmer zu bedienen.
Das Duell könnte sich aufheben, außer es spielt Juan Sebastian Veron. Dann bekommt das gesamte Spiel der Argentinier eine ganze andere Statik. "La Brujita" (die kleine Hexe) ist Taktgeber im Mittelfeld, er bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit des argentinischen Spiels. Veron ist überall auf dem Platz zu finden, aber alles andere als ein Flügelspieler und würde so in den Zuständigkeitsbereich von Schweinsteiger fallen. Spielte in München eine überragende Partie an der Seite von Mascherano. Eine Umstellung auf ein flaches 4-4-2 schloss Maradona aber schon aus, weil sonst kein Platz mehr für Tevez wäre. Also bleibt wohl Veron nur ein Platz auf der Bank.
Bastian Schweinsteiger / Sami Khedira vs. Lionel Messi
Was bei der WM bisher klar wurde: Messi hat alle Freiheiten und wird von Maradona protegiert wie kein Zweiter. "La Pulga" (der Floh) kann sich in der Offensive frei bewegen und ist aus der Defensive ausgenommen. Seine Kraft gilt dem Offensivspiel. Hat er mit dem Ball am Fuß erstmal Tempo aufgenommen, ist es eigentlich schon zu spät. Khedira muss also ähnlich diszipliniert und tief spielen wie gegen England, sonst steht Schweinsteiger im großen Raum auf verlorenem Posten.
Ganz wichtig: Der Abstand zwischen der deutschen Abwehrkette und dem defensiven Mittelfeld muss klein gehalten werden - hier hat man gegen England Wayne Rooney oft zu viel Platz gelassen. Messi aber sucht den Platz zwischen den Linien wie kein Zweiter, um dort Tempo aufzunehmen und selbst abzuschließen oder auf die Stürmer abzulegen.
Mesut Özil vs. Javier Mascherano
Er ist so gut, dass Maradona schon lange vor der WM sagte, seine Nationalelf sei immer Mascherano plus zehn andere Spieler. Das Gute für Özil: Ähnlich wie bei England Gareth Barry organisiert Mascherano das defensive Mittelfeld der Argentinier alleine - nur um Längen besser. Özil sollte aber viel Platz bekommen, um nach links oder rechts auszuweichen, weil Mascherano das Zentrum schließen muss. Kann ihn Özil mal aus der Mitte locken, gibt es viel Raum für den nachrückenden Khedira oder den einrückenden Müller.
Miroslav Klose vs. Martin Demichelis / Nicolas Burdisso
Hat sich in München noch keinen Spitznamen erarbeiten können, der über die Verkürzung seines Nachnamens ("Micho") hinausgeht. Umso erstaunlicher, dass Maradona den wieder fitten Walter Samuel, genannt "el Muro" (die Mauer), nur auf die Bank setzt. Immerhin zeigte sich Demichelis an der Seite des Inter-Verteidigers konzentrierter und sicherer. Erst als dieser verletzt ausfiel, glänzte Demichelis als Bruder Leichtfuß. Burdisso dient ihm offensichtlich nicht als Stabilisator. Der Roma-Verteidiger ist nicht so flatterhaft wie Demichelis, aber auch nicht mehr als solide. Und das waren John Terry und Matthew Upson bis zum Achtelfinale auch...
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