Bundestrainer Joachim Löw hat eine positive Bilanz des Länderspieljahres 2010 gezogen und blickt zuversichtlich in die Zukunft: "Wir haben uns spielerisch ständig gesteigert in den vergangenen zwei Jahren. Das ist für mich zunächst die große Befriedigung, weil ich weiß: Nur wenn solch eine Entwicklung stattfindet, kann man auch Titel gewinnen", sagte der 50-Jährige im Interview mit dem "Kicker". "Mein Bauchgefühl sagt mir, dass unser Team in der Lage ist, 2012 oder 2014 einen Titel zu holen."
Zudem kündigte der Bundestrainer an, seinen Jugendkurs auch in Zukunft fortzusetzen.
Besonders große Stücke hält er dabei auf den erst 18-jährigen Mario Götze von Bundesliga-Herbstmeister Borussia Dortmund: "Er ist sicher eines der größten Talente der vergangenen Jahre und hat die Perspektive einer ganz großen Zukunft. Als er vor gut einem Monat in Schweden erstmals eingeladen war, hat er mit einer Selbstverständlichkeit bei uns trainiert, wie ich es noch nie erlebt habe."
Gute Perspektiven bescheinigt Löw auch Götzes Teamkollegen Mats Hummels sowie den Mainzer Shooting-Stars Lewis Holtby und Andre Schürrle.
Lob für Schweinsteiger-Entscheidung
Laut Löw habe Bastian Schweinsteiger den größten Entwicklungssprung im vergangenen Jahr gemacht. Ausdrücklich begrüßte der Bundestrainer Schweinsteigers Entscheidung, seinen Vertrag beim FC Bayern München langfristig verlängert und keinen Wechsel ins Ausland angestrebt zu haben.
"Bei Khedira und Özil habe ich diesen Schritt begrüßt, weil Stuttgart und Bremen nicht den Anspruch haben können, jedes Jahr Champions League zu spielen und weit zu kommen."
Der FC Bayern aber sei einer der besten Klubs der Welt, "da ist es doch zu begrüßen, wenn Spieler wie Lahm oder Schweinsteiger sagen: Das ist mein Klub, aus dessen Jugend komme ich, dieser Verein bedeutet mir alles."
Löw hob namentlich auch Torhüter Manuel Neuer, WM-Torschützenkönig Thomas Müller sowie Sami Khedira und Mesut Özil hervor, allesamt Spieler, die ohne große internationale Erfahrung in die Weltmeisterschaft in Südafrika gegangen seien, aber voll überzeugt hätten.
Dortmund: "Das Maß der Dinge"
Beim Blick auf die zweite Jahreshälfte und die gerade zu Ende gegangene Hinrunde der Bundesliga imponiert Löw vor allem das Abschneiden von Herbstmeister Borussia Dortmund, der trotz der Niederlage in Frankfurt zum Abschluss "derzeit das Maß der Dinge" sei.
"Das schnelle Spiel nach vorn, das blitzartige Umschalten beherrschte der BVB schon in der vergangenen Saison am besten. Jetzt gewinnt man auch meistens die Spiele."Im Kampf um die deutsche Meisterschaft sieht er lediglich Bayer Leverkusen als ernstzunehmenden Verfolger der Dortmunder an. Dem Überraschungszweiten Mainz 05 traut er keine Einmischung im Titelkampf zu, genauso wenig wie Titelverteidiger Bayern München, von dessen eher mäßigem Hinrundenabschneiden Löw keineswegs überrascht ist.
"Für die Bayern ist es erwartungsgemäß keine einfache Saison. Über zehn Spieler waren bis zum Schluss bei der WM dabei, einige, wie Robben, Klose oder Ribery, waren danach lange verletzt. Und dass andere Spieler wie Müller nach dieser WM-Intensität und nach nur dreiwöchiger Vorbereitung das höchste Leistungsvermögen nicht immer abrufen können, ist völlig normal."
Löw traut Ballack erfolgreiches Comeback zu
Ein schwieriges Jahr mit langen Verletzungspausen hat auch Löws ehemaliger Kapitän Michael Ballack hinter sich. Löw: "Aus Gesprächen mit ihm weiß ich, dass er vehement um sein Comeback kämpft und das Ziel hat, weiterhin Nationalspieler zu sein. Grundsätzlich traue ich ihm zu, dass er 2011 wieder Akzente setzen wird - und wenn ihm das gelingt, freuen wir uns alle."
Löw räumte aber ein, dass die Zeit für Ballack wohl zu knapp sei, um beim Testspiel gegen Italien am 9. Februar schon wieder zum DFB-Kader zu gehören.