Franz Beckenbauer hat eine Lanze für Joachim Löw gebrochen und Bastian Schweinsteiger den kaiserlichen Ritterschlag verpasst: Der Weltmeister-Teamchef von 1990 sprach sich am Montag in Johannesburg vehement für einen Verbleib von Löw als Bundestrainer aus.
"Es wäre wunderbar, wenn er weitermachen würde. Jeder will es, das ist sein Team", sagte der Ehrenpräsident von Bayern München bei einem 'Adidas'-PR-Termin in Sandton: "Er war mutig genug, junge Spieler zu integrieren."
Löw hatte aus der Not eine Jugend gemacht und tritt in Südafrika mit der jüngsten WM-Auswahl des DFB seit 1934 an. In Manuel Neuer, Dennis Aogo, Jerome Boateng, Sami Khedira, Marko Marin und Mesut Özil stehen sechs Spieler im Kader, die im Vorjahr die U-21-Europameisterschaft gewonnen hatten.
Schweinsteiger Favorit auf Goldenen Ball
Tief beeindruckt ist Beckenbauer von Bayern-Mittelfeldstar Schweinsteiger. Für den 64-Jährigen ist der "Sechser" von Bayern München erster Kandidat für den Goldenen Ball als überragender Akteur der WM-Endrunde in Südafrika.
"Für mich ist Bastian Schweinsteiger bis zu diesem Zeitpunkt der beste Spieler der WM", sagte der Weltmeister-Kapitän von 1974: "Wenn Deutschland das Finale erreicht, ist er ein Kandidat für den Goldenen Ball."
Schweinsteiger war zuletzt beim 4:0 gegen Argentinien zum "Man of the Match" gewählt worden. "Er hat einen unglaublichen Job gemacht. Für mich ist er ein neugeborener Superstar", sagte Beckenbauer. Schweinsteiger ist neben Shootingstar Thomas Müller der auffälligste deutsche Spieler im Verlauf der ersten WM-Endrunde in Afrika.
Parallelen zum Sommermärchen
Deutschlands Fußball-Lichtgestalt zog auch noch einmal einen Vergleich zum Sommermärchen 2006. Beckenbauer: "Vor vier Jahren hat das deutsche Volk sein Image in der Welt verändert. Diesmal ist dies der deutschen Mannschaft gelungen. Sie haben ihren Stil verändert, und ich weiß nicht genau, wie sie das getan haben. Die Mannschaft spielt noch eindrucksvoller als vor vier Jahren."
Er habe diesen Auftritt der deutschen Mannschaft "nicht erwartet", sagte Beckenbauer. Die Mannschaft "hat alle überrascht, auch 82 Millionen Deutsche", äußerte der 103-malige Nationalspieler: "Es ist 20 Jahre her, dass es so etwas zuletzt gegeben hat."
Beckenbauer sieht vor dem Halbfinale in Durban gegen den Europameister Spanien noch Luft nach oben. "Sie haben bis jetzt einen fantastischen Job gemacht, aber sie sind noch nicht am Ziel. Sie können Weltmeister werden. Spanien wird aber ein schwierigerer Gegner als England und Argentinien", sinnierte der "Kaiser": "Ich muss mich bei Uruguay und Spanien entschuldigen. Aber ein Finale zwischen der Niederlande und Deutschland wäre das Maximum."
Pendler zwischen Deutschland und Südafrika
Der Präsident des deutschen WM-Bewerbungskomitees 2006 hielt sich noch bis Sonntag in Deutschland auf, am Montag war er schon wieder in Südafrika. "Ich habe die Stimmung in Deutschland erlebt. Sie ist genauso wie vor vier Jahren. Jeder hat irgendetwas Deutsches in der Hand", berichtete er.
Gleichzeitig verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, dass die deutschen Glanzleistungen nicht zu einem Ausverkauf der deutschen Bundesliga-Stars führen.In Bezug auf den von einigen europäischen Top-Klubs umworbenene Bremer Mesut Özil meinte Beckenbauer: "Ich hoffe, dass Mesut Özil in der Bundesliga bleibt und Werder Bremen alles dafür tut. Das wäre ungemein wichtig für die Liga."